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Shannara II

Titel: Shannara II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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nicht hart genug. Wäre ich in Arborlon geblieben, dann hätte der Ellcrys vielleicht früher von seinem nahenden Tod gesprochen. Ich war es, mit der er schon zuvor gesprochen hatte - mit keinem der anderen. Die anderen wußten nicht einmal, was sich abgespielt hatte. Zu mir hätte der Ellcrys vielleicht gesprochen, so rechtzeitig vielleicht, daß das Blutfeuer hätte gefunden und das Samenkorn gepflanzt werden können, ehe die Mauer der Verfemung ins Wanken geriet und die Dämonen sich befreien konnten. Begreifst du, Wil? Wenn das zutrifft, dann habe ich alle die Elfen, die jetzt tot sind, auf dem Gewissen.«
    »Es ist genauso möglich«, entgegnete Wil, »daß die Warnung des Ellcrys auch dann nicht einen Tag früher gekommen wäre, wenn du Arborlon nicht verlassen hättest, sondern geblieben wärst. Dann wärst du jetzt tot wie die anderen und den noch lebenden Elfen keine Hilfe.«
    »Und damit soll ich meine Handlungen rechtfertigen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, aber du sollst jetzt nicht zurückblicken und Mutmaßungen darüber anstellen, was hätte sein können. Vielleicht war alles so gewollt, wie es sich entwickelt hat. Das kannst du doch gar nicht wissen.« Seine Stimme wurde härter. »Jetzt hör du mir mal einen Moment zu. Nimm an, der Ellcrys hätte sich einen anderen deiner Miterwählten zu diesen täglichen Gesprächen auserkoren. Hätte dieser Erwählte anders als du auf das Erlebnis reagiert? Wäre ein anderer den Gefühlen gegenüber immun gewesen, die dich bedrängten? Das glaube ich nicht, Amberle. Ich kenne dich. Ich kenne dich vielleicht besser als jeder andere, nach dem, was wir alles gemeinsam durchgemacht haben. Du besitzt Charakterstärke, du hast den Mut deiner Überzeugung und du besitzt Entschlossenheit, auch wenn du es anders behauptest.«
    Er schob seine Hand unter ihr Kinn.
    »Ich kenne niemanden - niemanden, Amberle -, der diese lange Reise und all die Gefahren und Unbilden besser gemeistert hätte als du. Ich denke, es ist Zeit, daß ich dir einmal sage, was du mir so gerne sagst. Glaub an dich selbst. Hör auf zu zweifeln. Hör auf Mutmaßungen anzustellen. Glaube einfach. Habe ein bißchen Vertrauen in dich selbst, Amberle, du verdienst dieses Vertrauen.«
    Sie weinte jetzt ganz offen.
    »Ich habe dich so gern.«
    »Und ich dich.« Er küßte ihre Stirn. »Sehr, sehr.«
    Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter, und er umschlang sie. Als sie zu ihm aufblickte, waren die Tränen versiegt.
    »Jetzt mußt du mir etwas versprechen«, bat sie ihn.
    »Ja, gut.«
    »Versprich mir, dafür zu sorgen, daß ich bis zum Ende durchhalte - daß ich nicht wanke, daß ich nicht vom eingeschlagenen Weg abweiche, daß ich nicht davor zurückschrecke, das zu tun, was mich hierhergeführt hat. Sei meine Kraft und mein Gewissen. Versprich mir das.«
    Er lächelte sanft. »Ich verspreche es dir.«
    »Ich habe immer noch Angst«, gestand sie leise.
    An der Zellentür sprang Eretria auf.
    »Heiler!«
    Wil sprang auf, und Amberle folgte ihm. Zusammen liefen sie zu Eretria hinüber. Ihre schwarzen Augen funkelten. Wortlos zog sie das Metallrohr aus dem Schlüsselloch und steckte es wieder in ihren Stiefel. Augenzwinkernd umfaßte sie dann die Eisenstangen der Zellentür und zog. Lautlos öffnete sie die Tür.
    Wil Ohmsford lächelte triumphierend. Jetzt mußten sie nur noch Wisp finden.

Kapitel 45
    Sie fanden ihn beinahe augenblicklich. Gerade waren sie von der Zelle zum Fuß der Treppe gelaufen und spähten blinzelnd aufwärts in die Finsternis des Korridors, als sie Schritte nahen hörten. Rasch bedeutete Wil Eretria, an die Wand zurückzuweichen, während er Amberle mit sich auf die andere Seite zog. An den kalten Stein gepreßt warteten sie, während die Schritte näherkamen, leichte, vertraute Dribbelschritte, die Wil sogleich erkannte.
    Wenig später tauchte Wisps Altmännergesicht aus der Dunkelheit des Korridors.
    »Hübsches Ding, hallo, hallo. Willst du mit Wisp schwatzen?«
    Mit festem Griff packte Wil ihn am Schlafittchen. Wisp schrie auf vor Schreck und strampelte wie ein Wahnsinniger, um sich zu befreien, als Wil ihn vom Boden hochhob.
    »Sei ganz still!« flüsterte Wil warnend und drehte den kleinen Burschen herum, so daß dieser sehen konnte, wer ihn gepackt hielt.
    Wisp riß die Augen auf.
    »Nein, nein, ihr könnt nicht fort.«
    »Sei still!« Wil schüttelte ihn, bis er keinen Laut mehr von sich gab. »Noch ein Wort und ich dreh’ dir den Kragen um, Wisp.«
    Wisp nickte voll

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