Shannara VIII
mit einer Geste.
»Lasst mich jetzt allein. Nehmt Grianne und geht zurück zum Höhleneingang. Nachdem ich gestorben bin, folgt dem Gang, der stets nach links bis zur Oberfläche führt. Sucht die anderen, die noch leben - die Fahrenden, Ahren Elessedil, Ryer Ord Star. Quentin Leah vielleicht. Ein oder zwei weitere, die Glück hatten. Fliegt nach Hause. Verweilt nicht länger hier. Antrax ist erledigt. Die Alte Welt ist zum Besten aller wieder in der Vergangenheit versunken. Die Neue Welt, die Vier Länder, das ist alles, was zählt.«
Truls Rohk verharrte, wo er war. »Ich lasse dich nicht allein. Verlange das nicht von mir.«
Walker sackte das Kinn nach unten, sein dunkles Haar fiel nach vorn und legte sein schmales Gesicht in Schatten. »Ich werde nicht allein sein, Truls. Jetzt geht.«
Truls Rohk zögerte, dann erhob er sich langsam. Bek stand ebenfalls auf, ergriff Griannes Hand und zog sie mit sich. Einen Moment lang rührte sich niemand, schließlich drehte sich der Gestaltwandler wortlos um und ging auf den Höhleneingang zu. Bek folgte ihm schweigend, führte Grianne und schaute über die Schulter zu Walker zurück. Der Druide war am Rand des unterirdischen Sees zusammengesunken, seine dunkle Robe glänzte vom Blut, und nur das langsame, schwache Heben und Senken der Schultern zeigten an, dass er noch lebte. Fast konnte Bek den unerträglichen Drang, zu ihm zurückzukehren, nicht unterdrücken, aber er wusste, das wäre sinnlos. Der Druide hatte seine Wahl getroffen.
Am Höhleneingang schaute sich Truls Rohk nach Bek um, dann blieb er abrupt stehen und zeigte auf den See. »Druidenspiele, Junge«, zischte er. »Sieh dir das bloß an.«
Bek drehte sich erneut um. In der Mitte brodelte und siedete der See, und ein grünes Licht erstrahlte aus seiner Tiefe. Eine dunkle, geisterhafte Gestalt erhob sich aus dem Wasser und schwebte in der Luft. Unter der Kapuze des Mantels zeigte sich ein Gesicht mit dunkler Haut und schwarzem Bart, ein Gesicht, das Bek erkannte, ohne es je gesehen zu haben.
»Allanon«, flüsterte er.
Walker Boh träumte von der Vergangenheit. Er spürte keinen Schmerz mehr, aber seine Erschöpfung war überwältigend, und so wusste er kaum mehr, wo er sich befand. Sein Gefühl für Zeit hatte sich aufgelöst, und das Gestern erschien ihm so gegenwärtig wie das Heute. Deshalb erinnerte er sich daran, wie er ein Druide geworden war, vor so langer Zeit, dass alle, die damals gelebt hatten, längst gestorben waren. Er hatte niemals einer von ihnen werden wollen, hatte den Druiden als Orden niemals getraut. Viele Jahre hatte er allein gelebt, sein Ohmsford-Erbe geleugnet und sich nicht mit anderen Nachfahren getroffen. Doch der Verlust des Arms hatte eine Wendung in seinem Schicksal bedeutet und ihn davon überzeugt, dass das Blutzeichen, das Allanon vor drei Jahrhunderten seinem Vorfahren Brin Ohmsford geschenkt hatte, für ihn gedacht war.
Dies alles war vor langer Zeit geschehen.
Vor so langer Zeit.
Er beobachtete das grüne Licht, das aus den Tiefen des unterirdischen Sees aufstieg und die Oberfläche des Wassers hell zum Glitzern brachte. Er beobachtete, wie es sich ausbreitete und an Intensität zunahm, während sich darunter ein Weg in die Unterwelt öffnete. Es war ein zähes, surreales Erlebnis, das zu einem Teil seiner Träume wurde.
Als im Gefolge des smaragdgrünen Lichtes die verhüllte Gestalt erschien, erfasste er sofort, um wen es sich handelte. Instinktiv wusste er es, genauso, wie er wusste, dass er starb. Mit müder Vorfreude sah er zu, bereit willkommen zu heißen, was ihn erwartete, bereit, die Ketten des Lebens abzuwerfen. Er hatte die Bürde seines Amtes so lange getragen, wie er dazu in der Lage war, und das Beste daraus gemacht. Sicherlich bedauerte er einige seiner Entscheidungen, doch war im Moment dazu nicht die rechte Zeit. Was er vollbracht hatte, würde denen, die es betraf, vielleicht nicht sofort ins Auge fallen, doch im Laufe der Zeit würde es erkennbar werden. Manche würden es begrüßen. Andere würden sich abwenden. Wie auch immer, es lag nicht mehr in seiner Hand.
Die dunkle Gestalt überquerte die Oberfläche des Sees, gelangte zu der Stelle, an der Walker lag, und streckte die Hand aus. Automatisch hob auch Walker die Hand. Allanon starrte ihn aus seinem dunklen Gesicht an und wandte den bohrenden Blick nicht ab. Diese Augen verkündeten Anerkennung und waren ein Versprechen auf Frieden.
Walker
Weitere Kostenlose Bücher