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Shannara VII

Titel: Shannara VII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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sah ich beide auf der Straße, als sie an der Töpferwerkstatt vorbeikamen. Sie vermieden es, mich anzusehen. Damals wußte ich schon, daß der Töpfer mit Vorliebe den kleinsten Grund zum Anlaß nahm, mich zu schlagen. Ich haßte mein neues Leben bereits, und ich warf meinen Pflegeeltern vor, mich fortgegeben zu haben. Ich wollte sie nicht mehr sehen. Ich sah sie auch niemals wieder, nachdem ich dem Töpfer und meinem Geburtsort entkommen war.«
    »Auch nicht deinen Bruder oder deine Schwester?« wollte Bremen wissen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Es gab keinen Grund dazu. Welche Bande wir auch geknüpft haben mochten, während wir zusammen aufwuchsen, inzwischen waren sie längst zerbrochen. Der Gedanke an sie stimmt mich mittlerweile nur noch traurig.«
    »Du hattest eine schwere Kindheit. Jetzt, da du erwachsen bist, verstehst du das besser, nicht wahr?«
    Sie lächelte ihn an, aber es war ein kaltes und zerbrechliches Lächeln. »Ich habe viele Dinge begriffen, die mir als Kind verborgen geblieben sind. Aber laßt mich meine Geschichte zu Ende bringen, und dann könnt Ihr selbst urteilen. Wichtig bei all dem ist, daß ich, kurz bevor ich die Lehre bei dem Töpfer begann, Gerüchte über meinen Vater hörte. Ich war damals elf und wußte bereits, daß ich mit zwölf eine Ausbildung beginnen würde. Ich wußte, ich würde das Haus verlassen, und ich schätze, das ließ mich zum ersten Mal über die Möglichkeiten und die Bedeutung der weiten Welt nachdenken. Händler und Fährtenleser und Kesselflicker zogen durch unser Dorf, und daher wußte ich, daß es noch andere, weit entfernte Orte gab. Ich fragte mich manchmal, ob mein Vater wohl auch irgendwo da draußen war und wartete. Ich fragte mich, ob er von mir wußte. Als ich ein Kind war, hatte ich irgendwann angenommen, daß meine Eltern niemals geheiratet und daher auch nicht als Mann und Frau zusammengelebt hatten. Meine Mutter hatte mich alleine ausgetragen, mein Vater war längst fort. Was war mit ihm geschehen? Niemand sagte es mir. Ich dachte mehr als einmal daran zu fragen, aber es lag etwas in der Art, wie meine Pflegeeltern über meine Mutter und ihr Leben sprachen, die mich daran hinderte. Meine Mutter galt irgendwie als Sünderin, und man hatte ihr die Sünde wohl nur deshalb vergeben, weil sie bei meiner Geburt gestorben war. Ich war ein Teil der Sünde, aber mir war noch nicht klar, wie und warum.
    Als ich alt genug war und spürte, daß sie etwas vor mir verborgen hielten, wollte ich natürlich wissen, um was es ging. Ich war elf - alt genug, um Täuschung und Betrug erkennen zu können, und auch alt genug, um sie selbst auszuüben. Ich begann, Fragen über meine Mutter zu stellen, kleine und unschuldige Fragen, die weder Ärger noch Verdacht hervorriefen. Ich befragte fast ausschließlich meine Pflegemutter, denn sie war weniger schweigsam. Ich stellte die Fragen, wenn wir alleine waren, und dann horchte ich in der Nacht an der Tür meines Schlafzimmers auf das, was sie ihrem Mann darüber berichtete. Manchmal sagte sie gar nichts. Manchmal wurden die Worte von der geschlossenen Tür verschluckt. Aber ein- oder zweimal bekam ich ein paar Sätze mit, eine Aussage, ein Wort - eine kurze Erwähnung meines Vaters. Aber nicht die Worte selbst enthüllten soviel, sondern die Art, wie sie ausgesprochen wurden. Mein Vater war ein Auswärtiger, der auf seiner Reise in dieses Dorf gekommen war, kurze Zeit dort verbracht hatte, ein- oder zweimal wiedergekehrt und dann verschwunden war. Die Leute im Dorf hatten ihn gemieden, abgesehen von meiner Mutter. Sie hatte sich offenbar zu ihm hingezogen gefühlt. Es gab dafür keinen besonderen Grund. War es die Art seines Blickes, wie er sprach? Das Leben, das er führte? Ich konnte es nicht herausfinden. Aber es war eindeutig, daß sie ihn fürchteten und ablehnten, und ein bißchen von dieser Furcht und Ablehnung hatten sie auch auf mich übertragen.«
    Sie hielt inne und versuchte, sich wieder zu fassen. Sie wirkte zart und verletzlich, aber Bremen wußte, daß dieser Eindruck trog. Er wartete und wich dem Blick nicht aus, den sie auf ihn geheftet hatte.
    »Ich wußte damals schon, daß ich nicht wie die anderen war. Ich wußte von meiner Magie, wenn sie auch gerade erst zum Vorschein kam. Ich hatte die körperliche Reife noch nicht erreicht, und so war es bisher noch vorwiegend eine unbestimmte Regung, ein leichtes Raunen in einem kindlichen Körper. Es schien mir eine logische Schlußfolgerung zu sein, daß das,

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