Shannara IV
zwischen den Büschen hervor und zog ihn mit sich. Sie säuberten ihre Kleider, sogen die kühle Nachtluft tief in sich ein. Der Park war verlassen.
Sie trat dicht neben ihn. »Ich bin in Tyrsis als Kind eines Waffenschmieds und seiner Frau geboren. Ich hatte einen Bruder und eine Schwester, die beide älter waren als ich. Als ich acht war, kam der Föderation zu Ohren, daß mein Vater die Bewegung mit Waffen versorgte. Irgend jemand - ein Freund, ein Bekannter, ich weiß nicht genau, wer - hat ihn verraten. Eines Nachts kamen Sucher zu unserem Haus und brannten es bis auf die Grundmauern nieder. Meine Familie verbrannte darin. Ich bin nur deshalb verschont geblieben, weil ich meine Tante besucht habe. Nach einem Jahr starb auch sie, und ich war gezwungen, auf der Straße zu leben. Auf der Straße bin ich aufgewachsen. Eine Familie hatte ich nicht mehr. Auch keine Freunde. Ein Straßenzauberer nahm mich als seine Schülerin auf und hat mir das Handwerk beigebracht. Jetzt kennst du mein Leben.« Sie hielt inne. »Du hast ein Recht darauf zu wissen, warum ich nie jemand an die Föderation verraten würde.« Sie streckte ihre Hand aus und streichelte einen Augenblick seine Wange. Dann glitt ihre Hand auf seinen Arm hinunter und blieb dort liegen. »Par, wenn wir etwas unternehmen, müssen wir es heute nacht tun, oder es wird zu spät sein. Die Föderation weiß, mit wem sie es zu tun hat. Sie werden Felsen-Dall und seine Sucher kommen lassen, um Padishar zu verhören. Sobald Felsen-Dall auftaucht, ist eine Befreiungsaktion sinnlos.« Sie schwieg, um sicherzustellen, daß er die Bedeutung ihrer Worte begriffen hatte. »Wir müssen ihnen jetzt helfen.«
Der Gedanke an Coll, Morgan und Padishar Creel in den Händen von Felsen-Dall ließ ihm das Blut in den Adern gefrieren. Was würde der oberste Sucher mit dem Anführer der Geächteten anstellen?
»Heute nacht«, fuhr Damson Rhee in einem Ton fort, der zugleich weich und bestimmt war, »heute nacht erwarten sie uns bestimmt nicht. Sie werden Padishar und die anderen in den Zellen im Wachhaus eingeschlossen haben. Sie haben sie sicher noch nicht fortgeschafft. Bei Tagesanbruch werden sie müde und schläfrig sein. Eine bessere Chance wird sich uns nicht bieten.«
Ungläubig starrte er sie an. »Uns beiden?«
»Wenn du dich mir anschließen willst.«
»Aber was können wir denn ausrichten?«
Im Mondlicht schimmerte ihr rotes Haar geheimnisvoll. »Erzähl mir von deiner Magie. Was kannst du damit machen, Par Ohmsford?«
Jetzt gab es keinen Grund mehr zu zögern. »Mich unsichtbar machen«, sagte er. »Mich in etwas verwandeln, das ich gar nicht bin. Andere glauben machen, daß sie Dinge sehen, die gar nicht existieren. Im Grunde genommen alles, was ich will, vorausgesetzt, es dauert nicht lange. Es handelt sich ganz einfach um Sinnestäuschungen, verstehst du?«
Sie wandte sich von ihm ab, schritt auf die nahen Bäume zu und blieb stehen. Par wartete, spürte, wie ein kühler Windhauch seine Haut streifte, lauschte auf die Stille, die über der Stadt lagerte. Er fühlte eine Angst in sich, die er nicht unterdrücken konnte - Angst bei dem Gedanken, seine Freunde befreien zu müssen, Angst bei dem Gedanken, dabei zu versagen. Aber den Versuch überhaupt nicht zu wagen war unvorstellbar.
Was konnten sie tun - dieses junge Mädchen und er?
Als hätte sie seine Gedanken gelesen, kam sie zu ihm zurück; aus ihren Augen sprach Entschlossenheit, als sie seinen Arm berührte und flüsterte: »Ich glaube, ich weiß eine Möglichkeit, Par.«
Unwillkürlich mußte er lächeln. »Laß hören«, sagte er.
Kapitel 20
Nachdem Walker Boh die kleine Truppe am Hadeshorn verlassen hatte, kehrte er zum Kamin zurück. Er ritt auf seinem Pferd nach Osten, überquerte den Rabb, ritt an Storlock und seinen Heilern vorbei, überquerte das Wolfsktaag-Gebirge und den Jadepaß und folgte dem Mangoldfluß aufwärts bis zum Dunkelstreif. Drei Tage später war er wieder zu Hause. Während seiner Reise sprach er mit niemand, hielt sich von allen und allem fern und legte nur dann eine Pause ein, wenn er essen und schlafen mußte. Er hätte, das wußte er, keinen guten Reisebegleiter abgegeben. Er war besessen von dem Gedanken an seine Begegnung mit dem Geist Allanons.
Während der ersten vierundzwanzig Stunden nach seiner Rückkehr wurde der Anar von einem besonders schweren Sturm heimgesucht, und Walker Boh schloß sich trotzig in seinem Haus ein, während die Winde um dessen Bretterwände
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