Shannara IV
Tages Regen verhießen.
Als er zurückging, um seine Stiefel anzuziehen, war Coll wach und sah ihn an. Das struppige Haar seines Bruders war zerzaust, und aus seinen vom Schlaf verquollenen Augen sprach Mißmut.
»Ein neuer Tag«, murmelte Coll und gähnte. »Welchen umwerfenden Lagerraum werden wir deiner Meinung nach heute abend aufsuchen?«
»Keinen, soweit es von mir abhängt.« Par ließ sich neben ihm auf den Boden nieder.
Coll zog die Augenbrauen in die Höhe. »Tatsächlich? Hast du mit Padishar gesprochen?«
»Das habe ich vor.«
»Ich nehme an, daß du einen anderen Vorschlag hast.« Coll richtete sich auf einen Ellbogen auf. »Ich sage das, weil ich nicht glaube, daß Padishar Creel dir auch nur den kleinen Finger reichen wird, wenn du keinen hast. Er ist, seit er festgestellt hat, daß er bei seinen Männern vielleicht doch nicht so beliebt ist, wie er gemeint hat, nicht in der allerbesten Stimmung.«
Par zweifelte daran, daß Padishar Creel sich zu dem Glauben verleiten ließ, bei seinen Männern beliebt zu sein, aber Coll schätzte die gegenwärtige Stimmung des Anführers der Geächteten sicher richtig ein. Der Verrat eines seiner eigenen Männer hatte ihn schweigsam gemacht. Er hatte sich während der vergangenen Tage ganz in sich selbst zurückgezogen, auch wenn er keinen Zweifel daran ließ, daß er immer noch die Führung innehatte, wenn er sie durch das Netz der Föderationspatrouillen und Wachtposten führte, die überall in der Stadt zu sehen waren. Damson Rhee begleitete sie; ob freiwillig oder nicht, konnte Par nicht sagen. Doch selbst sie konnte die Mauer, die der Anführer der Geächteten um sich herum errichtet hatte, nicht durchbrechen.
Par schüttelte den Kopf. »Ich bin der Meinung, daß wir nicht den Rest unseres Lebens damit verbringen können, von einem Ort zum anderen zu wandern.« Selbst er war ziemlich verdrießlich. »Wenn wir einen Plan brauchen, ist es Padishars Aufgabe, einen Plan auszuhecken. Mit der jetzigen Vorgehensweise erreichen wir gar nichts.«
Coll setzte sich auf und begann sich anzuziehen. »Du willst es wahrscheinlich nicht hören, Par, aber es ist vielleicht an der Zeit, daß du deinen Entschluß, dich der Bewegung anzuschließen, überdenkst. Es ist immerhin möglich, daß wir ohne die Bewegung besser fahren.«
Par sagte nichts. Sie zogen sich an und gingen nach unten zu den anderen. Zum Frühstück, das sie hungrig hinunterschlangen, gab es kaltes Brot, Marmelade und Obst. Par konnte nicht verstehen, warum er Heißhunger verspürte, obwohl er sich körperlich so wenig betätigte. Während er aß, hörte er, wie Stasas und Drutt darüber sprachen, daß sie in den Wäldern ihres künftigen Zuhauses irgendwo unterhalb von Varfleet jagen würden. Morgan hielt Wache an der Tür, die ins Lagerhaus führte, und Coll gesellte sich zu ihm. Damson Rhee saß auf einer leeren Holzkiste und schnitzte irgend etwas. Par hatte sie in den vergangenen Tagen nur selten zu Gesicht bekommen; sie war, während der Rest der Gruppe sich versteckte, oft mit Padishar Creel unterwegs gewesen, um die Stadt auszukundschaften. Dieser war nirgends zu sehen.
Nach dem Frühstück begab sich Par nach oben, um seine Sachen zusammenzupacken, da er davon ausging, daß seine Auseinandersetzung mit Padishar Creel ungeachtet des Ergebnisses höchstwahrscheinlich einen Ortswechsel nach sich ziehen würde.
Damson Rhee folgte ihm nach oben. »Du bist voller Unruhe«, stellte sie fest, als sie allein waren. Sie setzte sich auf den Rand seines Lagers und schüttelte ihre rote Mähne. »Das Leben eines Geächteten ist nicht das, was du dir vorgestellt hast, stimmt’s?«
Er lächelte müde. »In Lagerhäusern und Kellern herumsitzen ist nicht das, was ich mir vorgestellt habe. Worauf wartet Padishar denn?«
Sie zuckte die Schultern. »Worauf wir alle von Zeit zu Zeit warten - auf die Stimme, die in unserem Inneren schlummert und uns sagt, was wir als nächstes tun sollen. Vielleicht ist es Intuition, vielleicht auch gesunder Menschenverstand.« Sie lächelte ihn an. »Spricht sie jetzt zu dir?«
»Irgend etwas spricht ganz gewiß.« Er setzte sich neben sie. »Warum bist du immer noch bei uns, Damson? Vielleicht wegen Padishar?«
Sie lachte. »Kaum. Ich komme und gehe, wie es mir beliebt. Er weiß, daß ich ihn nicht verraten habe.«
»Warum bleibst du also?«
Sie sah ihn nachdenklich an. »Vielleicht bleibe ich deinetwegen«, sagte sie endlich. Sie lächelte. »Ich habe noch nie einen
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