Shannara VII
Anhänger waren auf die Zwerge gestoßen und hatten versucht, ihre Reihen zu durchbrechen. Aber der Versuch war mißlungen, und Rayburs Männer hatten sie zurückgedrängt. So hatte der Dämonenlord den Rest seiner Armee um sich geschart und sich auf die jetzige Position zurückgezogen. Die Zwerge standen zu einem neuen Angriff bereit. Beide Seiten warteten.
Jerle Shannara wunderte sich. Worauf warteten sie?
Die Erkenntnis kam rasch. Auf mich, dachte er. Auf das Schwert von Shannara.
Er begriff jetzt, daß hier alles enden würde, hier auf der Ebene von Streleheim, auf diesem bereits blutgetränkten Boden. Er würde dem Dämonenlord im Kampf entgegentreten, und einer von ihnen würde getötet werden - so war es vorherbestimmt und bereits vor langer Zeit vom Schicksal entschieden.
Er sah die anderen an, verwundert darüber, wie ruhig er sich fühlte. »Er sitzt in der Falle. Er kann nicht entkommen. Die Zwerge haben ihm die Flucht in das tiefe Nordland unmöglich gemacht, und jetzt muß er sich uns stellen.«
Risca hob seine Streitaxt. »Lassen wir ihn nicht warten.«
»Einen Moment.« Es war Bremen, der so alt und abgehärmt wirkte, daß er sich in dem verschwindenden Licht des Nachmittags selbst nicht mehr ähnlich sah; ein mitgenommener alter Kauz, der sich nur noch auf seine Entschlossenheit stützen konnte. »Er wartet auf uns, allerdings. Er will, daß wir kommen. Wir sollten uns eine kleine Pause gönnen.«
Risca sagte trotzig: »Er hat keine andere Wahl als zu warten. Was bekümmert dich, Bremen?«
»Denk nach, Risca. Er sucht den Kampf mit uns, weil er glaubt, daß er noch entfliehen kann, wenn er gewinnt.« Der Blick des alten Mannes wanderte von einem Gesicht zum anderen. »Wenn er uns alle zerstört, die letzten Druiden und auch den König der Elfen, würde er fast alle Gefahren beseitigen, die ihn bedrohen. Er könnte sich dann verstecken, sich wieder erholen und schließlich zurückkehren.«
»Er wird mir nicht entwischen«, brummte Risca dumpf.
»Unterschätze ihn nicht, Risca«, warnte der alte Mann. »Unterschätze nicht die Macht der Magie, über die er verfügt.«
Sie schwiegen. Risca erinnerte sich daran, wie nahe er dem Tod gekommen war, als er das letzte Mal versucht hatte, sich dem Dämonenlord entgegenzustellen. Er sah den alten Mann an, dann ließ er den Blick über die dunstige Ebene schweifen. »Was schlägst du also vor? Daß wir nichts tun?«
»Nur, daß wir vorsichtig sind.«
»Warum sollten wir etwas anderes sein?« Riscas Stimme war voller Ungeduld. »Wir verschwenden nur Zeit! Wie lange sollen wir hier noch stehenbleiben?«
»Er wartet auf mich«, sagte Jerle Shannara plötzlich. »Er weiß, daß ich zu ihm kommen werde.« Die anderen blickten ihn an. »Er wird gegen mich kämpfen, weil er glaubt, daß es der einfachste Weg für ihn ist. Er hat keine Angst vor mir. Er glaubt, daß er mich problemlos vernichten kann.«
Der alte Mann sagte nichts. Preia Starle trat einen Schritt nach vorn. »Du wirst nicht allein zu ihm gehen. Wir werden bei dir sein.«
»Wir alle!« schnappte Risca, der nicht zurückstehen wollte.
»Aber es liegt große Gefahr darin«, warnte Bremen wieder, »wenn wir alle zusammen kommen. Wir sind müde und abgekämpft. Wir sind nicht so stark, wie wir eigentlich sein sollten.«
Mareth trat jetzt vor, mit energischem Schritt. »Wir sind stark genug, Bremen.« Sie nahm ihren Druidenstab fest in beide Hände. »Du kannst nicht erwarten, daß wir einfach hier stehenbleiben und zusehen.«
»Wir sind einen langen Weg gekommen, um das Ende zu sehen«, echote Kinson Ravenlock. »Dies ist auch unser Kampf.«
Sie alle starrten jetzt den alten Mann an, warteten darauf, daß er sich äußerte. Er sah sie an, ohne sie zu sehen, sein Blick war weit in die Ferne gerichtet und wirkte verloren. Er schien etwas zu bedenken, was jenseits ihres Begreifens lag, weit entfernt vom Hier und Jetzt, etwas, das über die bevorstehende Gefahr hinausging.
»Bremen«, sagte der König sanft. Er wartete, bis die müden Augen sich wieder auf ihn richteten. »Ich bin bereit. Zweifle nicht an mir.«
Der Druide starrte ihn einen langen Augenblick an, dann ergab er sich müde und nickte. »Wir werden tun, was du willst, Elfenkönig.«
Risca ließ Flaggen auf die Speerspitzen stecken, um Raybur zu benachrichtigen, was sie vorhatten. Sofort erschien ein Zeichen als Antwort. Die Zwerge würden auf das Kommando des Elfen hin vordringen. Der Weg in den Norden war blockiert für jeden,
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