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Shannara VII

Titel: Shannara VII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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die ganze Erde bedecken konnte!
    Der Schiffbrüchige wand sich unter ihr, und einen Augenblick lang löste sich der Griff, mit dem sie ihn hielt, da sie kurz die Konzentration verlor. Rasch brachte sie ihr Lied wieder zum Einsatz und drang noch tiefer in seinen Kopf ein, um ihn unter Kontrolle zu bekommen.
    Wer bist du? Sag deinen Namen! Sein Körper zuckte, und der Mann gab schreckliche Geräusche von sich. Sag ihn mir!
    Er antwortete, und nun verstand sie die Bedeutung des Armbands.
    Was hattest du noch bei dir? Was noch?
    Er kämpfte gegen sie an, obwohl er nicht begriff, wogegen er sich eigentlich wehrte; er wusste nur, dass es sein musste. Es war nicht ausschließlich seine Idee, sich zu wehren, das spürte sie; da hatte ihm offensichtlich jemand dieses Bedürfnis eingeimpft, oder es war durch ein Ereignis ausgelöst worden. Aber sie handhabte ihre Magie mit Kraft und Sicherheit, und ihm mangelte es an den Möglichkeiten, ihr zu widerstehen.
    Eine Karte sah sie. Eigenhändig hatte er sie auf eine alte Tierhaut gezeichnet. Eine Karte, begriff sie, die nicht länger bei ihm war, sondern auf dem Weg nach Arborlon und zum Elfenkönig.
    Sie versuchte zu erkennen, was auf die Karte gezeichnet war, und für einen Augenblick konnte sie ein vages Bild aus seinem Ächzen und Stöhnen rekonstruieren. Dabei erhaschte sie einen Blick auf Namen und Symbole, erkannte eine gepunktete Linie, die Inseln vor der Küste von Westland und in der Blauen Spalte verband. Diese Linie verfolgte sie bis zu den Säulen aus Eis und dem Land, in dem das Versteck lag. Aber Wörter und Zeichnungen gingen verloren, als er erneut zusammenzuckte. Seine Stimme war erschöpft, sein Kopf leer, und sein Körper war schlaff und reglos.
    Sie beendete ihr Lied und trat von ihm zurück. Alles, was sie von ihm bekommen würde, hatte sie sich geholt, und was sie erfahren hatte, genügte, um zu wissen, was notwendig war. Einen Augenblick lauschte sie in die Stille hinein und versicherte sich, dass ihre Anwesenheit noch nicht bemerkt worden war. Der schiffbrüchige Elf lag auf seinem Lager und regte sich nicht, hatte sich so tief in sich zurückgezogen, dass er niemals wieder hervorkommen würde. Vielleicht würde er überleben, sich jedoch niemals wieder erholen.
    Sie schüttelte den Kopf. Es war sinnlos, ihn so zurückzulassen.
    Kael Elessedil, Sohn der Königin Aine und einst Thronanwärter der Elfen. Das hatte sich vor ihrer Zeit zugetragen, aber sie kannte die Geschichte. Seit dreißig Jahren wurde er vermisst, und so endete sein armseliges Schicksal.
    Die Ilse-Hexe trat näher, warf die Kapuze zurück und enthüllte das Gesicht, das nur wenige je zu sehen bekamen. Sie ähnelte in nichts dem, was man hinter der Kleidung vermuten mochte. Sehr jung war sie, kaum eine erwachsene Frau, und sie hatte langes und dunkles Haar, ihre Augen funkelten blau, und ihr Gesicht war glatt und anmutig. Als sie ein Kind gewesen war - damals hatte sie noch den Namen getragen, den sie heute nicht mehr aussprach -, hatte sie in den Spiegel geschaut, den das Wasser in einer kleinen Bucht des Baches bildete, der nicht weit von ihrem Zuhause floss, und sich vorgestellt, wie sie aussehen würde, wenn sie erwachsen war. Damals, als es ihr wichtig gewesen war, hatte sie sich nicht vorstellen können, hübsch zu werden. Auch heute hielt sie sich nicht für hübsch, doch spielte es keine Rolle mehr für sie.
    Sie beugte sich vor, um den kranken Mann auf die Lippen zu küssen, und in Gesicht und Augen lagen Wärme und Zärtlichkeit. Der Kuss dauerte lange genug, damit sie ihm den Odem aus der Lunge saugen konnte, und dann starb er.
    »Ich wünsche dir Frieden, Kael Elessedil«, flüsterte sie ihm ins Ohr.
    Danach verließ sie das Haus des Heilers auf dem gleichen Weg, auf dem sie gekommen war, und hüllte sich wieder in ihre Kapuze. Ihre schemenhafte Gegenwart lenkte niemandes Aufmerksamkeit auf sie. Die Helfer würden erwachen, nachdem sie gegangen war, und nicht wissen, dass etwas geschehen war, dass sie geschlafen hatten und dass die Zeit verstrichen war.
    Inzwischen sortierte die Ilse-Hexe die Bilder, die sie erhalten hatte, und überlegte sich, welche Möglichkeiten sich ihr boten. Die Magie, die Kael Elessedil entdeckt hatte, war unbezahlbar. Obwohl sie nicht einmal wusste, woraus sie bestand, spürte sie das. Natürlich wollte sie diese Magie besitzen. Deshalb musste ihr das gelingen, was er nicht geschafft hatte - sie finden und für sich beanspruchen. Gewiss wurde sie auf

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