Shannara VI
Vernunft und Ausgewogenheit in sein Leben gebracht, hatte ihn davon abgehalten, sich in der Verzweiflung zu verlieren, die ihn andernfalls vielleicht überwältigt hätte. Einige waren ihm für immer genommen worden, und einige waren durch die Ereignisse von ihm getrennt. Aber sie waren dagewesen, als er sie gebraucht hatte. Auf wen hatte Par sich verlassen können? Auf Coll, der vom Wahnsinn der Schattenwesen vereinnahmt war? Auf Padishar, der auch gegangen war? Auf Walker oder Wren oder einen der anderen, die sich auf diese endlose Reise begeben hatten? Auf Cogline? Auf ihn selbst? Sicherlich nicht auf ihn selbst. Nein, da waren nur Damson und der Maulwurf gewesen - und überwiegend nur Damson. Jetzt war auch sie von ihm getrennt, und Par war wieder allein. Ein Gedanke führte zum nächsten, und obwohl er damit begonnen hatte, über Padishar und den Jut zu sprechen, stellte er jetzt fest, daß er schließlich abgelenkt worden war und einmal mehr über das sprach, was ihn am meisten beschäftigte, über Par, seinen Freund, den er, wie er es empfand, wieder und wieder im Stich gelassen hatte. Er hatte Par versprochen, daß er bei ihm bleiben würde. Er hatte versprochen, als sein Beschützer mit ihm in den Norden zu kommen. Er hatte dieses Versprechen gebrochen, und er wünschte inständig, eine weitere Chance zu bekommen, nur eine einzige, um wiedergutzumachen, was er versäumt hatte.
Damson sprach auch von dem Talbewohner, und der Klang ihrer Stimme verriet ihre Gefühle deutlicher als alle Worte. Da war ein Flüstern ihres eigenen Gefühls des Verlustes, ihres eigenen Gefühls, versagt zu haben. Sie hatte sich für Padishar Creel anstatt für Par entschieden, und obwohl diese Wahl sicherlich gerechtfertigt war, bedeutete dieses Wissen für sie keinen Trost.
»Ich bin es leid, eine Wahl treffen zu müssen, Morgan Leah«, flüsterte sie ihm zum Schluß zu. Sie hatten eine Zeitlang nicht gesprochen, hatten sich in ihrem Versteck zurückgelegt und an warmem Wasser genippt, um ihre Körper vor dem Austrocknen zu bewahren. Ihre Hand vollführte eine hilflose Geste.
»Ich bin es leid, gezwungen zu werden, zu wählen oder ständig irgendwelche Entscheidungen zu treffen, die ich nicht treffen will, denn bei allem, was ich entscheide, weiß ich, daß ich jemanden verletzen werde.« Sie schüttelte den Kopf, und Kummerfalten zogen sich über ihre Stirn. »Ich bin ganz schlicht und einfach müde, Morgan, und ich weiß nicht, ob ich noch weitermachen kann.«
Ihre so lange unterdrückten Gedanken und Gefühle trieben ihr Tränen in die Augen. Er schüttelte den Kopf. »Ihr werdet weitermachen, weil Ihr es müßt, Damson. Das Schicksal der Menschen hängt davon ab, daß Ihr es tut. Ihr wißt das. Padishar jetzt. Par später.« Er richtete sich auf. »Macht Euch keine Sorgen, wir werden ihn finden, Ihr und ich. Wir werden nicht aufhören, bis wir es geschafft haben. Wir dürfen nicht vorher ermüden, nicht wahr?«
Er hatte das Gefühl, daß seine Worte herablassend klangen, und mochte das nicht. Aber sie nickte als Antwort, wischte sich die Tränen fort, und sie begannen erneut, auf Matty Roh zu warten.
Die Nacht brach herein, und sie war noch immer nicht zurückgekehrt. Schatten schlossen das Licht aus, und der Himmel verdunkelte sich schnell und füllte sich mit Sternen. Im Westen, weiter entfernt, als sie sehen konnten, kam die Unwetterfront stetig näher, und innerhalb der Mauern der Stadt begann die Luft mit ihrem Herannahen abzukühlen.
Damson erhob sich. »Ich kann nicht länger warten, Hochländer. Ich muß jetzt gehen, wenn ich den Maulwurf finden und dann noch Zeit haben soll, die Geächteten in die Stadt zu bringen.« Sie legte ihren Umhang um und band ihn fest. »Wartet hier auf Matty. Wenn sie kommt, findet so viel heraus, wie Ihr könnt, was uns helfen könnte.«
»Wenn sie kommt«, wiederholte Morgan. »Vorausgesetzt, sie kommt.«
Sie griff hinab und berührte ihn leicht an der Schulter. »Was auch immer geschieht, ich werde zu Euch zurückkommen, so schnell ich kann.«
Er nickte. »Viel Glück, Damson. Seid vorsichtig.«
Sie lächelte und verschwand über den dunklen Hof in die Schatten. Das Geräusch ihrer Schritte hallte auf dem Stein wider und wurde dann von der Stille aufgesogen.
Morgan saß allein in der Dunkelheit und lauschte darauf, wie die Geräusche der Stadt langsam leiser wurden und dann ganz erstarben. Über ihm zogen Wolken über die Sterne und begannen sie zu verhüllen. Die Nacht wurde
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