Shannara VI
Männer, die den Jungen begleitet haben. Sie hätten eigentlich nicht unvorbereitet überrascht werden können. Ich denke, sie hatten entweder großes Pech, oder der Junge hat recht, und es hat bereits jemand auf sie gewartet.«
»Ich werde Euch sagen, was ich glaube«, sagte Tiger Ty. »Ich glaube, es ist sogar dann sehr schwer, einen Kampfhaubenwürger zu töten, wenn man ihn sieht, ganz zu schweigen davon, wenn man ihn nicht sehen kann.«
Sie sah ihn an. »Was wollt Ihr damit sagen?«
Sein Stirnrunzeln vertiefte sich. »Es bedeutet, daß mich an alledem etwas stört. Glaubt Ihr nicht, daß dieser Junge eine seltsame Wahl war, um uns Nachricht von den Geächteten zu bringen?«
Sie sah ihn einen Moment schweigend an und dachte darüber nach. »Er ist jung, ja. Aber gerade darum fällt er wahrscheinlich weniger auf. Und er scheint selbstbewußt genug zu sein.« Sie hielt inne. »Ihr traut ihm nicht, Tiger Ty?«
»Das will ich nicht sagen.« Er furchte angestrengt die Brauen. »Ich denke nur, wir sollten vorsichtig sein.«
Sie nickte, denn sie wußte es besser, als daß sie Tiger Tys Verdacht abgetan hätte. »Triss?«
Der Hauptmann der Bürgerwehr zog an den Verbänden um seinen gebrochenen Arm. Die Schlinge war gestern vor dem Angriff abgenommen worden, und nur ein Paar schmale Schienen an seinem Unterarm war geblieben.
Er schaute nicht auf, während er ein loses Band wieder festzog. »Ich glaube, Tiger Ty hat recht. Es schadet nichts, vorsichtig zu sein.«
Sie verschränkte die Arme. »In Ordnung. Bestimmt jemanden, der auf ihn achten soll.« Sie wandte sich Tiger Ty zu. »Ich möchte, daß Ihr etwas Wichtiges für mich erledigt. Ich möchte, daß Ihr dort weitermacht, wo Tib aufgehört hat. Nehmt Spirit und fliegt gen Osten. Seht zu, ob Ihr die Geächteten finden könnt und führt sie hierher. Nur für den Fall, daß sie Schwierigkeiten haben, uns zu erreichen. Dafür braucht Ihr vielleicht mehrere Tage, und Ihr müßt sie ausfindig machen, ohne daß wir Euch helfen können. Ich kann Euch nicht einmal sagen, wo Ihr mit der Suche anfangen sollt. Aber wenn es fünftausend Geächtete sind, sollten sie nicht schwer zu finden sein.«
Tiger Ty runzelte erneut die Stirn. »Es gefällt mir nicht, daß ich Euch verlassen soll. Schickt jemand anders.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das müßt Ihr tun. Bei Euch kann ich mich darauf verlassen, daß die Suche erfolgreich sein wird. Macht Euch um mich keine Sorgen. Triss und die Bürgerwehr werden mich beschützen. Es wird mir gutgehen.«
Der knorrige Flugreiter schüttelte den Kopf. »Es gefällt mir nicht, aber ich werde gehen, wenn Ihr es befehlt.«
Da es auch möglich war, daß er Par oder Coll Ohmsford oder Walker Boh oder auch Morgan Leah auf seiner Reise traf, gab sie ihm eine kurze Beschreibung von jedem einzelnen und nannte ihm eine Möglichkeit, wie er sicher sein konnte, wer sie waren. Als sie geendet hatte, gab sie ihm die Hand und wünschte ihm Glück.
»Seid vorsichtig, Wren von den Elfen«, warnte er rauh und hielt ihre Hand einen Moment lang fest in der seinen geborgen. »Die Gefahren dieser Welt sind denen Morrowindls nicht allzu unähnlich.«
Sie lächelte und nickte, und dann war er fort. Sie beobachtete, wie er einige Vorräte und Decken zusammenpackte, sie auf Spirit befestigte, hinaufkletterte und in das Grau entschwebte. Sie schaute noch lange Zeit, nachdem er außer Sicht geraten war, himmelwärts. Die Wolken wurden dunkler. Es würde bei Einbruch der Nacht regnen.
Wir werden besseren Schutz brauchen, dachte sie. Wir werden weiterziehen müssen.
»Ruft Desidio herüber«, befahl sie Triss.
Ein ausreichend heftiger Regen würde das ganze Grasland, auf dem die Föderation lagerte, in Schlamm verwandeln. Es war vielleicht eine unbegründete Hoffnung, aber sie konnte nicht umhin, daran zu denken.
Gebt uns nur eine Woche Zeit, bat sie, den Blick auf das aufgewühlte Grau gerichtet. Nur eine Woche.
Der erste Regentropfen platschte auf ihr Gesicht.
Die Elfenvorhut sammelte sich, packte und zog sich unter die dichten Bäume des Waldes von Drey zurück, um dort das Ende des Sturms abzuwarten. Es begann heftiger zu regnen, als der Tag dem Ende zuging, und in der Dämmerung goß es in Strömen. Die Flugreiter hatten ihre Rocks weitab von den Pferden angepflockt, und die Männer hatten Segeltuch zwischen die Bäume gespannt, um sich und ihren Proviant trockenzuhalten. Die Patrouillen waren bis auf den Meldetrupp, der nach Arborlon ziehen
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