Shannara VII
waren die so genannten Ambientlicht-Segel oder auch Streulichtsegel für das Überleben des Schiffes von höchster Wichtigkeit. Die Lichtenergie aus den Segeln wurde von Leinen übertragen, die Strahlungssammler hießen. Diese Sammler führten die Hitze hinunter zum Deck und in Behälter, die Trennröhren, in denen sich die Diapsonkristalle befanden. Die Kristalle konnten, wenn sie richtig bearbeitet worden waren, die Lichtenergie aufnehmen und in eine Kraft umwandeln, mit der das Schiff angetrieben und gesteuert wurde. Durch das Ent- und Verhüllen der Kristalle bestimmte man die Stärke des Schubs und die Richtung des Schiffes.
Redden Alt Mer ließ das alles von Bek wiederholen, nachdem er geendet hatte, Wort für Wort. Der Junge, den dieser Prozess faszinierte und der genau verstehen wollte, wie er funktionierte, tat dies fehlerfrei. Der Fahrende war zufrieden. Die Prinzipien des Luftschiff-Fluges zu verstehen war grundlegend dafür, wenn man ein solches Gefährt richtig steuern wollte, was die Schiffsführer der Föderation jedoch noch nicht erkannt hatten. Wie man genau ent- und verhüllte, wie man auf dem Wind dahinglitt, wie man Luftlöchern und Lichtlücken auswich, die die Bewegungen des Schiffes von einem Augenblick zum nächsten vollkommen verändern konnten, war nicht leicht zu beherrschen. Fahrende wurden in Freiheit geboren, und sie waren zum Fliegen besser geeignet als andere Männer.
Oder Frauen - denn gerade trat eine große Rothaarige, die Redden Alt Mers Zwillingsschwester hätte sein können, zu ihnen. Dem Kapitän gelang es gerade noch, seinen Fauxpas zu verhindern, indem er seine Schwester, Rue Meridian, als die beste Luftschiff-Führerin vorstellte, die er jemals kennen gelernt hatte, und außerdem würde sie besser kämpfen als jeder Mann, mit dem er je zu tun gehabt hatte. Gegenüber Rue Meridian mit ihrem umwerfenden Aussehen und ihrer nüchternen, keinen Unfug duldenden Art, ihrer Zuversicht, ihren lächelnden Augen und ihrem Lachen fühlte sich Bek unbeholfen und schüchtern. Gleichzeitig jedoch auch irgendwie wohl. Sie stellte ihn nicht auf die Probe wie ihr Bruder und ließ auch keine Zweifel an seinem Recht erkennen, hier zu sein. Stattdessen sagte sie einfach, sie sei froh, ihn an Bord zu haben. Dennoch spürte Bek diesen eisenharten Kern hinter der freundlichen Fassade.
Sie unterhielt sich eine Weile mit ihnen, dann ging sie und beaufsichtigte das Beladen des Schiffes. Dabei hinterließ sie eine Leere in Bek, die ihn erschreckte.
Unter Redden Alt Mers Führung setzten sie ihren Gang über das Luftschiff fort, und der Fahrende erklärte unterwegs alles. Jedes Mal, wenn er mit einer Erläuterung fertig war, ließ er sie von Bek wiederholen. Und jedes Mal schien er mit der Antwort zufrieden zu sein. So beschrieb er die Steuerkanzel und die Verbindungen zu den Trennröhren, Hauben, Rudern und Hauptsammlern. Meistens erledigte die Mannschaft das Setzen der Segel und das Einstellen der Sammler, doch im Notfall musste alles von der Steuerkanzel aus erledigt werden. Zum Landen gab es Anker und Leinen. Waffen verschiedenster Art befanden sich an Bord; manche waren Handwaffen, andere waren auf Deck befestigt. Der Fahrende führte Bek in die Quartiere und Vorratslager. Er brachte ihn bis zur Spitze der Masten, damit er sah, wie die Segel mit den Sammlern verbunden waren, dann zu den Trennröhren, wo die Sammler in den Diapsonkristallen mündeten. Er erklärte schnell, doch ausführlich. Der Junge sollte etwas lernen, und Bek gab sich im Gegenzug alle Mühe.
Einen Teil des Luftschiffes ließ der Fahrende jedoch aus, eine große rechteckige Kiste, die am vorderen Mast vor der Pilotenkanzel angebracht war. Sie war mit schwarzem Segeltuch abgedeckt und mit einem eigentümlichen, metallenen Draht zwischen Mast und Deck festgezurrt. Mehrmals gingen sie an ihr vorbei, und nach dem dritten oder vierten Mal verlor Bek die Geduld.
»Kapitän, was befindet sich unter dem Segeltuch?«, fragte er und zeigte auf die Kiste.
Der Fahrende kratzte sich am Kopf. »Ich weiß es nicht. Sie gehört dem Druiden. Er hat sie vor zwei Tagen ohne mein Wissen vor der Morgendämmerung an Bord gebracht, und als ich sie entdeckte, meinte er nur, wir müssten sie unbedingt mitnehmen, doch er könne mir nicht sagen, was es ist.«
Bek starrte sie an. »Hat schon jemand versucht, einen Blick unter das Segeltuch zu werfen?«
Der Fahrende lachte. »Ein Junge, wie er mir gefällt! Bei den Schatten, Bek Rowe, du steckst
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