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Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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hätte tun können, um es zu verhindern.
    Quickening rückte nah an ihn heran. Sie standen wortlos da und starrten auf den toten Sänger. Dann wandten sie sich um und gingen in die Stadt zurück.

Kapitel 24
    In jener Nacht kehrten sie nicht in ihr gewohntes Versteck zurück; es war schon fast dunkel, als sie die Landenge hinter sich ließen, und die Entfernung zurück durch die Stadt war zu groß, um sie sicher zurückzulegen. Sie fanden statt dessen gleich in der Nähe ein niedriges Gebäude mit gewundenen, engen Fluren und mit Zimmern, die an beiden Enden Türen hatten und damit einen Ausweg boten, falls der Kratzer auftauchen sollte. Sie ließen sich tief im steinernen Inneren des Hauses nieder, wo es so dunkel war, daß sie einander auf Armeslänge kaum sehen konnten, aßen eine Abendmahlzeit aus getrockneten Früchten und Gemüsen und versuchten, Carismans Geist aus ihrer Gegenwart zu verbannen. Der tote Sänger tauchte in Erinnerungen auf, in ungesagten Worten und im fernen, leisen Brausen der Ozeanwellen. Sein Gesicht erblühte in den Schatten, die sie warfen, und seine Stimme flüsterte im Geräusch ihres Atems. Walker Boh betrachtete Quickening, ohne sie zu sehen; seine Gedanken galten Carisman und wie er den Sänger hatte gehen lassen, als er ihn hätte hindern können. Als Quickening seinen Arm berührte, war ihm der Druck ihrer Finger kaum bewußt. Als sie mit ihrer Berührung in seinen Gedanken las, merkte er es nicht. Er fühlte sich ausgehöhlt und leer und unerträglich einsam.
    Später, als sie schlief, wurde er sich ihrer wieder bewußt. Seine Selbstanklagen hatten sich erschöpft, sein Kummer war eingetrocknet; Carismans Schatten war verbannt, an den Ort und in die Zeit verwiesen, in die er gehörte. Walker saß in der Finsternis, der Stein von Wänden, Decke und Boden erdrückte ihn, die Stille war wie ein Laken, das ihn zu ersticken drohte, und die Zeit das Instrument, mit dem er das Herannahen seines eigenen Todes maß. War der Tod jetzt für irgendeinen von ihnen noch fern? Er betrachtete das Mädchen, das neben ihm schlief, beobachtete, wie sich ihre Brust hob und senkte, wie sie auf der Seite lag, das Gesicht von der Armbeuge getragen, ihr Silberhaar zurückgefächert und leuchtend. Er beobachtete den langsamen, stetigen Puls an ihrem schlanken Hals, sah die Vertiefungen ihres Gesichts und folgte der Form ihres Körpers unter dem Schutz ihrer Kleider, die seine Perfektion nicht zu verhehlen vermochten. Bei aller magischen Kraft war sie ein zerbrechliches Stück Leben, und er konnte das Gefühl nicht loswerden, daß sie trotz des Vertrauens in ihren Vater und der Sicherheit, mit der sie sie nach Norden geführt hatte, in Gefahr schwebte. Das Gefühl war vage und schwer zu fassen, doch es entstammte seinen Instinkten und seinem Vorherwissen, geboren aus der Magie, die er von Brin Ohmsford geerbt hatte, Magie, die noch immer in ihm ebbte und flutete, je nachdem, wie die Gezeiten seines Glaubens an sich selbst stiegen und fielen. Er konnte es nicht ignorieren, Quickening war in Gefahr, und er wußte nicht, wie er sie retten sollte.
    Es war tiefe Nacht, und noch immer schlief er nicht. Sie alle befanden sich natürlich in Gefahr. Was er als Risiko für die Tochter des Königs vom Silberfluß wahrnahm, war möglicherweise nichts anderes als die Gefahr, die er für sie alle witterte. Carisman hatte es schon erwischt.
    Irgendwann würde es auch Quickening erwischen. Vielleicht war es nicht so sehr Quickenings Tod, den er fürchtete, sondern, daß sie sterben könnte, ehe sie ihre Geheimnisse offenbart hatte. Es waren ihrer viele, vermutete er. Daß sie sie so vollständig versteckte, machte ihn wütend. Er war überrascht über den Ärger, den diese Erkenntnis hervorrief. Quickening hatte ihn mit seinen finstersten Ängsten konfrontiert und ihn dann mit ihnen allein gelassen. Sein ganzes Leben war von der Befürchtung überschattet gewesen, daß Allanons mysteriöses Vermächtnis an die Ohmsfords, das Brin vor über dreihundert Jahren übertragen, das ungenutzt von Generation zu Generation weitergereicht worden war, irgendwie von ihm erfüllt werden mußte. Er hatte mit diesem Gespenst seit seiner Kindheit gelebt, wie seine ganze Familie seines Vorhandenseins bewußt, und hatte es als ein Gespenst betrachtet, das sich nicht verbannen ließ, sondern im Laufe der Jahre nur noch an Substanz zunahm. Die Magie der Ohmsfords lebte in ihm, wie sie nicht in seinen Ahnen gelebt hatte. Allanons Träume waren

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