Shannara VIII
diesen Schmerzen nicht weiter begleiten. Du musst ohne mich weitergehen. Such deine Schwester. Sie braucht dich dringender als ich.«
Er schüttelte, plötzlich sehr besorgt, den Kopf. »Ich lasse dich nicht allein. Wie schwer bist du verletzt, Rue? Zeig es mir.«
Sie schob das Kinn vor und stieß ihn abermals von sich. »Nicht so schlimm, dass ich nicht aufstehen und dich verprügeln könnte, wenn du nicht tust, was ich dir sage! Geh Grianne hinterher, Bek! Sofort! Los!«
Sie hörten einen zweiten Explosionsknall, diesmal näher, tiefer und unheilvoller. Bek schaute auf, und in seinen Augen spiegelte sich die Angst um seine Schwester.
»Bek, sie braucht dich!«, zischte Rue wütend.
Er warf ihr einen letzten Blick zu, dann sprang er auf und rannte davon in die Düsternis.
Redden Alt Mer drehte den Bug der Schwarzen Moclips in Richtung der Blauen Spalte, setzte den Kurs, stellte das Steuerrad fest und verließ die Pilotenkanzel. An Deck hisste er alle Segel, spannte die Strahlungssammler, schaute sich die Abdeckschilde der Trennröhren an und überprüfte, ob alles funktionierte und von der Pilotenkanzel aus gesteuert werden konnte. Mit einem kurzen Blick über die Hörner der Rammen hinweg vergewisserte er sich, dass sich an der Lage vorn nichts geändert hatte. Die Flotte lag vor Anker, auf den Schiffen sah man fast keine Bewegung. Dieser Mangel an Weitsicht und Disziplin würde sie teuer zu stehen kommen.
Vor Aden Kett hielt er einen Augenblick inne und schaute dem Kommandanten der Föderation in die toten, blinden Augen. Wie Rue hatte er Kett bewundert und als guten Kapitän und Soldaten geschätzt. Ihn in diesem Zustand mitsamt seinen ganzen Leuten zu sehen, brach dem Großen Roten das Herz. Seine Männer waren nur noch Marionetten, man hatte ihnen jeglichen Verstand und jegliche Entscheidungsfreiheit geraubt. Was für ein ungeheuerliches Verbrechen! Das konnte Redden Alt Mer nicht länger ertragen. Er hatte in seinem Leben genug solcher Untaten gesehen. Vielleicht konnte er dem hier ein Ende setzen.
Er ging zu den Kisten am Heck und holte zwei schwere Taue und zwei Enterhaken heraus. Die Taue knotete er an die Haken, trug jedes an einer Seite zu den Rammen und befestigte die freien Enden an den Klampen. Nachdem er die Taue aufgewickelt hatte, so dass sie zum Gebrauch bereit waren, kehrte er in die Pilotenkanzel zurück.
Nun warf er einen Blick zurück zum Ufer. Spanner Frew und seine Fahrenden standen am Rand der Klippen und sahen ihm offensichtlich ungläubig hinterher. Zumindest riefen sie ihm nicht zu, er solle zurückkommen, was nur unerwünschte Aufmerksamkeit auf ihn gelenkt hätte. Vielleicht hatten sie ja seinen Plan verstanden und schauten nun zu, was passieren würde.
Einen Augenblick lang fühlte er sich an die Prekkendorranische Anhöhe erinnert und an all die Luftkämpfe, die er unter wesentlich schlimmeren Bedingungen überstanden hatte. Der Gedanke, dass er auch diesen Angriff lebend hinter sich bringen könnte, selbst wenn er im Moment nicht erkennen konnte, wie, stärkte seinen Mut. Er blickte hoch zum hellen Morgenhimmel, der sich blau über ihm in die Weite erstreckte, und wünschte, er hätte mehr Zeit gehabt, dieses Leben zu genießen, das es so gut mit ihm gemeint hatte. Aber so lief es nun einmal. Man hatte so viel Zeit, wie einem gegeben war, und machte das Beste daraus. Am Ende ging es nur um das Gefühl, auch wirklich die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben.
Er näherte sich der ankernden Flotte so, dass es schien, als wolle er an der Steuerbordseite vorbeifliegen. Nun bemerkte er auch erste Bewegungen an Bord der anderen Schiffe, wo sich einige Rets an der Reling blicken ließen und zu ihm herüberschauten. Sie erkannten die Schwarze Moclips und fragten sich nur, warum sie weder den Morgawr noch die Mwellrets sahen. Glücklicherweise war Ketts Föderationsmannschaft zu sehen, die Männer, die das Schiff an Land gebracht hatten, trotzdem jedoch würden die Rets in Kürze erste Maßnahmen ergreifen.
Redden Alt Mer schob die Steuerhebel bis zum Anschlag hoch. Damit zog er Energie von den Lichtsegeln auf alle zwölf Strahlungssammler, und die Schwarze Moclips nahm an Geschwindigkeit zu.
Ahren Elessedil hörte die Explosion, während er zusammen mit dem Elfenjäger Kian auf dem Deck der abgetakelten Jerle Shannara stand. Außer Quentin Leah, der von Rue Meridian ruhig gestellt worden war, damit er auch ganz sicher in seiner Koje blieb,
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