Shannara VII
irgendeine Weise bewacht, wie es bei einer solchen Magie notwendig war, aber es gab keine Schutzvorrichtungen, die sie nicht überwinden konnte. Ihr Vorgehen war bereits beschlossen, nur die Einzelheiten bedurften noch der Klärung.
Was sie begehrte, selbst wenn sie es nicht wirklich brauchte, um zum Erfolg zu gelangen, war die Karte. Sie schlich durch das dunkle Bracken Clell und grübelte, auf welche Weise sie in ihren Besitz kommen könnte. Der Flugreiter hatte die Karte zusammen mit Kaels Armband zu Allardon Elessedil gebracht. Der Elfenkönig würde die Wichtigkeit der beiden Stücke erkennen, doch wäre er nicht in der Lage, die Worte auf der Karte zu verstehen. Und außerdem hätte er nicht den Vorteil, die Gedanken seines nunmehr verstorbenen Bruders zu kennen. Er würde bei jemand anderem Hilfe suchen, um die geheimnisvollen Symbole, die sein Bruder gefunden hatte, zu entziffern.
An wen würde er sich wenden?
Sie kannte die Antwort auf die Frage bereits, ehe sie ganz zu Ende gedacht war. Es gab nur einen, den er fragen konnte. Einen, der es bestimmt wissen würde. Ihr Feind, einarmig und mit dunklen Brauen, an Körper und Seele verkrüppelt. Ihre Nemesis, die ihr in der Kunst der Ausübung roher Magie das Wasser reichte.
Sofort begriff sie, was das bedeutete. Daraus würde sich ein Wettstreit bei der Suche entwickeln, und Zeit wäre von nun an ein kostbares Gut. Den Luxus von Sorgfalt und Vorsicht bei der Planung konnte sie sich nicht leisten. Sie würde sich einer Herausforderung stellen müssen, die sie wie nichts bisher auf die Probe stellte.
Sogar der Morgawr würde sich vielleicht in einen Streit dieser Größenordnung einmischen wollen.
Während ihrer Überlegungen war sie deutlich langsamer geworden, und jetzt beschleunigte sie ihren Schritt wieder. Sie war mit ihren Gedanken der Wirklichkeit ein Stück zu weit voraus. Ehe sie in den Wildewald zurückkehren konnte, musste sie die Sache hier beenden. Sie musste die losen Enden verknüpfen. Ihr Spion wartete, weil er den Wert seiner Nachricht erfahren wollte. Natürlich freute er sich auf Lob für seinen Fleiß und einen Lohn für seine Mühen. Für beides wollte sie sorgen.
Dennoch schweiften ihren Gedanken, während sie still durch den Ort ging und sich der Wohnung ihres Spions näherte, immer wieder zu der Konfrontation, die ihr bevorstand und die sich in einer Zeit abspielen würde, die jetzt noch in der Ferne lag, an einem Ort, der womöglich weit von den Ländern entfernt war, durch die sie gerade reiste. Eine Konfrontation des Willens, der Magie und der Schicksale. Sie und ihre Widersacher würden um die Überlegenheit kämpfen, genauso wie sie es sich immer erträumt hatte - das Bild brannte in ihren Gedanken wie eine glühende Kohle und entfachte ihre Fantasie.
Ihr Spion wartete, als sie bei ihm eintrat. »Gebieterin«, begrüßte er sie und ließ sich gehorsam auf ein Knie nieder.
»Erhebe dich«, befahl sie.
Er richtete sich auf, hielt nur den Blick und den Kopf gesenkt.
»Du hast deine Sache gut gemacht. Was du mir gezeigt hast, öffnet mir Türen, von denen ich nur geträumt habe.«
Sie beobachtete, wie er vor Stolz strahlte und sich die Hände voller Erwartung der Belohnung rieb, die sie ihm nun gewiss geben würde. »Danke, Gebieterin.«
»Es ist an mir, mich zu bedanken«, erwiderte sie, griff in ihre Robe und zog einen Lederbeutel hervor, in dem es verlockend klimperte. »Öffne ihn erst, nachdem ich gegangen bin«, sagte sie leise. »Ich wünsche dir Frieden.«
Ohne weiteren Aufschub verließ sie ihn, denn sie hatte ihre Aufgaben beinahe erledigt. Sie ging aus dem Ort hinaus zu der verrottenden Hütte, die ihrem Spion gehörte, ließ die Vögel frei und schickte sie in den Wildewald zurück. Dort würden sie bereits in ihrem Unterschlupf warten, wenn sie zurückkehrte. Den Spion würde sie nicht mehr brauchen. Dem Beutel mit Gold hatte sie eine winzige Schlange beigefügt, deren Gift so tödlich war, dass schon ein kleiner Ritzer ausreichte. Ihr Spion würde nicht bis morgen früh warten, um die Münzen zu zählen; er würde es noch heute Nacht machen. Natürlich würde man ihn finden, aber bis dahin wäre die Schlange verschwunden. Das Geld wäre vermutlich genauso schnell weg. In einem Viertel wie dem, in dem der Spion lebte, war es wohl bekannt, dass Tote kein Gold mehr brauchten.
Sie dachte nicht mehr über die Angelegenheit nach, als sie sich auf den Rückweg zu ihrem Würger machte. Obwohl sie viele hatte und diese
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