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Shannara VIII

Titel: Shannara VIII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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goldene Licht über den Horizont vorstieß und die Nacht vertrieb. Die Landschaft unter ihnen war erst halb aus dem nächtlichen Schatten aufgetaucht und formte gemächlich Einzelheiten und Farbe aus. Die Luft erwärmte sich in der Sonne, und der Himmel strahlte blau und wolkenlos. Rue Meridian hielt das Gesicht ins Licht und dachte, dass die Welt vielleicht doch freundlicher sei, als sie angenommen hatte.
    Sie flogen den ganzen Tag, legten zwischendurch Rast ein, fütterten und tränkten Obsidian, aßen zu Mittag und reckten die steifen Glieder. Außer kleinen Vögeln und gelegentlich einem Tier des Waldes sahen sie keine Lebewesen. Nach Mittag änderte sich die Landschaft, wurde zerklüfteter und präsentierte sich weniger offen. Vor ihnen ragten kahle Berge zum Himmel auf, ein Höhenzug, welcher das Land in zwei Hälften teilte. In den Ausläufern sahen sie tiefe Seen, die von Bächen aus den Höhen gespeist wurden. Wolken sammelten sich entlang der Gipfel. Im Norden wurde es grau, dort regnete es in Schauern. Im Süden, wo die Klippen und Eisfelder lagen, zeigte sich am Horizont eine schwarze Sturmfront, aus der explosionsartig weiße Blitze aufleuchteten.
    In der Dämmerung erreichten sie die Bucht, in der die Jerle Shannara den Erkundungstrupp vor mehr als zehn Tagen abgesetzt hatte. Sie zogen einen Kreis und blieben, um nicht gesehen zu werden, niedrig über den Baumwipfeln, wo sie gegen das dunkle Bergmassiv nicht zu erkennen waren. Bald entdeckten sie die Umrisse der Schwarzen Moclips, die knapp über dem Wasser Anker geworfen hatte. An ihrem Mast oder in den Fenstern brannten keine Lichter, und auf Deck war keine Bewegung zu erkennen. Hunter Predd ließ Obsidian auf einem offenen Stück Felsen vor einem kahlen Hang landen. Sie stiegen ab und suchten sich eine Stelle, von der aus sie das Luftschiff und die Bucht im Auge behalten konnten.
    Im Westen war die Sonne hinter dem Horizont abgetaucht, das Tageslicht schwand, Schatten breiteten sich aus.
    »Und jetzt?«, fragte Hunter Predd leise.
    Rue Meridian schüttelte den Kopf und starrte wie gebannt auf die Schwarze Moclips. »Vielleicht sollten wir uns die Sache ein wenig genauer anschauen.«
    Also ließen sie Obsidian auf seinem Schlafplatz und machten sich auf den Weg hinunter zum Ufer, wobei sie sich Zeit nahmen und sich vorsichtig durch die tiefe Dämmerung bewegten, um so wenig Lärm wie möglich zu erzeugen. In der Stille der Bucht trug jedes Geräusch über weite Distanz hinweg. Die Kleine Rote hatte scharfe Augen, und sie suchte ihnen den Weg, auf dem sie am geräuschlosesten vorankamen. Fast eine Stunde dauerte der Abstieg, und inzwischen senkte sich die Dunkelheit vollständig über das Land, und am Himmel prangten Mond und Sterne.
    Gut zwischen den Bäumen versteckt, standen die Fahrende und der Flugreiter am Ufer und schauten über die Bucht hinaus zu dem verankerten Luftschiff. Jetzt konnten sie an Bord Bewegung sehen, Wachen und andere Mitglieder der Mannschaft. Sie hörten Stimmen, wenn auch gedämpft. Außerdem brannten Laternen, und auch hinter den Vorhängen in den Kabinen war es hell.
    Nachdem sie eine Zeit dort gestanden hatten, wandte sich Hunter Predd an sie: »Was denkst du?«
    Sie schwieg. Wilde, gefährliche Gedanken gingen ihr durch den Kopf. Denn sie dachte, das Schicksal böte ihnen hier vielleicht eine einzigartige Gelegenheit. Sie waren hergekommen, um die vermissten Mitglieder der Jerle Shannara zu suchen, stattdessen stießen sie auf das Schiff des Feindes.
    Die Ilse-Hexe konnte noch nicht wissen, dass sich die Jerle Shannara von den Mwellrets und den Seeleuten der Föderation befreit hatte, die an Bord als Wache zurückgeblieben waren. Dass sie nun demnach nur mehr über die Schwarze Moclips verfügte, dürfte ihr ebenso unbekannt sein. Sie würde glauben, beide Schiffe befänden sich noch unter ihrer Kontrolle.
    Rue Meridian schürzte die Lippen. Hier lag eine Chance, dem Schicksal zu seiner Ironie zu verhelfen und auf romantische Weise Gerechtigkeit zu üben, wenn sie nur eine Idee hätte, wie dies zu bewerkstelligen wäre.
    Wäre es nicht angemessen, dachte sie, wenn sie die Hexe irgendwie in die gleiche Situation bringen könnte, in die diese die Fahrenden gebracht hatte?
     
    Unbehaglich runzelte die Ilse-Hexe die Stirn und schaute über die Schulter zurück zur dunklen Silhouette der Schwarzen Moclips, die zwischen den Bäumen verschwand. Die Dämmerung hüllte die Bucht in Schatten und ergriff das Luftschiff wie eine

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