Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Shannara VI

Titel: Shannara VI Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
Vom Netzwerk:
denkt, es kann mich von dort aus sehen, aber es irrt sich. Es kann nur dann etwas sehen, wenn ich will, daß es etwas sieht - aber es sieht nichts, solange ich den Umhang trage, nichts, solange ich die Magie habe. Ich komme zu ihm, wenn ich es will, und ich gehe fort, wenn ich es will. Es kann mich nicht sehen. Es kann mich nicht fangen. Es jagt mich, aber ich führe es dahin, wohin ich es bringen will. Ich führe es nach Süden, nach Süden zu, zu…
    Aber es war nicht sicher. Die Verwirrung umwölkte seine Gedanken erneut und quälte es. Manchmal schien es ihm, es würde besser denken, wenn es den Umhang ablegte. Aber nein, das war sicher töricht. Der Umhang beschützte es, das Spiegeltuch, das ihm gegeben von - nein, gestohlen, genommen von - nein, durch List von jemandem genommen… jemand Gefährlichem…
    Die Gedanken bruchstückhaft und flüchtig kamen und gingen wieder. Sie wirbelten umher wie Strudel in einem Fluß, die einen Moment lang auf Sand und Fels auftreffen, bevor sie weiterziehen.
    Tränen der Enttäuschung traten ihm in die Augen, und es hob eine schmutzige Hand, um sie wegzuwischen. Manchmal erinnerte es sich an Dinge von früher, von der Zeit, als es den Umhang noch nicht getragen hatte, von der Zeit, als es ein anderer war. Die Erinnerungen stimmten es traurig, und es schien, daß ihm etwas Böses zugefügt worden war, daß es die Erinnerungen waren, daß es sich so fühlte.
    Ich sah, einen Moment lang, in dem Licht in meinem Geist, in jener Vision, ich sah etwas über mich selbst, darüber, wer ich war, bin, sein könnte. Ich möchte es erneut sehen!
    Es floh jetzt vor dem Wesen, das es einst gejagt hatte, und fürchtete es, ohne zu wissen warum. Der Umhang verlieh ihm Sicherheit, aber selbst der Umhang schien nicht zu genügen, um ihn vor diesem anderen zu schützen. Und die Flucht vor seinem Verfolger schien es immer wieder zu dem Punkt zurückzuführen, wo dieser Verfolger wartete, ein Kreislauf, den es nicht verstehen konnte. Wenn es doch vor seinem Verfolger davonlief, warum brachte das Davonlaufen es dann immer wieder zurück? Manchmal tröstete der Umhang es wegen des Verfolgers und der Erinnerungen, aber manchmal fühlte es sich so an, als wäre der Umhang Feuer auf seiner Haut und als brenne es seine Identität weg und verwandle es in etwas Furchtbares.
    Nimm den Umhang ab!
    Nein, Narr, Narr! Der Umhang schützt dich!
    Und so tobte der Kampf in dem gepeinigten Wesen, das sowohl Coll als auch ein Schattenwesen war, trieb es hierhin und dorthin, drückte es nieder und richtete es wieder auf, zog und stieß es gleichzeitig, bis nichts mehr an Vernunft und Frieden in ihm übrigblieb.
    Hilf mir, bat es schweigend. Bitte, hilf mir.
    Aber es wußte nicht, wen es um Hilfe bat oder was eine Hilfe sein konnte. Es schaute hinab in die Dunkelheit zu demjenigen, der es verfolgte, und dachte, daß sein Verfolger bald schlafen würde. Was sollte es dann tun? Sollte es dort hinuntergehen, kriechend, kriechend, so leise wie am Himmel dahinziehende Wolken, und es berühren, berühren…
    Der Gedanke kam zu keinem Ende. Der Umhang schien sich fester um es herumzulegen und es zu quälen. Ja, vielleicht hinabkriechen, seinem Jäger zeigen, daß es keine Angst hatte (aber es hatte Angst), daß es in der Nacht, in seinem Umhang, in der Sicherheit der Magie tun konnte, was es wollte…
    Hilf mir.
    Es würgte an den Worten und versuchte, sie laut hinauszuschreien, aber es gelang ihm nicht. Es schloß seine Augen gegen den Schmerz und zwang sich, nachzudenken.
    Nimm dir etwas von ihm, etwas, was es braucht, was es schätzt. Nimm dir etwas, was es… verletzt, wie ich verletzt bin. Der Verstand riß eine vertraute Erinnerung auf. Ich kenne es, weiß auch woher, als wir… wir… Brüder waren! Es kann helfen, es kann einen Weg finden…
    Aber das Wesen, das halb Coll und halb ein Schattenwesen war, war sich dessen nicht sicher, und der Gedanke schwebte mit den anderen davon, verloren in den unzähligen Fragmenten, die sich umeinanderdrängten und in dem verwirrten Geist um Bestand kämpften. Es wurde von demjenigen, den es beobachtete, sowohl angezogen als auch abgestoßen, und dieser Widerspruch würde sich nicht auflösen lassen, egal wie sehr es sich auch bemühte.
    Erneut stiegen Tränen in ihm auf, ungebeten und unerwünscht. Die schmutzige, zerkratzte Hand verkrampfte sich. Das entstellte Gesicht kämpfte darum, sich in etwas Erkennbares verwandeln zu können. Eine Sekunde lang war Coll wieder da, aus

Weitere Kostenlose Bücher