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Shannara VIII

Titel: Shannara VIII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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von ihr auf. So war eben der Lauf der Welt. Sie manipulierte und täuschte auch. Der Junge hatte Recht damit. So sehr unterschied sie sich nicht vom Morgawr, und der Morgawr ähnelte durchaus dem Druiden.
    Aber hätte der Morgawr sie auch über ihre Eltern belogen? Wenn er in der Tat nicht die Wahrheit gesagt hatte, wieso besaß sie dann so deutliche Erinnerungen an den Druiden und seine Diener in dunklen Roben, die in der Dämmerung jenes letzten Tages über sie herfielen? Das fühlte sich nicht richtig an. Es erschien ihr nicht möglich. Der Druide hatte sie nach Paranor holen wollen. Sie erinnerte sich an seine Besuche bei ihrem Vater, an ihre Unterhaltungen und düsteren Warnungen. Nein, er hatte sie zur Waise gemacht und sie verschleppt, genau wie sie es glaubte.
    Dennoch hatte der Junge, der sich für ihren Bruder hielt, Recht. Sie war nun trotzdem eine Art Druide, an einem anderen Ort, in einer anderen Gestalt. Ob sie sich von Walker unterschied, ob sie schlimmer oder besser war, konnte sie nicht sagen. Indem sie ihm entflohen war, hatte sie dem Morgawr erlaubt, sie in das Spiegelbild ihres Feindes zu verwandeln. Ihr Gebrauch der Magie und ihre Bemühungen, Macht anzuhäufen, ähnelten sehr stark seinen Anstrengungen. Wenn er in seinem Streben üble Taten begangen hatte, so stand sie ihm darin in nichts nach.
    Während sie über all dies nachdachte und die Wahrheit darin akzeptierte, wurde sie nur noch wütender auf sich selbst. Aber angesichts der Aufgaben, die vor ihr lagen, hatte sie keinen Platz für Wut. Sie musste die Magie finden, die in Castledown verborgen war, sie in ihren Besitz bringen und zu ihrem Schiff zurückkehren. Außerdem musste sie entscheiden, was sie mit dem Jungen und seinen beunruhigenden Vorwürfen anfangen sollte. Und sie musste ihre Angelegenheiten mit dem Druiden und mit dem Morgawr regeln.
    Dass sie dazu in der Lage war und ihre Pläne wie beabsichtigt ausführen konnte, daran zweifelte sie nicht.
    Doch ob sie wollte oder nicht, langsam begann sie zu zweifeln, weshalb sie das alles tat.
     
    Meilen weiter südöstlich, in deutlichem Abstand zu der Einlassöffnung des Quetschers und seiner Eisfelder, jenseits der Klippen, die einen Anflug von der Blauen Spalte aus verhinderten, lag die Jerle Shannara vor Anker. Sie hatte in einer kleinen Bucht mit bewaldetem Ufer festgemacht, eine von etwa einem Dutzend in der Tiefebene, und Meilen entfernt von dem Punkt, an dem man Walker und die anderen abgesetzt hatte. Die Jerle Shannara fand hier Schutz vor dem winterlichen Wetter, das an der Küste herrschte, und war vor neugierigen Augen verborgen, derweil die notwendigen Reparaturen vorgenommen wurden.
    Rue Meridian saß auf einer Bank am Heck des Schiffes und schaute hinaus auf die schmale Öffnung der Bucht, von wo aus sie einen Blick auf die ferne Blaue Spalte erhaschen konnte. Sie trug eine lockere Hose, ein weites Hemd, Tücher in Rotorange um den Hals und die Stirn und geschmeidige alte knöchelhohe Stiefel. Mit einer Decke schützte sie sich gegen die Kälte. Ruhelos und gelangweilt scharrte sie mit einem Fuß über das Deck und sann wieder einmal über ihre Unzufriedenheit nach. Vor fast einer Woche hatte der Große Rote das Luftschiff über Land hierher gebracht, nachdem die Beinahe-Begegnung mit dem Quetscher fast in einer Katastrophe geendet hatte, und er hatte einen Kurs zurück an die Küste gefunden, indem er Gletscher und Berge und Nebel umging. Vielleicht dauerte dieser Weg länger und war umständlicher als jener durch den Quetscher und den Fluss, dabei war er allerdings auch wesentlich sicherer. Wieder an der Küste, hatten die Fahrenden gekreuzt, um die Flugreiter zu suchen, die sie rasch entdeckten und das Schiff im Gegenzug in diese sichere Bucht geführt hatten. Seitdem beschäftigten sich Fahrende und Flugreiter mit der Reparatur des beschädigten Luftgefährts, während Rue unter Deck gelegen, sich von ihren Wunden erholt und ungestört geschlafen hatte.
    Das alles dauerte endlos an, schimpfte sie im Stillen. Sie betrachtete ihr Bein, das in dem Gefecht mit den Mwellrets die übelste Verletzung davongetragen hatte. Es war genäht und verbunden und heilte gut, doch die Wunde hatte sich noch nicht vollkommen geschlossen, und beim Gehen hatte sie Schmerzen. Der Messerstich an ihrem Arm verheilte besser, und die Kratzer von Krallen auf ihrem Rücken und an ihren Seiten wurden langsam zu Narben, die allerdings für immer bleiben würden. Zu zwei Dritteln war sie also

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