Shannara VII
Verteidigungslinie anzusehen und die Elfen wissen zu lassen, daß er angekommen war. Er wurde überall herzlich willkommen geheißen, und er winkte lächelnd und erklärte seinen Männern, daß alles gut werden würde und sie die eine oder andere Überraschung für die Nordländer bereithielten.
Dann machte er sich auf, um einen Blick auf das Lager des Feindes zu werfen. Dieses Mal nahm er einen Führer mit, denn der Boden des Tals war bereits mit Fallen übersät, und er wollte nicht aus Versehen in eine von ihnen hineinstolpern. Preia blieb bei ihm; ihr Anblick war den Kriegern inzwischen genauso vertraut wie der des Königs. Niemand sprach, während sie dem Führer über die grasigen Anhöhen und breiten Steigungen, über einen Streifen abgebrannten Boden und zu einem Punkt in den Felsen hinauf folgten, der die rechte Flanke der Verteidiger vor Blicken aus dem Tal abschirmte. Kundschafter und Läufer hatten hier oben ein kleines Lager errichtet und hielten Wache. Jerle grüßte und trat dann an den Felsvorsprung, um hinabzuschauen.
Vor ihm erstreckte sich die wimmelnde Masse der Nordlandarmee, ein gewaltiger, träger Koloß aus Männern, Tieren, Wagen und Kriegsmaschinen, eingehüllt in Hitze und Staub. Überall war Bewegung. Waffen und Vorräte wurden herbeigeschafft und geordnet, und die einzelnen Einheiten waren damit beschäftigt, sich entlang der Frontlinie in eine gute Position zu bringen. Belagerungsmaschinen wurden an einer Seite aufgestellt. Das Lager war etwa eine Meile vom östlichen Ende des Tals entfernt, weit draußen wo sie Platz genug hatten, um sich weiter auszudehnen. Jerle spürte die Unsicherheit seiner eigenen Leute. Er wußte, daß Preias Schweigen als kühles Abschätzen ihrer Chancen zu deuten war. Die Armee, die sich anschickte, ihr Heimatland anzugreifen, war eine Lawine, die nicht leicht abzuwenden sein würde.
Er nahm sich Zeit, um die Szene in aller Ruhe zu studieren. Er registrierte, wo Nahrungsmittel, Ausrüstung und Waffen lagen. Er zählte Belagerungsmaschinen und Katapulte. Er bemühte sich, die Banner der Kompanien zu erkennen, die gegen ihn kämpfen würden, und er schätzte die Stärke von Reiterei und Fußsoldaten ab. Er beobachtete, wie sich von Norden und Süden aus der Ebene von Streleheim mehrere Packzüge näherten. Sorgfältig wägte er seine Möglichkeiten ab.
Dann kletterte er wieder hinab und ritt gemeinsam mit Preia zu seiner Hauptstreitmacht zurück. Er rief seine Befehlshaber und Berater zusammen, um Kriegsrat zu halten.
Sie versammelten sich in einem Zelt, das etwas abseits der Frontlinie der Elfensoldaten aufgestellt worden war. Die Elfengarde sorgte dafür, daß sie ungestört blieben. Preia war natürlich anwesend, ebenso wie Bremen. Kier Joplin hatte den Befehl über die Reiterei, Rustin Apt und Cormorant Etrurian den über die Fußsoldaten. Außerdem waren die Befehlshaber Prekkian von der Schwarzen Wache und Trewithen von der Elfengarde anwesend. Dies war das Herz seines Kommandos, die Männer, auf die er sich hauptsächlich stützte. Wenn sie überhaupt eine Chance gegen die Armee haben wollten, die sich gegen sie rüstete, dann mußte er sie überzeugen.
»Ich bin erfreut, euch zu sehen, meine Freunde«, grüßte er. Er hatte seine Waffen jetzt abgelegt und stand locker und gelöst vor ihnen. Sie saßen im Kreis, so daß er sie alle sehen oder direkt ansprechen konnte, falls es nötig sein sollte. »Ich bin am Taleingang gewesen und habe die Armee gesehen, die uns bedroht. Ich denke, unser Plan ist klar. Wir müssen angreifen.«
Rufe der Überraschung und des Widerwillens wurden laut - er hatte es erwartet. »Bei Nacht«, rief er in das plötzliche Getöse. »Jetzt!«
Rustin Apt sprang auf. Er war älter geworden und kraftvoll, von so breiter und kompakter Statur, daß es den Anschein hatte, als könnte ihn nichts fortbewegen, wenn er seinen Fuß erst einmal irgendwo hingesetzt hatte. »Mylord, nein! Angreifen? Das könnt Ihr nicht…«
»Immer mit der Ruhe, Rustin.« Der König schnitt ihm mit einer scharfen Handbewegung das Wort ab. »In der richtigen Situation kann ich alles. Du kennst mich gut genug. Also hört jetzt alle einen Augenblick zu. Die Nordlandarmee schmachtet vor uns, fett und unverfroren hält sie sich für unbesiegbar und denkt niemals daran, daß jemand mit ihr spaßen würde. Sie glaubt, daß wir uns hinter unserer Verteidigungslinie in Sicherheit bringen. Aber sie wird größer und größer, und unsere Elfenjäger bemerken es
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