Shannara VIII
konnte das Gesicht erkennen.
»Ryer Ord Star!«, rief er ihr zu, hielt dabei jedoch die Stimme gedämpft, aus Angst vor Kriechern, die möglicherweise immer noch Jagd auf ihn machten.
Sofort drehte sie sich, wenn auch zögernd, zu ihm um, entdeckte ihn im Schatten und kam zu ihm herüber. Es überraschte ihn, wie ruhig sie wirkte, ihr Gesicht war beherrscht, in ihren veilchenblauen Augen fand sich kein Zeichen von Sorge. Schon immer hatte sie irgendwie vergeistigt gewirkt, doch jetzt schien sie in weite Ferne entrückt zu sein, als würde sie durch ihn hindurch zu einem anderen Ort schauen, an dem ihre Seele längst angekommen war.
Sie griff nach seiner Hand, was ihn überraschte. »Elfenprinz, du lebst«, flüsterte sie. In ihrer Stimme schwang tiefe Erleichterung mit, und er schämte sich, weil sie offensichtlich besser über ihn dachte, als er es verdient hatte. »Du solltest hier nicht allein herumlaufen«, fuhr sie eindringlich fort, und ihr Griff verstärkte sich. »Es ist sehr gefährlich. Wo sind die anderen?«
Er holte tief Luft. »Tot, glaube ich. Allerdings bin ich nicht ganz sicher.«
Sie blickte sich rasch um, wobei ihr langes Silberhaar hell aufschimmerte. »Dort stoßen wir auf Mwellrets, und zwar auf eine Menge.« Sie zeigte in die Richtung, aus der sie gekommen war. »Ich glaube, sie verfolgen mich.«
»Mwellrets?«, wiederholte er verwirrt.
»Von der Schwarzen Moclips. Sie sind gelandet, um uns zu jagen, jedenfalls die von uns, die noch übrig sind. Die Ilse-Hexe war bei ihnen, aber jetzt ist sie verschwunden. Sie hat uns auf der Lichtung entdeckt, auf der die Fährtenleserin uns zurückgelassen hat -«
»Du meinst Tamis?«, unterbrach er sie aufgeregt. »Ist Tamis bei euch?«
»Das war sie, dann aber ist sie losgezogen, um Hilfe zu suchen. Bek war ebenfalls bei mir, doch nachdem die Ilse-Hexe uns gefunden hatte, gab es eine Auseinandersetzung zwischen ihm und ihr. Ich weiß nicht genau, was passiert ist, aber Bek verschwand plötzlich, und sie ist ihm gefolgt. In dem Durcheinander bin ich entkommen. Inzwischen werden mich die Mwellrets allerdings vermissen und mir nachspüren. Das hat die Hexe ihnen jedenfalls befohlen - alle unsere Überlebenden zu suchen, gefangen zu nehmen, zur Schwarzen Moclips zu schaffen und dort festzuhalten, bis sie zurückkehrt.«
Ahren starrte sie an. Er konnte wohl hinnehmen, dass die Ilse-Hexe irgendwie den Quetscher überwunden hatte und durch den Kanal bis zur Bucht vorgedrungen war, aber was hatte es mit dieser Auseinandersetzung zwischen ihr und Bek auf sich? Warum sollte sie ihn verfolgen?
»Pst!«, warnte sie ihn und umklammerte seine Hände fester. »Wir müssen fort! Rasch! Da sind sie!«
Sie zog ihn aus seinem Versteck in die Richtung, aus der er gerade gekommen war, und er stemmte sich dagegen. »Nein, warte, dorthin gehe ich nicht zurück!«
»Du musst aber. Die Mwellrets sind in den ganzen Ruinen ausgeschwärmt. Wenn du nicht mitkommst, werden sie dich finden.«
»Ich kann nicht«, flüsterte er verzweifelt. »Ich kann wirklich nicht.«
Sie ließ seine Hand los. »Tu, was du willst, mein Elfenprinz. Wenn du allerdings hier bleibst, werden sie dich finden. Sich zu verstecken hat keinen Zweck. Mwellrets haben schärfere Sinne als die meisten Wesen, und sie werden dich aufspüren.« Sie trat näher an ihn heran und blickte ihn aus ihren veilchenblauen Augen ruhig und eindringlich an. »Komm mit mir.«
Er war sich nicht sicher, weshalb er sich entschied, ihr zu folgen, jedenfalls tat er es, verließ sein Versteck und eilte ihr hinterher. Mehrmals blickte er sich um, ohne etwas Verdächtiges zu entdecken, doch sein Instinkt sagte ihm, dass Ryer Ord Star Recht hatte.
»Was ist mit Bek?«, erkundigte er sich kurz darauf mit gesenkter Stimme, während sie durch die Ruinen schlichen. »Geht es ihm gut? Hast du gesagt, die Ilse-Hexe würde ihn verfolgen und sei ganz allein hinter ihm her?«
Die Seherin nickte. »Bek ist nicht verwundet. Seine Magie und sein Mut beschützen ihn. Vielleicht wird es schwierig für sie werden, beides zu überwältigen.«
»Seine Magie? Welche Magie?« Der Elf eilte neben ihr her. »Warte mal kurz. Meinst du etwa, sie würde ihm nachspüren, weil er Magie besitzt?«
Ryer Ord Star packte seinen Arm und zog ihn dicht heran. »Sie ist seine Schwester, Elfenprinz.« Dabei bemerkte sie den Schrecken in seinen Augen. »Walker hat es ihm erzählt, ehe wir hier ankamen, aber Bek hat es niemandem verraten. Als sie auf der
Weitere Kostenlose Bücher