Shannara IV
Cogline wirklich in den Besitz des Buches gekommen war - ganz sicherlich hatte er es nicht aus Paranor -, und dann war der Gedanke schnell wieder verschwunden, denn die geschriebene Geschichte fing ihn ein und riß ihn mit, als wäre er ein Blatt im Wind.
Die Zeit, die aufgezeichnet war, war die Zeit Bremens, als er sich unter den letzten Druiden aufgehalten hatte, als der Dämonenlord und seine Horden fast alle Mitglieder des Rates vernichtet hatten. Er las Geschichten über die schwarze Magie, die die rebellischen Druiden in Schreckensgestalten verwandelt hatte. Das Buch enthielt Aufzeichnungen über die verschiedenen Zauber- und Beschwörungsformeln, die Bremen entdeckt hatte. Alle furchtbaren Geheimnisse der Magie und ihrer Macht wurden beschrieben, genauso jedoch die Vorsichtsmaßnahmen im Umgang damit, die so mancher, der der Magie Herr werden wollte, außer Acht gelassen hatte. Es handelte sich um die Zeit des Umbruchs und der schrecklichen Veränderungen in den Vier Ländern, und Bremen allein war sich darüber im klaren gewesen, was auf dem Spiel stand.
Walker Boh blätterte weiter. Cogline hatte ihm das Buch in der Absicht gegeben, daß er etwas ganz Bestimmtes lese. Was immer das war, er war noch nicht darauf gestoßen. Er hatte seinen Vorsatz vergessen, sich nicht in Coglines Falle zu begeben. Doch seine Neugier und sein Verstand besiegten seine Vorsicht. Das Buch enthielt Geheimnisse, die seit Hunderten von Jahren kein Mensch mehr zu Gesicht bekommen hatte, ein Wissen, das nur den Druiden zur Verfügung stand und das sie nur dann, wenn sie es für notwendig hielten, mit den Rassen teilten. Welche Macht! Wie lange schon war all das vor den Augen der Sterblichen verborgen gewesen? Nur Allanon hatte das Recht gehabt und davor Bremen und vor ihm Galaphile und die ersten Druiden. Und vor ihnen?
Er hielt inne, weil er bemerkte, daß der Stil des Geschriebenen sich verändert hatte. Die Schrift wurde kleiner, aber genauer. Zwischen den Wörtern bemerkte er seltsame Zeichen, Runen, die Gebärden darstellten.
Walker Boh fühlte sein Blut in den Adern gefrieren. Himmel, dachte er, es handelt sich um die Beschwörungsformel, durch deren Anwendung Paranor verschwunden war.
Sein Atem ging schwer, als er sich zwang, seine Augen von dem Buch abzuwenden. Sein blasses Gesicht straffte sich. Das war es also, was Cogline ihm mitteilen wollte - warum, wußte er nicht -, aber das war es ganz sicher. Jetzt, da er es gefunden hatte, fragte er sich, ob es nicht klüger wäre, das Buch sofort zu schließen. Doch er wußte, daß nur seine Furcht ihn zu dieser Frage verleitete.
Wieder begann er zu lesen. Der Zauber war da, die Magie, die Allanon vor dreihundert Jahren benutzt hatte, um Paranor aus der Welt der Sterblichen verschwinden zu lassen. Zu seiner Überraschung stellte er fest, daß er sie verstand. Er beendete die Lektüre der Beschreibung des Zaubers und blätterte um.
Die nächste Seite enthielt nur einen einzigen Absatz. Er lautete: »Einmal entschwunden, ist Paranor der Welt der Sterblichen für alle Zeiten verloren, eingeschlossen und unsichtbar innerhalb seiner Mauern. Eine einzige Magie hat die Macht, es zurückzubringen - der Elfenstein, der schwarz gefärbt ist, der vom Feenvolk der alten Welt mit Leben erfüllt wurde und der alle notwendigen Eigenschaften des Herzens, des Verstandes und des Körpers in sich vereinigt. Derjenige, der ein Anliegen und ein Recht hat, soll ihn seinem Ende entgegenführen.«
Das war alles. Walker Boh las es ein zweites Mal, langsam und in der Absicht, auf vielleicht Übersehenes zu stoßen. Es gab für ihn keinen Zweifel daran, daß es das war, worauf Cogline ihn stoßen wollte. Einen schwarzen Elfenstein. Eine Magie, die das verschwundene Paranor erretten konnte. Den Schlüssel zur Bewältigung der Aufgabe, die der Geist Allanons ihm aufgetragen hatte.
»Erwecke Paranor und die Druiden zu neuem Leben.« Er hörte die Worte noch einmal im Geist.
Natürlich gab es keine Druiden mehr. Aber vielleicht war es Allanons Absicht, daß Cogline ihre Stelle einnahm, sobald Paranor ins Leben zurückgerufen wurde. Dieser Gedanke entbehrte nicht einer gewissen Logik, obwohl der alte Mann darauf beharrte, daß seine Zeit vorbei sei. Aber Walker Boh war klug genug zu wissen, daß dort, wo Druiden und ihre Magie im Spiel waren, die Logik oftmals verschlungene Wege ging.
Er hatte zwei Drittel des Buches gelesen. Es dauerte eine weitere Stunde, bis er am Ende angelangt war, ohne auf etwas
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