Shannara II
blitzenden Messinggriffen. Und überall lag der Staub wie ein dicker, weicher Teppich, und lange, zarte Girlanden aus Spinnweben fielen von der Decke zum Marmorboden hinunter.
Langsamen Schrittes ging Allanon durch den Korridor, und das Licht seiner Fackel brannte Löcher in den Dunst modriger Luft, die schwer und lastend überall in den Sälen und Gemächern hing. Alles war erfüllt von einem tiefen, durchdringenden Schweigen. Das Echo seiner Schritte klang gespenstisch durch die Hallen, und kleine Staubwölkchen quollen bei jedem Schritt hinter ihm in die Höhe. Vorüber ging es an Türen, die alle geschlossen waren und deren Metallbeschläge wie Feuer aufblitzten, wenn das Licht der Fackel sie traf.
Der Gang kreuzte sich mit einem anderen, und hier wandte sich Allanon nach rechts. Beinahe bis zum Ende des Korridors ging er, bis er schließlich vor einer ziemlich kleinen Tür aus weißem Eichenholz und Eisen den Schritt verhielt. Ein schweres Schloß sicherte diese Tür. Der Druide wühlte in dem Beutel an seinem Gürtel und zog einen großen eisernen Schlüssel heraus. Er schob ihn in das Schloß und drehte ihn zweimal um. Das rostige Metall knirschte protestierend, doch der Riegel sprang zurück. Die eiserne Klinke gab nach. Allanon trat über die Schwelle und schloß die Tür hinter sich.
Der Raum, in dem er sich nun befand, war klein und fensterlos. Früher einmal hatte er als Studierzimmer gedient. Regale mit verstaubten, in Leinen gebundenen Büchern standen an allen vier Wänden. Die Farben der Einbände waren längst verblaßt, die Seiten staubtrocken und vergilbt. Der Tür gegenüber standen zwei kleine Lesetische an der Wand und Stühle davor, die aus Rohr geflochten waren. So steif und unnahbar standen sie da wie zwei strenge Wachposten. Näher an der Tür warteten zwei einladender wirkende Ledersessel. Ein alter handgewebter Teppich bedeckte die Holzdielen, die mit Eisennägeln verankert waren.
Der Druide ließ den Blick nur flüchtig durch den kleinen Raum wandern, um dann an die Mauer zu seiner Linken zu treten. Hinter den Büchern am Ende des dritten Bords fanden seine Finger zwei große Eisenknöpfe. Als er diese berührte, schwenkte ein Teil des Bücherregals lautlos nach außen. Er schob es noch ein wenig weiter auf, um sich durch die Lücke hindurchzwängen zu können, dann zog er die Verkleidung wieder hinter sich zu.
Er stand in einem Gewölbe, das aus massigen Granitblöcken errichtet war. Ritzen und Spalten zwischen den ineinandergreifenden Quadern waren mit Mörtel verstrichen. Abgesehen von einem langen Holztisch und einem halben Dutzend hochlehniger Stühle war die Steinkammer leer und fensterlos. Und die einzige Tür war die, durch die Allanon soeben eingetreten war. Die Luft in dem Gemach stand muffig.
Mit der Flamme in seiner Hand entzündete Allanon die Fackeln, die zu beiden Seiten der Tür in Wandhaltern steckten sowie dicke Kerzen, die auf dem Tisch standen. Als das getan war, trat er an die Mauer rechts von der Tür und ließ seine Hände leicht über den glatten Stein gleiten. Nach einer Weile drückte er Finger und Daumenspitzen fest gegen den Granit, wölbte beide Hände nach außen und senkte den Kopf in tiefer Konzentration. Zunächst geschah nichts, dann aber breitete sich plötzlich von seinen Fingern ein tiefblaues Glühen aus und durchzog den Stein in blau schimmernden Adern. Einen Augenblick später stand die Wand in lautlosen blauen Flammen, und dann lösten sich Mauer und Feuer plötzlich in Luft auf.
Allanon trat zurück. Dort, wo die Granitmauer errichtet gewesen war, standen jetzt endlose Reihen dicker Bücher, auf deren Ledereinbänden kunstvoll geschwungene goldene Buchstaben schimmerten. Dieser Bücher willen war der Druide nach Paranor gekommen, denn sie bargen die geschichtlichen Aufzeichnungen der Druiden, die Gesamtheit des Wissens der alten und der neuen Welt, das man aus der Katastrophe der Großen Kriege gerettet und seit der Einberufung des ersten Druidenrats gewissenhaft zu Papier gebracht hatte.
Allanon hob den Arm und zog vorsichtig einen der schweren Bände heraus. Er war noch in gutem Zustand; das Leder war weich und biegsam, die Ränder der Seiten scharf, der Einband unversehrt. Die Zeit hatte diesen Büchern nichts anhaben können. Fünf Jahrhunderte zuvor, nach Brimens Tod, nachdem ihm klar geworden war, daß er der letzte der Druiden war, hatte er diese Kammer gebaut, um die Bücher zu schützen und den Generationen von Männern und Frauen
Weitere Kostenlose Bücher