Shannara IV
sich nichts anmerken.
Die Föderationssoldaten und ihre Gefangenen setzten ihren Weg zum Wachhaus fort. Als sie verschwunden waren, bewegte sich Par lautlos in die Nacht hinein.
Es gelang ihm fast sofort, sich der Fesseln an seinen Händen zu entledigen. Ungefähr hundert Meter von der Stelle, an der er entkommen war, fand er an der Mauer eine scharfe Kante, an der er sich hochreckte und die Fesseln in wenigen Minuten durchrieb. Bis jetzt hatte keiner der Soldaten Alarm gegeben; offensichtlich wurde er nicht vermißt. Vielleicht hatten sie sich nicht die Mühe gemacht, ihre Gefangenen zu zählen, dachte er. Schließlich war es dunkel gewesen, und die Gefangennahme war eine Sache von Sekunden gewesen.
Vorsichtig schlich er durch den Park zur Hauptstraße, wobei er alle paar Sekunden stehenblieb, um nach Geräuschen möglicher Verfolger zu lauschen. Der Schweiß, der seinen Körper bedeckte, ließ sein Hemd an seinem Rücken kleben. Seine gelungene Flucht ließ ihn jubeln, doch die Erkenntnis, daß er nicht wußte, wie er sie nutzen sollte, ließ ihn verzweifeln. Er konnte weder in Tyrsis noch außerhalb von Tyrsis auf Hilfe hoffen. Er wußte nicht, wen er in der Stadt hätte aufsuchen können; es gab niemanden, dem er in seiner Lage hätte vertrauen können. Und er hatte nicht die leiseste Ahnung, wie er zum Parmakeil zurückfinden sollte.
Die Lichter der Hauptstraße schienen bereits durch die Bäume. Par stolperte bis zum Rand des Parks, um sich dann in schierer Verzweiflung gegen den Stamm eines alten Ahornbaums zu lehnen. Er mußte etwas unternehmen; er konnte nicht einfach ziellos umherwandern.
Er mußte Coll und Morgan finden. Er mußte einen Weg finden, um sie zu befreien. Gebrauche das Wunschlied, dachte er. Aber wie?
Eine Föderationspatrouille kam die Straße daher, er hörte das Trampeln ihrer Stiefel in der Stille. Er wich in den Schatten zurück und wartete, bis sie außer Sicht waren. Dann ging er zu einem Brunnen, der an der Straße stand. Er benetzte Hände und Gesicht eilig mit Wasser.
Er hielt inne und ließ den Kopf auf die Brust sinken. Er war plötzlich furchtbar müde.
Der Arm, der ihn mit einem Ruck umdrehte, war stark. Er blickte ins Gesicht von Damson Rhee.
»Was ist geschehen?« fragte sie.
Völlig außer sich griff Par nach seinem langen Messer. Aber er besaß keine Waffen mehr, die Föderationssoldaten hatten sie ihm abgenommen. Um sich ihrem Griff zu entwinden, versuchte er das Mädchen zu schlagen, aber sie wich seinem Hieb durch einen Schritt zur Seite aus und stieß ihm ihre Faust in den Magen, worauf er zusammensackte.
»Was machst du denn, du Idiot?« flüsterte sie wütend.
Ohne eine Antwort abzuwarten, zerrte sie ihn in den schützenden Schatten des Parks und warf ihn zu Boden. »Wenn du dergleichen noch einmal versuchst, breche ich dir beide Arme!« herrschte sie ihn an.
Par setzte sich mühsam auf und hielt weiterhin Ausschau nach einer Fluchtmöglichkeit.
Aber Damson Rhee drückte ihn auf die Erde zurück und kauerte sich neben ihn. »Wo sind die anderen?«
Par schluckte seinen Zorn hinunter. »Die Föderation hat sie! Sie haben auf uns gewartet, Damson! Als ob du das nicht wüßtest!«
Der Zorn in ihren Augen wich einem Ausdruck der Überraschung. »Was meinst du mit: 'Als ob ich das nicht wüßte'?«
»Sie haben auf uns gewartet. Wir sind nicht einmal über die Mauer gekommen. Wir sind verraten worden! Das hat uns der Föderationskommandant mitgeteilt. Er hat gesagt, daß es einer von uns war - ein Geächteter, Damson!« Par zitterte.
Damson Rhees Blick blieb auf ihn gerichtet. »Und du hast entschieden, daß ich es war, nicht wahr, Par Ohmsford?«
Par stützte sich auf die Ellbogen. »Wer käme denn sonst in Frage? Du warst die einzige, die über unser Vorhaben Bescheid wußte - und die einzige, die nicht gefangengenommen wurde. Kein anderer wußte Bescheid. Wenn du es nicht warst, wer hätte es sonst sein können?«
Sie starrten einander an. Der Klang von Stimmen drang immer deutlicher an ihre Ohren. Irgend jemand näherte sich ihnen.
Damson Rhee flüsterte: »Ich weiß es nicht. Aber ich war es nicht! Bleib jetzt ruhig liegen, bis sie an uns vorbei sind.« Sie zog ihn in das nahe Gestrüpp, um sich daraufhin selbst neben ihn zu legen.
Par spürte die Wärme und roch den süßen Duft ihres Körpers. Er schloß die Augen und wartete.
Zwei Föderationssoldaten traten aus dem Park, blieben einen Augenblick stehen, drehten sich dann um und waren
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