Shannara II
schüttelte den Kopf.
»Nicht einmal die Wälder und der Nebel können sie alle verbergen. Die, die wir hier vor uns sehen, sind im Vergleich dazu nur eine Handvoll.«
Andor nickte. So viele, ging es ihm bedrückend durch den Kopf. Er versagte es sich, den Druiden anzusehen.
»Haben sie die Absicht, uns über die Flügel anzugreifen, Dayn?«
Der Himmelsreiter schüttelte wieder den Kopf.
»Sie marschieren direkt gegen den Carolan - alle.« Er warf einen Blick hinunter auf die angreifenden Dämonen, die sich in den Wassern des Singenden Flusses wälzten. Dann machte er kehrt und schickte sich an, wieder den Wall hinaufzusteigen. »Ich lasse Dancer noch ein paar Minuten rasten, dann fliege ich zurück und sehe mir alles noch einmal an. Viel Glück, Herr!«
Andor hörte ihn kaum.
»Wir müssen sie hier halten«, murmelte er beinahe zu sich selbst.
Unten tobte schon die Schlacht. Am Ufer des Flusses standen in dichten Reihen die Bogenschützen des Elfenheeres, und ihre Langbogen summten und vibrierten, während ein Hagelschauer von Pfeilen nach dem anderen auf die Masse wogender Leiber in den Wassern des Singenden Flusses niederging. Von jenen Ungeheuern, die mit Schuppen und Lederhäuten gepanzert waren, prallten die Pfeile ab, ohne Schaden anzurichten; viele aber fanden auch ihr Ziel, und die Schreie der Getroffenen übertönten schrill das Geheul der Angreifer. Dunkle Körper bäumten sich auf und versanken in den brodelnden Wassern, um von den nachfolgenden Wellen wütender Angreifer auf den Grund des Flusses gestampft zu werden. Pfeile mit Feuerspitzen schlugen in Boote, Flöße und Holzblöcke ein. Doch die meisten wurden rasch gelöscht, und die Wasserfahrzeuge brandeten weiter voran. Immer wieder schossen die Bogenschützen in die voranstürmenden Horden hinein, die aus den Wäldern in den Fluß strömten, doch die Dämonen ließen nicht locker. Das ganze westliche Ufer und der Fluß waren schwarz von den Ungeheuern.
Da stieg auf der Höhe des Carolan ein vielstimmiger Schrei auf, und Freudenrufe schallten durch den Morgen. Im Zwielicht des frühen Morgens wandten die Elfen die Köpfe in die Richtung, um zu sehen, was es gab. Ungläubigkeit und Freude spiegelten sich auf ihren Gesichtern, als ein hochgewachsener, grauhaariger Reiter auftauchte. Von Mund zu Mund pflanzten sich die Freudenrufe fort bis hinunter zu den vordersten Linien am Singenden Fluß.
»Eventine! Eventine!«
Die Elfen waren wie verwandelt, von neuer Hoffnung, neuem Glauben, neuem Leben erfüllt. Denn hier war der König, der beinahe sechzig Jahre über sie geherrscht hatte - für viele ihr ganzes Leben lang. Hier war der König, der gegen den Dämonen-Lord in den Kampf gezogen war und schließlich über ihn triumphiert hatte. Hier war der König, der sein Volk sicher durch jede Krise geführt hatte. Am Halys-Joch verwundet, schon verloren geglaubt, war er zu ihnen zurückgekehrt. Da konnte das Böse, ganz gleich, wie ungeheuerlich es war, nicht siegen.
Eventine!
Und doch stimmte da etwas nicht. Andor erkannte es, sobald sein Vater vom Pferd stieg und zu ihm trat. Dies war nicht, wie das Volk glaubte, der alte Eventine. Er sah in den Augen des Königs eine Distanz, die den Herrscher der Elfen von allem trennte, was rund um ihn geschah. Es war, als habe er sich in sich selbst zurückgezogen, nicht aus Furcht oder Unsicherheit, denn diese konnte er meistern, sondern aus einer tiefen Traurigkeit heraus, die seinen Lebensmut gebrochen zu haben schien. Gewiß, er sah stark aus, die Maske seines Gesichts zeigte Entschlossenheit und eisernen Willen, und er begrüßte jene um ihn herum mit den alten, vertrauten Worten der Ermutigung. Doch die Augen verrieten den Schmerz, die Trostlosigkeit, die sich in seinem Herzen breitgemacht hatten. Sein Sohn las es in ihnen und bemerkte, daß auch Allanon es las. Es war nur die leibliche Hülle des Königs, die an diesem Morgen heranritt, um seinem Volk nahe zu sein. Vielleicht hatten der Tod Arions und Kael Pindanons diese Zerstörung angerichtet; vielleicht die Verwundung, die er am Halys-Joch erlitten hatte, die Niederlage seines Heeres dort, oder die schreckliche Verheerung seines Landes; wahrscheinlich war die Ursache all dies zusammen und noch etwas - der Gedanke an die Niederlage, das Wissen, daß, sollten die Elfen diese Schlacht verlieren, ein Unheil über die Vier Länder hereinbrechen würde, das niemand aufhalten konnte, das über alle Rassen herfallen und sie verschlingen würde. Die
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