Shannara VII
was sie fürchteten und ablehnten, die Magie war, und die hatte ich von meinem Vater geerbt. In meinem Dorf mißtraute man der Magie grundsätzlich - es war das ungewollte Vermächtnis des Ersten Krieges der Rassen, als die Menschen von dem rebellischen Druiden Brona unterworfen und im Krieg gegen die anderen Rassen besiegt und ins Exil getrieben worden waren. Magie war der Grund für all dies gewesen, das gewaltige, dunkle Unbekannte, das in den Ecken des Unterbewußtseins lauerte und die Unachtsamen bedrohte. Die Leute in meinem Dorf waren abergläubisch und nicht sehr gebildet; sie fürchteten sich vor vielen Dingen. Magie konnte für vieles herhalten, das sie nicht verstanden. Ich denke, die Leute, die mich aufzogen, glaubten, daß ich mich zu irgendeiner Manifestation meines Vaters entwickeln würde, zu einer Trägerin seiner magischen Saat, und so konnten sie mich niemals ganz als ihr Kind anerkennen. Im elften Jahr meines Lebens begann ich zu verstehen, warum das so war.
Auch der Töpfer kannte meine Geschichte, obwohl er anfangs nicht davon sprach. Er mochte nicht zugeben, daß er vor einem Kind Angst hatte, selbst vor einem mit meiner Geschichte, und er zog gehörigen Stolz aus der Tatsache, daß er mich zu sich genommen hatte, obwohl sich alle anderen weigerten. Ich habe das zunächst nicht erkannt, aber er erzählte es mir später. ›Niemand wollte dich haben - deshalb bist du hier. Du solltest mir dafür dankbar sein.‹ Er sagte so etwas immer, wenn er zuviel getrunken hatte und daran dachte, mich zu schlagen. Das Trinken lockerte seine Zunge und verlieh ihm eine Kühnheit, die sonst nicht vorhanden war. Je länger ich bei ihm war, desto mehr trank er - aber das hatte nichts mit mir zu tun. Er hatte die meiste Zeit seines Lebens zuviel getrunken, und es war das Älterwerden und das auf ihm lastende Gefühl des Versagens, denn er hatte in seinem Leben keinen Erfolg gehabt, der ihn hätte ermutigen können. Als seine Trinkerei zunahm, nahmen seine Arbeitszeit und die Qualität der Waren ab. Ich habe oftmals seine Stelle eingenommen, Aufgaben übernommen, die ich beherrschte. Ich brachte mir eine ganze Menge bei und war schnell ziemlich geübt.«
Betrübt schüttelte sie den Kopf. »Ich war fünfzehn, als ich ihn verließ. Er hatte einmal zu oft versucht, mich ohne Grund zu schlagen, und ich wehrte mich. Zu dem Zeitpunkt war ich bereits voll ausgewachsen. Meine Magie schützte mich. Bis zu dem Tag, als ich mich zur Wehr setzte, hatte ich das Ausmaß ihrer Kraft noch nicht ermessen können. Jetzt wußte ich es. Ich hätte ihn beinahe getötet. Ich rannte fort aus dem Dorf und meinem Leben und wußte, daß ich niemals wieder zurückkommen würde. An jenem Tag hatte ich etwas begriffen, was ich vorher nur vermutet hatte. Ich begriff, daß ich das Kind meines Vaters war.«
Sie hielt inne. Wilde Entschlossenheit stand in ihren dunklen Augen. »Ich hatte die Wahrheit über meinen Vater erfahren. Der Töpfer hatte sich einmal zuviel betrunken und es mir gesagt. Er trank gewöhnlich, bis er kaum noch stehen konnte, und dann verhöhnte er mich jedesmal. Er sagte es immer und immer wieder. ›Weißt du nicht, wer du bist? Weißt du nicht, was du bist? Das Kind deines Vaters! Ein Schandfleck auf der Erde, geboren von einem Dämon und seiner Hexe! Du hast seine Augen, kleines Mädchen! Du hast die Farbe seines Blutes und seine dunkle Gestalt! Du bist wertlos für alle außer für mich, also achte lieber auf das, was ich dir auftrage! Höre auf das, was ich sage! Sonst kriegst du überhaupt keinen Platz mehr in der Welt!‹
So ging es jedesmal, und immer folgten Schläge. Ich spürte die Schläge damals nicht sehr. Ich wußte, wie ich mich schützen konnte und was ich sagen mußte, damit er aufhörte. Aber ich wurde es leid. Ich wurde wütend über diese Demütigung. An dem Tag, als ich ihn verließ, wußte ich bereits, bevor er mich zu schlagen versuchte, daß ich mich wehren würde. Als er mich wegen meines Vaters anschrie, lachte ich ihm ins Gesicht. Ich nannte ihn einen Lügner und Trinker. Ich erklärte ihm, daß er überhaupt nichts von meinem Vater wußte. Er verlor vollständig die Kontrolle über sich. Er warf mir Wörter an den Kopf, die ich nicht wiederholen möchte. Er erklärte mir, mein Vater sei aus dem Norden heruntergekommen, aus dem Grenzland, in dem sein schwarzer Orden sich eingenistet hatte. Er sagte, mein Vater sei ein Beschwörer der Magie und Seelenräuber gewesen. ›Ein Dämon im Gewand
Weitere Kostenlose Bücher