Shannara V
gehalten.«
Ich weiß.
»Aber ich bin nicht nur hergekommen, um herauszufinden, ob die Elfen noch am Leben sind«, sagte sie in der Zeichensprache. »Ich kam auch, um etwas über meine Eltern herauszufinden, um zu erfahren, wer sie waren und was aus ihnen geworden ist.«
Er nickte schweigend.
»Ich brauchte mich nicht zu sorgen, weißt du«, versuchte sie ihm weiter zu erklären. »Es war nicht notwendig, etwas anders zu machen. Ich war eine Fahrende, und das war genug. Sogar noch, nachdem Cogline uns gefunden hatte und wir ostwärts zum Hadeshorn zogen und den Schatten Allanons trafen. Und sogar noch, als ich begann, nach den Elfen zu fragen. In der Hoffnung, etwas über ihr Schicksal zu erfahren, habe ich noch nicht an meine Eltern gedacht. Ich hatte keine Vorstellung davon, wohin das alles führen würde. Ich ging einfach weiter, stellte meine Fragen und erfuhr schließlich von der Addershag und dann von dem Signalfeuer. Ich folgte einfach einem Weg und war neugierig, wohin er führte.«
Sie machte eine Pause. »Aber die Elfensteine, Garth - das war etwas, womit ich nicht gerechnet hatte. Als ich entdeckte, daß sie wirklich waren - daß es die Elfensteine von Shea und Will Ohmsford waren -, änderte sich alles. So viel Macht - und sie gehörten meinen Eltern. Warum? Wieso hatten meine Eltern sie? Was bezweckten sie damit, sie mir zu geben? Das verstehst du, nicht wahr? Ich werde niemals Antworten bekommen, außer wenn ich herausfinde, wer meine Eltern waren.«
Garth signalisierte. Ich verstehe. Ich wäre nicht hier bei dir, wenn ich es nicht täte.
»Das weiß ich«, flüsterte sie, und ihre Kehle wurde eng. »Ich wollte es dich nur sagen hören.«
Sie schwiegen einen Moment und wandten die Augen ab. Irgend etwas Großes platschte weit draußen auf dem Wasser auf. Das Geräusch hallte einen Moment wider und verklang dann. Wren stieß ihren Schuh in den rauhen Sand.
»Garth«, signalisierte sie und lenkte seinen Blick auf sich. »Gibt es irgend etwas über meine Eltern, was du mir nicht gesagt hast?«
Garth sagte nichts. Sein Gesicht war ausdruckslos.
»Denn wenn da etwas ist«, signalisierte sie, »mußt du es mir jetzt sagen. Du kannst mich diese Suche nicht fortsetzen lassen, ohne daß ich es weiß.«
Garth bewegte sich und ließ den Kopf in Schatten versinken. Als er ihn wieder hob, begannen seine Finger, die Zeichen zu formen. Ich würde dir nichts vorenthalten, was nicht nötig wäre. Ich enthalte dir jetzt nichts über deine Eltern vor. Was ich weiß, habe ich dir gesagt. Glaube mir.
»Das tue ich«, bestätigte sie ruhig. Und doch beunruhigte sie die Antwort. Enthielt er ihr vielleicht doch noch etwas anderes vor, weil er es für notwendig hielt? Hatte sie das Recht, zu fordern, daß auch sie erfuhr, was das war?
Sie schüttelte den Kopf. Er würde sie niemals verletzen. Das war das Wichtigste. Nicht Garth.
Wir werden die Wahrheit über deine Eltern herausfinden, signalisierte er plötzlich. Ich verspreche es.
Sie streckte kurz die Hand aus, um seine Hände zu ergreifen, und ließ sie dann wieder los. »Garth«, sagte sie, »du bist der beste Freund, den ich jemals haben werde.«
Sie hielt dann Wache, während er schlief, und fühlte sich durch seine Worte getröstet. Jetzt war sie wieder sicher, daß sie trotz allem nicht allein war, daß sie ihr Ziel gemeinsam angehen würden. Verborgen in der Dunkelheit brütete Morrowindl weiter vor sich hin. Aber sie war jetzt nicht mehr so eingeschüchtert. Ihr Entschluß wurde fester, ihr Ziel deutlich. Es würde so sein, wie es schon so viele Jahre war - sie und Garth gegen alles, was immer sie erwartete. Das würde genügen.
Als Garth um Mitternacht erwachte, begab sie sich schnell zur Ruhe.
Der Sonnenaufgang ließ den Himmel in hellem Silber erstrahlen, aber Morrowindl war eine schwarze Mauer, die dieses Licht ausschloß. Die Insel stand zwischen der Dämmerung auf der einen Seite und Wren und Garth auf der anderen, als wollte sie die Fahrenden für immer in ihre Schatten einschließen. Der Strand war ruhig und leer, eine schwarze Linie, die sich in die Ferne erstreckte wie ein ausgebreiteter Streifen Trauerflor. Felsen und Klippen ragten aus dem grünen Gewirr des Dschungels heraus und stießen hervor wie gefangene Tiere, die zu atmen versuchen. Killeshan stieß in stummem Schweigen himmelwärts, und Rauch entstieg aus den Rissen in seiner Lavafelshaut. Weit entfernt im Norden enthüllte ein Blick auf die Wüstenseite der Insel eine harte,
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