Shannara VII
eine heimtückische Gegend, in der den Gerüchten zufolge Kreaturen von außerordentlicher Macht und bemerkenswerter Magie lebten. Südlich des Sumpfes erstreckte sich über Hunderte von Meilen das Tiefland von Battlemound, ein schreckliches Land, das von Sirenen bevölkert war, tödlichen Pflanzen, die ihren Opfern auflauerten, indem sie Stimmen und Gestalten nachahmten und die solcherart Hypnotisierten mit ihren tentakelartigen Wurzeln packten, betäubten und in aller Ruhe verspeisten.
Keinem dieser Wesen wollten die beiden Cousins unbedingt begegnen, aber man konnte ihnen nur schlecht ausweichen, wenn man die Route unterhalb des Regenbogensees wählte. Jeder andere Weg würde sie oben um den Regenbogensee herumführen und mindestens drei zusätzliche Tage kosten - und außerdem natürlich eigene Gefahren bergen. Weiter nach Süden zu reiten würde einen Umweg von mehr als hundert Meilen bedeuten, und dann kamen sie fast an der prekkendorranischen Höhe vorbei, einem Ort, an den es nun wirklich niemanden mit gesundem Verstand zog.
Aber dies hatte die Föderation während der Besatzungszeit in Leah sehr wohl erkannt und Straßen durch Clete und die Schwarzen Eichen gebaut, um die Beförderung von Männern und Ausrüstung zu erleichtern. Viele dieser Straßen wurden heute vernachlässigt und konnten nicht mehr von Wagen benutzt werden, für Reiter waren sie allerdings weiterhin passierbar. Quentin, der Ältere der zwei, hatte die Länder, durch die sie ziehen wollten, eingehender erkundet und zeigte sich zuversichtlich, dass sie den Weg zum Anar ohne Schwierigkeiten finden konnten.
Das gute Vorankommen am ersten Tag bestätigte diese Voraussage. Gegen Mittag hatten sie das Hochland verlassen und waren in den tristen Morast von Clete geritten. Sonne und Himmel verschwanden, und die beiden Vettern wurden unter einem trostlosen Grau aus Nebel und Dunkelheit begraben. Die Straße hingegen blieb sichtbar, also zogen sie weiter. Sie verlangsamten den Schritt, als das Gelände heimtückischer wurde, Gebüsch und Äste der Bäume kamen so nahe, dass sie gezwungen waren, sich zu ducken, während sie die Pferde immer wieder um Treibsand und Dornensträucher lenken mussten. Um sie herum bewegten sich Schatten, von denen manche durch das Spiel des Lichts entstanden, andere von Wesen geworfen wurden, denen es irgendwie gelang, in diesem verwunschenen Land zu überleben. Sie hörten Geräusche, die sie jedoch nicht identifizieren konnten. Ihr Gespräch erstarb, die Zeit schien sich endlos zu dehnen. Ihre ganze Aufmerksamkeit war darauf gerichtet, sicher auf der Straße zu bleiben.
In der Abenddämmerung hatten sie das Tiefland ohne Zwischenfall hinter sich gebracht und betraten nun die Unheil verkündende Finsternis der Schwarzen Eichen. Die Straße hier war ebener und mehr bereist, der Weg offen und klar, und so ritten sie in ein Labyrinth sich stetig verlängernder Schatten. Im Zwielicht hielten sie auf einer Lichtung an und schlugen das Nachtlager auf. Sie machten Feuer, bereiteten ihre Mahlzeit zu, aßen und rollten ihr Schlafzeug aus. Die Vettern scherzten und lachten und erzählten sich eine Zeit lang Geschichten, ehe sie einschliefen.
Der Schlaf dauerte bis Mitternacht, als es so heftig zu regnen begann, dass die Lichtung innerhalb weniger Minuten überflutet war. Bek und Quentin schnappten sich ihre Ausrüstung und retteten sich unter eine große Konifere, wo sie sich mit ihren Reisemänteln zudeckten, derweil sie unter einem Baldachin federartiger Äste saßen und dem Regen zuschauten, der ohne Unterlass bis zum Morgen niederging.
Nach dieser Nacht waren sie steif und verspannt und hatten kaum geruht, trotzdem setzten sie ihre Reise ohne Klagen fort. Unter anderen Umständen hätten sie bessere Ausrüstung bei sich gehabt, doch keiner der zwei hatte sich mit einem Packtier belasten wollen, und so hatten sie nur das Notwendigste mitgenommen. Einige feuchte, kalte Nächte im Verlauf einer Woche waren akzeptabel, wenn man dadurch einige Tage einsparte. Sie nahmen ein kaltes Frühstück zu sich und ritten den ganzen Morgen durch die Schwarzen Eichen, bis der Regen am Nachmittag nachließ und sie das Tiefland von Battlemound erreichten. Hier wandten sie sich nach Süden, weil sie nicht das Risiko auf sich nehmen wollten, durch den Nebelsumpf zu ziehen; sie würden diesen umgehen, im Osten herauskommen und sich dann wieder nach Norden wenden, in Richtung Silberfluss.
Bei Sonnenuntergang hatten sie ihr Ziel fast erreicht,
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