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Shannara VIII

Titel: Shannara VIII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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Mühe, seine Spur zu verbergen. Er rannte davon, floh, hatte vielleicht Angst vor ihr, hatte begriffen, wie sehr die Entfernung zwischen ihnen zusammengeschmolzen war. Verängstigte, panische Menschen begingen Fehler. Der Gestaltwandler gehörte unter normalen Umständen nicht zu dieser Sorte, allerdings konnte man diese Umstände wohl kaum normal nennen.
    Ihr gewundener Weg führte sie durch Schluchten und über die Kämme niedriger Berge, auf denen Laubhölzer wuchsen und sich Gebüsche drängten, bis sie schließlich einen offenen Hang erreichte, auf dem sie den Verfolgten so nahe war, dass sie meinte, sie könnte die beiden riechen. Oben am Himmel war die Sonne aufgezogen, wanderte gen Zenit und leuchtete hell und klar an einem wolkenlosen blauen Himmel. Die Ilse-Hexe atmete die warme frische Luft des Waldes ein, eine dünne Schicht Schweiß bedeckte ihr Gesicht und ihre Hände und rann von den Gliedern in die Kleidung. Sie spürte, wie die vertraute Wildnis sie erfüllte. Es war wie manchmal auf der Jagd, wenn sie sich wild und ungezähmt und gefährlich fühlte. Am liebsten hätte sie sich die menschlichen Kleider vom Leib gerissen und gejagt, wie es die Tiere tun. Es dürstete sie nach frischem Blut.
    Auf einer weiten Lichtung, die von altem Bewuchs umgeben war, vereinten sich die Bilder des Jungen wieder mit denen des Gestaltwandlers. Die Aufregung spornte sie erneut an. Die Bilder verrieten ihr, dass die beiden jetzt rannten, um ihr zu entfliehen. Der Junge würde von ihrem Kommen wissen. Er würde sich fragen, was er zu seinem Schutz tun konnte, wenn sie die zwei einholte. Natürlich würde er lügen und seine Geschichte aufs Neue erzählen. Aber er ahnte sicherlich bereits, wie sinnlos es war, sie ein zweites Mal täuschen zu wollen. Bestimmt war ihm klar, was sie mit ihm anstellen würde.
    Es konnten nur noch einige hundert Meter sein. Viel mehr jedenfalls nicht, dann hätte sie die beiden erreicht. Sie befanden sich direkt vor ihr.
    Plötzlich betrat sie eine Wiese, die von gelben und blauen Wildblumen übersät war. Die Blumen wogten wie ein Meer im Wind, und die Spur, der sie so eifrig folgte, war verschwunden. Einen Augenblick lang mochte sie es nicht glauben. Sie lief weiter, drängte ungläubig voran, überquerte die Wiese bis zur anderen Seite und versuchte zu begreifen, was geschehen war. Dann blieb sie stehen. Die Bilder waren noch da, so erkennbar wie zuvor, klar und deutlich. Aber sie waren überall, auf der ganzen Wiese, zwischen den Bäumen am Rande, Tausende, ein einziges Flimmern von Hitze und Licht. Es schien, als hielten sich der Gestaltwandler und der Junge überall zur gleichen Zeit auf, als wären sie in alle Richtungen auf einmal gelaufen.
    Was allerdings unmöglich war.
    Und keinesfalls real.
    Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen, dann atmete sie langsam aus. Daraufhin langte sie in ihre Kapuze und strich eine Locke ihres dicken, dunklen Haares zurück, blickte von einem Ende der Wiese zum anderen und suchte im Schatten unter den Bäumen. Niemand zu sehen. Der Junge und sein Beschützer waren woanders, und mit jeder Sekunde, die verstrich, entzogen sie sich weiter der Bedrohung.
    Trotzdem musste sie lächeln. Sie hatte geglaubt, die beiden in Panik versetzt zu haben, doch der Gestaltwandler und der Junge waren klüger. Da sie davon ausgingen, dass die Ilse-Hexe bei der Verfolgung ihre Magie einsetzen würde, hatten sie sich durch den Gebrauch ihrer eigenen revanchiert. Oder, besser gesagt, wenn sie das hier richtig verstand, hatte der Junge seine Magie benutzt. Damit hatte er ihre Bilder erzeugt und sie überall verstreut. Sie konnte herausfinden, welches das richtige Paar war, bloß würde sie das Zeit kosten. Ein Stück weiter vorn würden sie das gleiche Spiel wiederholen, und jedes Mal, wenn sie gezwungen wäre, eines dieser Rätsel zu lösen, würden die beiden an Vorsprung gewinnen.
    Gewiss setzten sie darauf, dass es ihr an den Fähigkeiten eines Fährtenlesers mangelte und sie ihre Gegner nicht anhand der Fußabdrücke und Spuren verfolgen konnte, wenn ihre Magie nutzlos war. Damit hatten sie Recht. Ihre Magie war alles, was sie hatte, und das musste genügen.
    Im Schneidersitz ließ sie sich auf dem Boden nieder, lehnte sich an eine Eiche, betrachtete die Wiese und überlegte sich die Sache. Sicherlich würde sie die beiden erwischen. Nichts, was sie versuchten, konnte sie lange von ihrer Spur abbringen. Wichtiger war es, nicht hektisch und unüberlegt zu handeln. Sie

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