Shannara II
möchte dich nicht verlieren.«
»Ich weiß«, flüsterte Wil. »Ich weiß.«
Flick richtete sich wieder auf. »Dann geh nicht. Soll Allanon sich einen anderen suchen.«
Der Druide schüttelte den Kopf.
»Das kann ich nicht, Flick. Einen anderen gibt es nicht. Nur Wil ist dazu befähigt.« Seine Augen suchten die des jungen Talbewohners. »Du mußt mich begleiten.«
»Laßt mich statt dessen gehen«, rief Flick, Verzweiflung in der Stimme. »Wil kann mir die Elfensteine geben, und ich kann das Elfenmädchen beschützen. Allanon, schon früher sind wir miteinander auf Abenteuer gegangen…«
Doch der Druide schüttelte wiederum ablehnend das Haupt.
»Flick, du kannst mich nicht begleiten«, sagte er freundlich und behutsam. »Dein Herz ist größer als deine Kraft, Talbewohner. Die Reise, die bevorsteht, ist lang und beschwerlich. Nur ein junger Mann kann die Strapazen ertragen.« Er schwieg eine Weile. »Unsere Zeit der gemeinsamen Reisen ist ein für allemal vorüber, Flick.«
Lange lastete tiefes Schweigen über der Runde. Dann wandte sich der Druide wieder Wil Ohmsford zu. Der junge Mann sah seinen Onkel an. Einen Moment lang blickten die beiden einander wortlos in die Augen. Unsicherheit flackerte in den grauen Augen Flicks, Wils Blick aber war jetzt ruhig und fest. Flick sah, daß er seine Entscheidung getroffen hatte. Beinahe unmerklich nickte er.
»Du mußt das tun, was du für richtig hältst«, murmelte er widerstrebend.
Wil richtete seinen Blick auf Allanon.
»Ich werde Euch begleiten.«
Kapitel 9
Am folgenden Morgen suchte Allanon in aller Frühe Wil Ohmsford auf und erklärte ihm, daß sie Storlock unverzüglich verlassen müßten. Düster und mit grimmig entschlossener Miene erschien der Druide in der Tür des Häuschens, in dem Wil lebte. Flüchtig erwog Wil, einem so überstürzten Aufbruch zu widersprechen, doch ein Unterton in der Stimme, ein Zug im Gesicht Allanons machten ihm klar, daß es besser wäre, es zu unterlassen. Am vergangenen Abend, als sie auseinandergegangen waren, hatte das Ansinnen des Druiden nichts Drängendes gehabt; jetzt war das anders. Was immer auch Allanon veranlaßt hatte, diese rasche Entscheidung zu treffen, es mußte ein zwingender Grund vorliegen. Wortlos packte der Talbewohner seine wenigen Habseligkeiten und verriegelte die Tür des Häuschens, dann folgte er dem Druiden.
Es regnete wieder. Aus Nordwesten wälzte sich ein neues Gewitter heran, und der Morgenhimmel war schwer und bleiern. Fest in seinen schwarzen Umhang gehüllt, den durch die Kapuze geschützten Kopf leicht gesenkt und gegen den stetig schärfer werdenden Wind, führte Allanon den jungen Talbewohner die schlammige Straße hinauf. Eine Handvoll weißgekleideter Stors erwartete sie auf der Treppe vor dem Krankenhaus, um Wil einen kleinen Nothilfekasten und Proviant für die Reise mitzugeben. Artaq war schon gesattelt und warf ungeduldig den Kopf hin und her. Ohne Verzögerung stieg Allanon auf. Die vorsichtige Behutsamkeit, mit der er sich dabei bewegte, ließ darauf schließen, daß seine Wunden noch nicht ganz ausgeheilt waren und Schmerzen bereiteten.
Wil bekam einen drahtigen grauen Wallach mit Namen Spitter und hatte gerade einen Fuß in den Steigbügel gestellt, als Flick keuchend angelaufen kam. Sein Kopf war hochrot, sein bärtiges Gesicht naß von Schweiß. Hastig zog er den jungen Mann auf die überdachte Veranda des Krankenhauses hinauf.
»Ich hab's eben erst erfahren«, erklärte er schwer atmend, während er sich den Regen aus den Augen wischte. »Es wundert mich, daß man es überhaupt für nötig gehalten hat, mir Bescheid zu sagen.« Er warf einen zornigen Blick zu Allanon hinüber. »Ist es wirklich erforderlich, daß ihr so schnell aufbrecht?«
Wil nickte langsam. »Ich vermute, irgend etwas hat es notwendig gemacht.«
Enttäuschung und Sorge spiegelten sich in Flicks Augen.
»Es ist noch nicht zu spät, dir deinen Entschluß in dieser Sache noch einmal zu überlegen«, flüsterte er rauh und hätte noch mehr gesagt, wenn Wil nicht mit einem Kopfschütteln abgewehrt hätte. »Also gut. Ich werde deinem Großvater berichten, was geschehen ist. Ich bin überzeugt, es wird ihm ebensowenig gefallen wie mir. Sei vorsichtig, Wil. Und denk an meine Worte - uns allen sind Grenzen gesetzt.«
Wil nickte. Barsch, als hätten sie Angst zu zeigen, was sie fühlten, nahmen sie Abschied voneinander. Ihre Gesichter waren starr, ihre Blicke verlegen, als sie einander hastig umarmten.
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