Shannara VII
Respekt behandelt. Und das würde sich als nützlich erweisen, wenn es darum ging, die Vier Länder gegen den gemeinsamen Feind zu vereinigen.
Der Morgen ging in den Mittag über. Caerid Lock kehrte nicht zurück. Kinson tigerte eine Zeitlang auf und ab, dann ließ er sich neben Bremen nieder; die Enttäuschung stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Er hüllte sich in Schweigen und setzte seine finsterste Miene auf.
Bremen seufzte still in sich hinein. Kinson war jetzt schon lange bei ihm. Bremen hatte ihn aus einer Reihe von Kandidaten ausgewählt, um zusammen mit ihm die Wahrheit über den Dämonenlord zu finden. Und diese Entscheidung war richtig gewesen. Kinson war der beste Fährtenleser, dem der alte Mann je begegnet war. Er war schlau und mutig. Niemals war er unvorsichtig, immer war er vernünftig. Sie waren einander sehr nahegekommen, so daß Kinson dem Druiden beinahe wie ein Sohn vorkam. Ganz sicher war er sein bester Freund.
Nur das, was Bremen sich von ihm wünschte, konnte er nicht sein. Er konnte nicht sein Nachfolger werden. Bremen war alt, und sein Leben neigte sich dem Ende entgegen, auch wenn er es vor denen, die es vermuteten, sehr gut verbergen konnte. Wenn er eines Tages nicht mehr sein würde, gäbe es niemanden, der seine Arbeit fortführen könnte. Niemand würde sich dem für die Evolution der Rassen so notwendigen Studium der Magie widmen; niemand würde die aufsässigen Druiden von Paranor dazu bringen, ihr Verhältnis zu den Vier Ländern zu überdenken, und niemand würde sich dem Dämonenlord entgegenstellen. Einst hatte Bremen gehofft, daß Kinson Ravenlock dieser Mann sein könnte. Es bestand auch immer noch eine gewisse Möglichkeit, aber es sah nicht danach aus. Kinson fehlte die notwendige Geduld. Er verschmähte jede Art von Diplomatie. Er hatte keine Zeit für Leute, die jene Wahrheiten nicht begreifen konnten, die für ihn so offensichtlich waren. Erfahrung war der einzige Lehrer, den er jemals akzeptiert hatte. Er war ein Bilderstürmer, ein gewohnheitsmäßiger Einzelgänger. Keine von diesen Eigenschaften würde ihm als Druide helfen, und es schien unmöglich, daß er jemals anders sein könnte, als er nun einmal war.
Bremen blickte zu seinem Freund hinüber, und plötzlich fühlte er sich unbehaglich bei seiner Erkenntnis. Es war nicht recht, so über Kinson zu urteilen. Es genügte, daß der Grenzländer ihrer Sache so ergeben war, und daß er an Bremens Seite bleiben würde, auch wenn es sein Leben kosten sollte. Als Freund und Verbündeten konnte der Druide sich keinen besseren wünschen, und es war nicht richtig, mehr zu erwarten.
Wenn er nur nicht so verzweifelt nach einem Nachfolger suchen würde! Er war alt, und die Zeit lief viel zu schnell davon.
Er wandte den Blick von Kinson ab und schaute zu den in einiger Entfernung stehenden Bäumen, als könnte er an ihnen die Zeit ablesen, die ihm noch blieb.
Es war weit nach Mittag, als Caerid Lock endlich wieder erschien. Er trat aus den Schatten am Eingang und ging, ohne einen Blick auf die Wachen oder Kinson zu werfen, geradewegs auf Bremen zu. Der Druide stand auf, um ihn zu begrüßen; seine Gelenke und Muskeln schmerzten.
»Athabasca wird mit dir sprechen«, sagte der Befehlshaber der Garde mit düsterer Miene.
Bremen nickte. »Es muß ein hartes Stück Arbeit gewesen sein, ihn davon zu überzeugen. Ich stehe in deiner Schuld, Caerid.«
Der Elf gab sich ungerührt. »Ich wäre mir da nicht so sicher. Ich glaube, Athabasca hat seine eigenen Gründe, diesem Treffen zuzustimmen.« Er wandte sich an Kinson. »Es tut mir leid, aber für Euch konnte ich keine Genehmigung erreichen.«
Kinson zuckte die Achseln. »Es wird mir hier draußen bessergehen.«
»Vermutlich«, stimmte ihm der andere zu. »Ich werde Euch Essen und frisches Wasser herausbringen lassen. Bremen, bist du soweit?«
Der Druide schaute Kinson an und lächelte schwach. »Ich komme so bald wie möglich wieder zurück.«
»Viel Glück«, wünschte ihm sein Freund leise.
Sie gingen durch ein Labyrinth kühler, leerer, unterirdisch liegender Korridore, von deren dicken Mauern das Echo ihrer Schritte widerhallte. Sie begegneten niemandem. Paranor wirkte verlassen, doch Bremen wußte, daß dem nicht so war. Mehrere Male glaubte er, irgendwo in der Ferne das Flüstern einer Unterhaltung oder die Spur einer Bewegung vernommen zu haben, aber er war sich niemals ganz sicher. Caerid führte ihn durch abgelegene Flure, die selten benutzt wurden, die
Weitere Kostenlose Bücher