Shannara VI
vor dem, was geschehen war, und davor, was Walker Boh geworden war. Er hatte Angst. Weil Walker noch immer Walker war, aber auch noch etwas mehr. Allanon war dort, war während der Umwandlung von einem Menschen zu einem Druiden ein Teil von ihm geworden, im Ritus des Übergangs, der in dem dunklen Versteck des Keep stattgefunden hatte. Cogline hatte in seiner geistigen Gestalt gerade genug riskiert, um Walker vor dem Wahnsinn zu bewahren, der ihn zu überwältigen drohte, bevor er sich mit der einsehenden Veränderung auseinandersetzen konnte. In jenen wenigen Sekunden hatte Cogline gespürt, wie Walker sich zu verändern begann - und war entsetzt geflohen.
»Der Schwarze Elfenstein zog den Nebel in sich hinein und dadurch in mich«, flüsterte Walker, für den diese Worte inzwischen eine vertraute Wiederholung waren. Als würden sie dadurch, daß er sie aussprach, besser zu verstehen sein. Sein starres Gesicht senkte sich in die Kapuze seines Gewandes. Es war eine Maske, die sich noch immer veränderte. »Dadurch ist Allanon in mich hineingelangt. Es hat alle Druiden hineingelangen lassen - ihre Geschichte und ihr Wissen und ihre Magie, ihre Kenntnis und ihre Geheimnisse, alles, was sie waren. Es ließ sie durch mich hindurchgleiten, wie Fäden durch einen Webstuhl, die ein neues Gewebe bilden, und ich konnte spüren, wie sie in mich eindrangen und konnte es nicht verhindern.«
Das Gesicht in der Kapuze wandte sich ein wenig dem alten Mann zu. »Ich habe sie alle in mir, Cogline. Sie haben sich voller Entschlossenheit, mir ihr Wissen und ihre Macht zukommen zu lassen, in mir niedergelassen, damit ich sie gebrauche, wie sie es getan haben. So lautete Allanons Plan von Anfang an - ein Nachkomme von Brin soll das Geschlecht der Druiden fortführen, einer, der auserwählt werden würde, wenn die Notwendigkeit gegeben wäre, einer, der dienen und gehorchen würde.«
Eisenfinger umfaßten plötzlich Coglines Schulter, so daß er zusammenzuckte. »Gehorche, alter Mann! Das ist es, was sie von mir erwarten, aber es ist nicht das, was sie bekommen werden!« Walker Bohs Worte waren von Bitterkeit durchsetzt. »Ich kann sie in mir arbeiten spüren wie lebende Wesen! Ich kann ihre Gegenwart spüren, wenn sie ihre Worte flüstern und versuchen, mich auf sich aufmerksam zu machen. Aber ich bin stärker als sie. Gerade durch den Prozeß, den sie vollführt haben, um mich zu verändern, bin ich stärker geworden. Ich habe die Prüfung, der sie mich unterzogen haben, überlebt, und ich werde sein, was ich mir erwähle, mögen sie nun in meinem Körper und in meinem Geist leben oder nicht, mögen sie nun Schatten sein oder Erinnerungen aus der Vergangenheit, mögen sie sein, was sie wollen! Wenn ich dieses… dieses Ding sein muß, was sie aus mir gemacht haben, werde ich ihm zumindest meine Stimme und mein Herz geben!«
So gingen sie dahin, Cogline so kalt wie der Tod, während er dem gequälten Stöhnen Walker Bohs zuhörte. Walker, so heiß wie die Feuer, die in den Schmelzöfen unter den Steinmauern Paranors erneut zu brennen begonnen hatten, verwandelte seinen Zorn in die Kraft, die ihn gegen das, was geschah, unterstützen konnte.
Denn die Umwandlung schritt auch jetzt voran, während sie durch die Gänge der Festung gingen, der alte Mann und der werdende Druide, überschattet vor ihnen von der stillen Gegenwart Ondits, der Moorkatze, die genauso finster wirkte wie ihr Herr. Die Umwandlung wirbelte durch Walker hindurch wie Rauch im Wind, aufgerührt von den Händen der gewesenen Druiden, die ihre Geister in demjenigen lebendig werden ließen, der es zulassen würde, daß die Magie wieder zum Leben erwachte. Sie kam, während sich das Wissen in kleinen Brocken und Stücken und manchmal auch explosionsartig zeigte, Wissen, das durch die Jahre erworben und bewahrt worden war, alles, was die Druiden entdeckt und auf ihre Art geformt hatten, alles, was sie durch die Zeiten des Warlock Lords und der Schädelträger, durch die Dämonen im Verbotenen, durch den Ildatch und die Mord Wraiths, durch all die Prüfungen dunklen Übels, das die Menschheit bedrohte, hindurchgebracht hatte. Die Magie offenbarte sich nach und nach, spähte aus dem Wirrwarr von Händen und Augen und geflüsterten Worten hervor, die Walker Bohs Geist aufrührten und ihm keine Ruhe ließen.
Er schlief drei Tage lang überhaupt nicht. Er versuchte es, denn er war bis zur Verzweiflung erschöpft, aber als er sich bemühte loszulassen und in den Trost der Ruhe
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