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Shannara V

Titel: Shannara V Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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seinem Ausmaß reduziert zu etwas so Unbedeutendem, daß sie zu verschwinden drohte. Das anfängliche Gefühl der Verlassenheit hatte mit jeder Stunde, die verstrich, beständig zugenommen, und sie fühlte zum ersten Mal Zweifel aufkommen, ob sie ihre Heimat jemals wiedersehen würde.
    Die Sonne versank schon fast, als sie schließlich in Sichtweite an Morrowindl herankamen. Die Sonne war im Westen zum Rande des Horizonts hinabgeglitten, ihr Licht war milde geworden und hatte sich von Weiß zu einem hellen Orange gewandelt. Ein purpur- und silberfarbener Streifen säumte eine lange Reihe seltsam geformter Wolken, die über den Himmel promenierten wie fremdartige Tiere. Vor diesem Panorama hob sich die Insel als Silhouette ab, dunkel umwölkt und drohend. Sie war bedeutend größer als jede andere Landfläche, auf die sie bisher gestoßen waren, und erhob sich vor ihnen wie eine Mauer, als sie näher kamen. Der Killeshan hob seinen gezackten Schlund himmelwärts, Dampf sickerte aus seiner Kehle, und seine Hänge waren bedeckt von einer dicken Decke aus Nebel und Asche, hinter der sie für Hunderte von Fuß verschwanden, bis sie an einer Küstenlinie wieder sichtbar wurden, die aus felsigen Vorsprüngen und zerklüfteten Klippen bestand. Wellen krachten gegen die Felsen, weiße Schaumkessel, deren Gischt himmelwärts stob.
    Spirit flog näher heran und stieß auf das Leichentuch aus Vog hinab. Gestank erfüllte die Luft und der Geruch von Schwefel drang dort aus der Erde herauf, wo das Feuer des Vulkans Fels zu Asche verbrannte. Durch die Wolken und den Nebel konnten sie Täler und Grate, Pässe und Schluchten sehen, die alle dicht bewaldet waren: einen dichten, beengenden Dschungel. Tiger Ty schaute über die Schulter zurück und machte ihnen Zeichen. Sie würden die Insel umrunden. Spirit wandte sich auf sein Kommando nach rechts. Das Nordende der Insel war in strömendem Regen verschwunden, in einem Monsun, der alles überflutete und riesige Wasserfälle bildete, die von mehreren Tausend Fuß Höhe die Klippen hinabstürzten. Im Westen dagegen war die Insel so karg wie eine Wüste. Es war nur Lavagestein zu sehen mit einigen verstreut stehenden, strahlend blühenden Sträuchern und verkrüppelten, knorrigen, windgepeitschten Bäumen. Im Süden und Osten bestand die Insel aus einer Vielzahl einzelner Felsformationen und aus Stränden mit schwarzem Sand, wo die Küstenlinie mit dem Wasser der Blauen Spalte zusammentraf, bevor sie sich erhob, um im Dschungel und im Nebel zu verschwinden.
    Wren starrte angestrengt auf Morrowindl hinab. Es war ein bedrohlicher, wenig gastfreundlicher Ort, ein scharfer Kontrast zu den anderen Inseln, die sie gesehen hatten. Wolkentürme trafen aufeinander und brachen auseinander. Jede Seite der Insel bot unterschiedliche Bedingungen. Die Insel insgesamt war schattig und bewölkt, als sei Killeshan ein Dämon, der Feuer atmet und sich in einen Umhang gewickelt hat, der aus seinem eigenen erstickenden Atem besteht.
    Tiger Ty dirigierte Spirit noch ein letztes Mal um die Insel herum und befahl ihm dann, er solle landen. Der Rock setzte am Rande eines breiten Strandes mit schwarzem Sand vorsichtig auf, seine Klauen bohrten sich in das geborstene Lavagestein, und er legte widerstrebend seine Flügel an. Dabei wandte der Riesenvogel sein Gesicht dem Dschungel zu, und seine spähenden Augen suchten den Nebel zu durchdringen.
    Tiger Ty wies sie an, sie sollten absteigen. Sie lösten ihre Harnischriemen und glitten zu Boden. Wren schaute landeinwärts. Die Insel aus Felsen, Bäumen und Nebel erhob sich vor ihnen. Sie konnten die Sonne nicht mehr sehen. Schatten und Halblicht lag über allem.
    Der Flugreiter sah das Mädchen an. »Ich vermute, Ihr wollt es immer noch? Starrsinnig wie eh und je?«
    Sie nickte schweigend, denn sie wollte im Moment nicht reden.
    »Dann hört zu. Und überlegt Euch, ob Ihr Eure Meinung noch ändern wollt, während Ihr das tut. Ich habe Euch aus gutem Grund alle vier Seiten von Morrowindl gezeigt. Im Norden regnet es ständig, jeden Tag, jede Stunde des Tages. Manchmal regnet es stark, manchmal nieselt es. Aber das Wasser ist überall. Sumpf und Teiche, Wasserfalle und Rinnsaale. Wenn Ihr nicht schwimmen könnt, ertrinkt Ihr. Und es gibt ohnehin unendlich viele Wesen, die Euch dort hinabziehen wollen.«
    Er machte eine Geste. »Im Westen gibt es nur Wüste. Das habt Ihr gesehen. Nichts als offenes Land, heiß und trocken und öde. Ihr denkt wahrscheinlich, Ihr könntet

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