Shannara VI
das geschehen ist?« Sie schien fast bestürzt. »Genau so fühle ich mich gerade jetzt. Ich bin hier, aber ich bin mir nicht sicher, warum das so ist.«
Damson rückte nah heran. »Wünscht Ihr, irgendwo anders zu sein?«
»Ich weiß es nicht. Nein, ich glaube nicht.« Sie schürzte die Lippen. »Aber ich bin verwirrt darüber, was ich hier tue. Ich weiß, warum ich gekommen bin, aber ich verstehe nicht, warum ich beschlossen habe, das zu tun.«
»Vielleicht ist der Grund ja gar nicht wichtig. Vielleicht ist es nur wichtig, daß wir hier sind.«
Matty schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht.«
»Vielleicht ist es gar nicht so schwierig, das herauszufinden. Ich bin wegen Par hier. Weil ich ihm versprochen habe, daß ich kommen würde.«
»Weil Ihr ihn liebt.«
»Ja.«
»Ich kenne ihn nicht einmal.«
»Aber Ihr kennt Morgan.«
Matty seufzte. »Ich kenne ihn besser, als er sich selbst kennt. Aber ich liebe ihn nicht.« Sie hielt inne. »Ich glaube es jedenfalls nicht.« Sie schaute fort, denn sie war von diesem Eingeständnis beunruhigt. »Ich bin hierhergekommen, weil ich es satt hatte, nur herumzusitzen. So habe ich es dem Hochländer erklärt. Es war ja auch wahr. Aber ich bin noch aus einem anderen Grund hierhergekommen. Ich weiß nur nicht, was es ist.«
»Ich denke, Morgan Leah könnte der Grund sein.«
»Das ist er nicht!«
»Ich glaube, Ihr braucht ihn.«
»Ich brauche ihn?« fragte Matty ungläubig. »Es ist eher umgekehrt, glaubt Ihr nicht? Er braucht mich!«
»Das auch. Ihr braucht einander. Ich habe Euch beobachtet, Matty - Euch und Morgan. Ich habe gesehen, wie Ihr ihn anschaut, wenn er es nicht sieht. Ich habe gesehen, wie er Euch anschaut. Da ist mehr zwischen Euch, als Ihr wahrhaben wollt.«
Die große Frau schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Ihr sorgt Euch um ihn, nicht wahr?«
»Das ist nicht dasselbe. Das ist etwas anderes.«
Damson betrachtete sie, ohne etwas zu sagen. Mattys Blick war auf irgendeinen Punkt in dem Raum zwischen ihnen fixiert, und ihre kobaltblauen Augen schimmerten unergründlich und ruhig. Sie sah etwas, was niemand sonst sehen konnte.
Als sie wieder aufschaute, war ihr Blick leer und traurig. »Er liebt noch immer Quickening.«
Damson nickte bedächtig. »Das vermute ich auch.«
»Er wird sie immer lieben.«
»Vielleicht, Matty. Aber Quickening ist tot.«
»Das ist unwichtig. Habt Ihr gehört, wie er von ihr spricht? Sie war wunderschön und zauberhaft, und sie liebte ihn auch.« Die blauen Augen blinzelten. »Es ist zu schwer, dagegen antreten zu müssen.«
»Das müßt Ihr auch nicht. Das ist nicht nötig.«
»Es ist nötig.«
»Er wird sie rechtzeitig vergessen. Er wird nichts dagegen tun können.«
»Nein, das wird er nicht. Niemals. Das wird er sich nicht erlauben.«
Damson seufzte und schaute fort. Die Nacht lag in stiller Erwartung tief und ruhig um sie herum. »Er braucht Euch«, flüsterte sie schließlich und wußte nicht, was sie sonst noch sagen sollte. Sie schaute wieder zu Matty hin. »Quickening ist fort, Matty, und Morgan Leah braucht Euch.«
Sie sahen einander in der Dunkelheit an, maßen den Sinn dieser Worte und wogen ihre Kraft. Keine von beiden sprach. Dann erhob sich Matty plötzlich und schaute über das Grasland zurück zu der Hütte. »Wir sollten hinabgehen und einen Blick darauf werfen.«
»Ich werde gehen.« Damson stand mit ihr auf. »Ihr wartet hier.«
Matty ergriff ihren Arm. »Warum nicht ich?«
»Weil ich weiß, wie Par aussieht, und Ihr nicht.«
»Dann sollten wir beide gehen.«
»Und uns beide in Gefahr begeben?« Damson hielt dem Blick der anderen stand. »Ihr wißt es doch besser!«
Matty sah sie einen Moment lang abwehrend an und ließ ihren Arm dann los. »Ihr habt recht. Ich werde hier warten. Aber seid vorsichtig.«
Damson lächelte, wandte sich um und glitt in die Dunkelheit. Sie gelangte leicht hinab, bis sie sich nördlich der Hütte befand. Lampenlicht brannte und warf von innen einen gelblichen Schimmer durch die vorhanglosen Fenster und die geöffnete Vordertür. Sie hielt inne und dachte nach. Der Klang von Männerstimmen kam von drinnen, aber das rote Glühen eines Pfeifenkopfes und der Geruch nach Tabak warnten sie, daß der Wächter noch immer die Verandatreppe besetzt hielt. Sie beobachtete die dunklen Umrisse der Maultiere, die sich an ihrem Halteseil neben der Hüttenwand bewegten, und hörte dann das Geräusch zerspringender Gläser und Fluchen von innen. Die Männer tranken und
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