Shannara V
hereingebrochen, die Sonne war unter dem Horizont verschwunden, und ihr schwächer werdendes Licht wurde zu einem schwachen Schimmer über den Meereswogen. Als die Dunkelheit herabsank, überflutete hellsilbernes Licht vom Mond und den Sternen den leeren Strand. Es wurde vom Sand zurückgestrahlt, als seien dort Diamanten ausgestreut, und erhellte die Küstenlinie, so weit das Auge sehen konnte. Daher beschlossen sie auch gleich, kein Feuer zu entfachen. Weder Licht noch Hitze wurden benötigt. Von der Stelle auf dem offenen Strand aus, wo sie sich jetzt befanden, konnten sie sehen, wenn sich etwas zu nähern versuchte, und die Luft war warm und mild. Ein Feuer würde nur die Aufmerksamkeit auf sie ziehen, und das wollten sie nicht.
Sie aßen eine kalte Mahlzeit aus getrocknetem Fleisch, Brot und Käse und spülten alles mit Bier hinunter. Sie saßen dem Dschungel gegenüber, mit dem Rücken zum Meer, und lauschten und beobachteten. Morrowindl verlor seine Konturen, als die Nacht hereinbrach, die Linien des Dschungels und der Klippen und der Wüste verschwanden in der Dunkelheit, bis die Insel schließlich kaum mehr als eine Silhouette vor dem Himmel war. Schließlich verschwand sogar diese, und alles, was blieb, war ein beständiges Gewirr von Lauten. Die waren größtenteils nicht unterscheidbar, schwach und unterdrückt, verstreute Rufe und Heulen und Summen von Vögeln und Insekten und Tieren, die alle in der Schutz bietenden Dunkelheit verborgen waren. Das Wasser der Blauen Spalte lief in stetigem Rhythmus auf die Strände der Insel hinauf, wusch sie aus und zog sich wieder zurück, ein langsames und beständiges Plätschern. Eine Brise kam auf, sanft und wohlriechend, und sie vertrieb die letzten Reste der Hitze des Tages.
Nachdem sie ihre Mahlzeit beendet hatten, starrten sie eine Weile schweigend hinaus - auf den Himmel und den Strand und das Meer, auf nichts.
Bereits jetzt erreichte Morrowindl, daß sich Wren unbehaglich fühlte. Sogar jetzt, eingehüllt in Dunkelheit, unsichtbar und schlafend, wirkte die Insel bedrohlich. Sie stellte sie sich in Gedanken vor: Killeshan, der sich mit seinem zerklüfteten, geöffneten Schlund gen Himmel erhob, und die dschungelbewachsenen Hänge, turmhohen Klippen und öden Wüsten. Die Insel wie ein angeketteter Gigant, der in Vog und Nebel eingehüllt war und wartete. Sie konnte seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren, begierig und hungrig. Sie konnte ihn zur Begrüßung zischen hören.
Sie konnte fühlen, wie er sie beobachtete.
Es ängstigte sie mehr, als sie zugeben wollte, und sie konnte ihre Angst nicht völlig unterdrücken. Sie war ein heimtückischer Schatten, der durch die Gänge ihrer Gedanken kroch und Worte flüsterte, deren Bedeutung unverständlich, deren Absicht aber eindeutig war. Sie fühlte sich ganz eigentümlich, all ihrer Fähigkeiten und ihres Könnens beraubt, als sei alles in dem Moment, in dem sie angekommen war, von ihr abgestreift worden. Sogar ihre Instinkte schienen durcheinander geraten zu sein. Sie konnte es nicht erklären. Es ergab keinen Sinn. Es war nichts geschehen, und doch war sie hier, mit zerrissenem Selbstvertrauen, das wie Stroh verstreut war. Eine andere Frau hätte vielleicht Trost in der Tatsache gefunden, daß sie die legendären Elfensteine besaß - aber nicht Wren. Die Magie war ihr fremd. Für sie war sie eine Sache, der man mißtrauen sollte. Sie gehörte einer Vergangenheit an, von der sie nur gehört hatte, einer Geschichte, die Generationen lang verloren gewesen war. Sie gehörte jemand anderem, jemandem, den sie nicht kannte. Die Elfensteine, dachte sie düster, hatten nichts mit ihr zu tun.
Die Worte weckten ein Gefühl von Kälte in ihrer Magengrube. Natürlich waren sie eine Lüge.
Sie legte die Hände vors Gesicht und verbarg sich so. Zweifel krochen von allen Seiten auf sie zu, und obwohl es jetzt sinnlos war, fragte sie sich kurz, ob ihre Entscheidung, nach Morrowindl zu kommen, nicht falsch gewesen war.
Schließlich nahm sie die Hände herunter und beugte sich vor, bis sie in der Dunkelheit Garths bärtiges Gesicht deutlich sehen konnte. Der große Mann beobachtete unbewegt, wie sie ihre Hände hob und zu gestikulieren begann.
»Glaubst du, ich habe einen Fehler gemacht, als ich darauf bestanden habe, daß wir herkommen?« fragte sie ihn.
Er betrachtete sie einen Moment und schüttelte dann den Kopf. Es ist niemals ein Fehler, etwas zu tun, was man für notwendig hält.
»Ich habe es für notwendig
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