Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shannara VI

Titel: Shannara VI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
zerstört…
    Er schob den Gedanken beiseite. Die Grube. Zumindest wußte er, was ihm bevorstand. Mit diesem Wissen konnte er einen Plan ersinnen.
    »Habt Ihr sonst noch etwas erfahren?« fragte er leise.
    Sie schüttelte den Kopf. Er konnte den Pulsschlag an ihrer Kehle sehen, den schwarzen Helm ihres Haars als Umrahmung ihres zarten Gesichts erkennen.
    »Und der Offizier?«
    Ein langes Schweigen entstand, während sie ihm in die Augen blickte und etwas jenseits und weit entfernt ansah. Dann schenkte sie ihm ein leeres Lächeln.
    »Als ich mit ihm fertig war, habe ich ihm die Kehle durchschnitten.«

Kapitel 22
    Danach schwiegen sie. Sie saßen Seite an Seite auf einer Werkbank, berührten sich noch immer und schauten in die Dunkelheit hinaus. Mehrere Male dachte Morgan daran, aufzustehen und sich zu entfernen, aber er hatte Angst, daß sie den Grund dafür mißverstehen würde, und blieb daher, wo er war. Der Klang von Gelächter durchdrang die Stille des Hofes von irgendwo außerhalb her. Es dröhnte rauh und unwillkommen und schien Nerven, die bereits stark beansprucht waren, noch mehr zu strapazieren. Morgan wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war. Er wußte, daß er etwas sagen sollte. Er hätte dem dunklen Bild ihrer Worte etwas entgegensetzen müssen. Aber er wußte nicht, wie er das tun sollte.
    Ein Hund bellte in der Ferne. Es war ein lang anhaltender, abgehackter Laut, der mit beißender Schärfe verhallte.
    »Es gefällt Euch nicht, daß ich ihn getötet habe«, sagte sie schließlich. Es war keine Frage, es war die Feststellung einer Tatsache.
    »Nein, es gefällt mir nicht.«
    »Denkt Ihr, ich hätte etwas anderes tun sollen?«
    »Ja.« Er gestand dies nur ungern ein. Er mochte es nicht, wie er klang. Aber er konnte nicht anders.
    »Was hättet Ihr getan?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Sie legte ihre Hände auf seine Schultern und wandte sich um, bis sie einander ansahen. Ihre Augen waren Nadelstiche blauen Lichts. »Schaut mich an.« Er tat es. »Ihr hättet dasselbe getan.«
    Er nickte, aber er war nicht überzeugt davon.
    »Ihr hättet es getan, denn wenn Ihr aufhört, darüber nachzudenken, dann gab es keine andere Wahl. Dieser Mann wußte, wer ich war. Er wußte, was ich vorhatte. Er hat mich bestimmt nicht mißverstanden. Wenn ich ihn am Leben gelassen hätte, selbst wenn ich ihn gefesselt und irgendwo versteckt hätte, hätte er entkommen können. Oder gefunden werden können. Oder etwas anderes. Wenn das geschehen wäre, wären wir erledigt gewesen. Eure Pläne, wie auch immer sie aussehen mögen, hätten keine Chance mehr gehabt. Und ich muß nach Varfleet zurückkehren. Dort hätte er mich sehen können, und dann hätte er es gewußt. Versteht Ihr?«
    Er nickte erneut. »Ja.«
    »Aber es gefällt Euch noch immer nicht.« Ihre rauhe, leise Stimme war nur ein Flüstern. Sie schüttelte den Kopf, so daß ihr schwarzes Haar flog. Tiefe Traurigkeit lag in ihrer Stimme. »Mir auch nicht, Morgan Leah. Aber ich habe schon vor langer Zeit gelernt, daß es eine Menge Dinge gibt, die ich tun muß, um überleben zu können, obwohl sie mir nicht gefallen. Und ich kann es nicht ändern. Es ist lange her, daß ich ein Heim oder eine Familie oder ein Land oder etwas oder jemanden außer mir selbst gehabt habe, worauf ich mich verlassen konnte.«
    Er unterbrach sie und war plötzlich beschämt. »Ich weiß.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, das tut Ihr nicht.«
    »Doch. Was Ihr getan habt, war notwendig, und ich sollte es nicht falsch finden. Wahrscheinlich stört mich allein die Vorstellung davon. Ich habe einfach ein anderes Bild von Euch.«
    Sie lächelte traurig. »Das kommt nur daher, daß Ihr mich nicht richtig kennt, Morgan. Ihr seht mich eine kurze Zeit lang auf eine Weise, und so bin ich dann für Euch. Aber ich bin eine ganze Menge mehr, als Ihr bis jetzt kennengelernt habt. Ich habe schon zuvor Menschen getötet. Ich habe sie von Angesicht zu Angesicht getötet und auch aus dem Hinterhalt. Ich habe es getan, um überleben zu können.« Tränen traten in ihre Augen. »Wenn Ihr das nicht verstehen könnt…«
    Sie hielt inne, biß sich auf die Lippen, erhob sich abrupt und trat fort. Er versuchte nicht, sie aufzuhalten. Er beobachtete, wie sie zur anderen Seite des Hofes ging und sich, mit dem Rücken gegen die Wand, in den tiefen Schatten auf die Steine setzte. Lange Zeit verharrte sie dort regungslos im Dunkeln. Die Zeit verging, und Morgans Augen wurden schwer. Er hatte seit der vorigen Nacht

Weitere Kostenlose Bücher