Shannara VIII
Teil der Welt und etwas Neues über das Leben kennen zu lernen. Was nun, wenn ihn dies das eigene Leben gekostet hatte?
Bek knetete niedergeschlagen die Hände und starrte in die Bäume, in das zunehmende Sonnenlicht, in den neuen Tag, und seine Entschlossenheit verhärtete sich zu Gewissheit. Er musste Quentin finden. Vielleicht noch ehe er Walker fand, denn ohne Frage war Quentin von beiden der Wichtigere für ihn. Wenn sie auf dieser fremden Insel gestrandet waren, wenn ihre Luftschiffe tatsächlich verloren und ihre Gefährten tot waren, würden sie wenigstens dem Schlimmsten zu zweit entgegensehen. Das, was vor ihnen lag, allein zu meistern, vermochte sich Bek nicht vorzustellen.
Coran Leah hatte die beiden abwechselnd angeblickt und sie dazu gedrängt, die Abenteuer gemeinsam zu bestehen. Sie selbst hatten es sich ebenfalls versprochen - vor langer Zeit, in Arborlon, als sie sogar noch die Gelegenheit hatten umzukehren.
Erschöpft seufzte er. Immerhin hatte er Truls Rohk, der ihm half. So eigenartig und beängstigend der Gestaltwandler sein mochte, er hatte sich als Freund erwiesen. War sein Leben auch widersprüchlich verlaufen, stellte er dennoch das verlässlichste und tauglichste Mitglied der Schiffsbesatzung dar. Auf ihn konnte sich Bek verlassen, und dieser Gedanke tröstete ihn.
Weil er sonst nichts hatte, das ihn trösten könnte, gestand er sich ein. Weil man manchmal Trost annahm, egal von wem er gespendet wurde.
Truls Rohk blieb nicht lange fort. Das Licht hatte die Nacht kaum verscheucht, da trat er mit flinken Bewegungen geduckt aus den Bäumen hervor.
»Auf, auf«, zischte er rau und zog den Jungen auf die Beine. »Deine Schwester ist uns auf der Spur und holt schnell auf.«
Bek versuchte, sich die Angst weder in den Augen noch in der Stimme anmerken zu lassen und so normal wie möglich zu atmen, während er in die Richtung blickte, aus welcher der Gestaltwandler gekommen war. Dann rannten sie zwischen die Bäume und waren verschwunden.
Kapitel 4
Die Ilse-Hexe war ungefähr hundert Schritte in den Wald vorgedrungen und hatte Cree Bega und die anderen Mwellrets hinter sich gelassen, da blieb sie erst einmal stehen und ordnete ihre Kleider. Sie zog ein Stück geflochtener Kordel hervor, schlang es um die Schultern, über den Körper und zwischen den Beinen hindurch und band auf diese Weise die Robe hoch, damit sie sich leichter durch das dichte Dickicht bewegen konnte. Die Robe, die sie ausgewählt hatte, war leicht und trotzdem widerstandsfähig, und der Stoff würde nicht so leicht zerreißen. Da sie erwartet hatte, in den Ruinen von Castledown herumzuklettern, hatte sie die Sandalen gegen knöchelhohe Stiefel mit kräftiger Sohle getauscht. Zwar hatte sie diese Dinge aus ganz anderem Grund angezogen, trotzdem zahlte sich ihre Voraussicht nun aus. Schon früher war sie auf die Jagd gegangen, wenngleich nach anderem Wild, und sie wusste, wie wichtig es war, gut vorbereitet zu sein.
Kurz schweiften ihre Gedanken ab zu jenen Tagen, die sie so tief in ihrem Kopf vergraben hatte, bis der Junge sie aufs Neue mit dieser Vergangenheit konfrontiert hatte. Als Grianne Ohmsford war sie oft durch die Wälder und Hügel ihrer Heimat gestreift und hatte gelernt, die Magie des Wunschlieds einzusetzen. Eine der Übungen, die sie regelmäßig machte, war das Fährtenlesen. Mit Hilfe ihrer Magie spürte sie Hinterlassenschaften eines vorbeigelaufenen Tieres auf und folgte ihnen dann bis zu dessen Bau. Ihr Gesang, so fand sie heraus, färbte die Reste von Körperwärme und Bewegung und zeigte ihr auf diese Weise, wo das Tier entlanggelaufen war, wenn die Spur nicht zu alt war. Abdrücke und andere Hinweise, an denen sich Fährtenleser orientieren, konnte sie nicht deuten, doch die Fähigkeit, Hitze und Bewegung zu verfolgen, erfüllte den gleichen Zweck. Sie hatte es darin zu einer erstaunlichen Fertigkeit gebracht, ehe sie geraubt wurde.
Erneut dachte sie an den Jungen. Er beunruhigte sie mehr, als sie sich eingestehen wollte. Das Haar und die Augen mochten tatsächlich zu Bek passen. Sogar seine Gestik und Mimik waren ihr vertraut. Und diese Spur von Magie, die sich am Ende gezeigt hatte - dabei handelte es sich um das Wunschlied. Niemand hätte diese drei Eigenschaften gemeinsam aufweisen können, außer eben Bek. Wie hoch standen die Chancen eines solchen Zufalls? Wie lange hatte der Druide suchen müssen, um eine solche Kombination zu entdecken? Allerdings sollte sie berücksichtigen, dass er außer
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