Shannara VIII
hinter eine Mauer, in eine Ecke. Zu seinem Erstaunen ließen die Kriecher ihn in Ruhe und suchten sich andere Gegner, nämlich seine Gefährten. Ein Elfenjäger - er wusste nicht mehr, welcher - ging sofort zu Boden und blieb blutüberströmt liegen. Ard Patrinell stürzte vor und warf die Kriecher mit einhändigen Hieben zurück, von Pflichtgefühl beseelt, wie es einem Krieger gebührt, ein kleiner Fels in der Brandung. Einen Augenblick lang konnte er dem Angriff standhalten, dann schlossen ihn die Kriecher ein, und er verschwand.
Da verließ Ahren sein Versteck, wollte verzweifelt seinem Freund und Lehrer helfen, vergaß für eine Sekunde seine Angst und besiegte seine Panik. Aber dann traf einer der Feuerstrahlen Joad Rish, der bei dem Elf kniete, der zu Boden gegangen war, und versuchte, ihn in Sicherheit zu bringen. Joad schaute auf, als er attackiert wurde, starrte Ahren geradewegs an und schien seine Hilfe einzufordern. Die Feuerstrahlen erwischten ihn im Gesicht, und sein Kopf explodierte regelrecht. Einen Augenblick verharrte sein Körper noch an Ort und Stelle, kniete neben dem gefallenen Elfenjäger, hielt noch die Arme des anderen und blieb weiterhin Ahren zugewandt. Dann langsam, träge fast, sackte er auf den Metallboden.
Das genügte. Ahren verlor die Beherrschung. Er schrie, wich zurück, ließ sein Schwert fallen und rannte davon. Er blieb nicht stehen, dachte nicht darüber nach, was er tun oder wohin er laufen sollte. Nur eine einzige Sache wusste er: Er musste so schnell wie möglich fort von hier. Das Bild des kopflosen Joad Rish wurde er nicht mehr los. So versuchte er, davor davonzulaufen, doch auch die Flucht änderte nichts daran. Er vergaß seine Gefährten, alle miteinander. Er vergaß, wie er in dieses Schlachthaus geraten war, vergaß seine Ausbildung und sein Versprechen sich selbst gegenüber, den anderen beizustehen, er vergaß alles, was ihm je etwas bedeutet hatte.
Er hatte keine Ahnung, wie lange er gerannt war oder wann er das leere Lagerhaus entdeckte. Einige Zeit lang noch hörte er die Schreie der anderen, sogar noch dort. Der Lärm des Gefechts und selbst das leise Scharren der Metallbeine, auf denen sich die Kriecher bewegten, drangen zu ihm vor. Er roch den Rauch brennenden Metalls und den Gestank versengten Fleisches. Weinend krümmte er sich zu einer kleinen Kugel zusammen und vergrub das Gesicht zwischen Brust und Knien.
Nach einer Weile erlangte er wieder Geistesgegenwart genug, um sich zu fragen, ob ihm Kriecher gefolgt waren. Er zwang sich, den Kopf zu heben, die Tränen fortzuwischen und sich umzuschauen. Er war allein. Von nun an hielt er aufmerksam Wache, obwohl er in der Ecke kauern blieb und die Arme um die Beine schlang, während das Bild des sterbenden Joad Rish durch seinen Kopf geisterte.
Mir soll das nicht passieren, redete er sich in Gedanken wieder und wieder ein, als würde das allein genügen, ihn irgendwie zu retten.
Dennoch, das wusste er, reichte es nicht, nur in dieser Ecke zu hocken und zu hoffen, nicht entdeckt zu werden. Er musste versuchen, von hier wegzukommen. Inzwischen hatte er hier lange genug ausgeharrt, um an seine Chance zu glauben. Der Angriff hatte vor einiger Zeit aufgehört. Seitdem hatte er nichts Verdächtiges mehr bemerkt. Sogar der Rauch hatte sich verzogen, und die Sonne war inzwischen aufgegangen. Draußen herrschte heller Tag, und Ahren sollte nun in der Lage sein, jede drohende Gefahr zu erkennen. Es würde ihn mehrere Stunden kosten, den Rückweg durch die Stadt zu finden, und auch eine Weile dauern, bis er wieder in der Bucht angekommen wäre, wo er auf die Jerle Shannara warten könnte. Doch er würde es schaffen, glaubte er.
Oder besser gesagt, er musste es schaffen.
Trotzdem brauchte er noch eine Weile, ehe er sich endlich erhob. Reglos stand er im Schatten seiner Ecke und suchte das Lagerhaus von einer Seite zur anderen nach verdächtigen Zeichen ab. Nachdem er sich davon überzeugt hatte, dass ihm hier keine Gefahr drohte, machte er sich zu der Öffnung in der Wand auf, die ihm am nächsten lag, einem breiten Loch in der Westwand, durch das er hinaus auf die Straße treten konnte. Er fühlte sich ausgetrocknet, und ihm war schwindlig, seine Hände zitterten. Um sich zu beruhigen, griff er nach dem Phönixstein, der, wie er sich plötzlich erinnerte, um seinen Hals hing. Ob er ihm im Falle einer Bedrohung helfen würde, wusste er nicht, doch schenkte der Stein wenigstens den Trost, etwas zu haben, an dem man sich
Weitere Kostenlose Bücher