SHANNICE STARR (German Edition)
unter den lauernden Augen von Henry McPherson seine Serviette zusammenknüllte und aufsprang.
»Passt dir irgendwas nicht?«, schrie er Henry an und nahm eine angespannte Haltung ein.
Henry McPherson wischte sich den Mund ab, warf einen Seitenblick auf seine Schwester Jill und straffte sich.
»Du säufst zu viel«, raunte er Garth zu. »Ist nicht gut, wenn der Mann meiner Schwester ein Trinker ist.« Er deutete auf die Whiskyflasche auf dem Esstisch. Der Korken lag daneben, das Glas an Gormicks Sitzplatz war noch zu einem Viertel gefüllt.
»Ich habe Jill nichts angetan und werde es auch nicht!«, verteidigte sich Garth. »Den Whisky redest du mir nicht aus. Diese Familie kann man nüchtern einfach nicht ertragen.«
Heftig stieß Henry McPherson seinen Stuhl zurück und stellte sich bedrohlich vor den Tisch. Seine Hand schwebte über dem Colt an seiner Hüfte.
»Wage es nicht, meine Familie zu beleidigen!«, schrie er Garth Gormick an. »Ich weiß sowieso nicht, was Jill an dir findet.«
»Willst du mich jetzt abknallen?« Gormick setzte ein verächtliches Grinsen auf, merkte aber, dass er nun auch von Greg McPherson und dessen Frau, den beiden Familienoberhäuptern, kritisch gemustert wurde. Noch aber hielten sie sich zurück. »Nur zu! Aber mein Colt ist schneller als deiner.« Er zwinkerte Dean, dem jüngsten Sohn der McPhersons, zu.
»Fordere mich nicht heraus!«, raunte Henry gefährlich leise. »In deinem eigenen Interesse. Kann gut sein, dass ich dir sonst dein jugendliches Temperament herausprügele …«
Jill Gormick stand auf und stellte sich neben ihren Mann.
»Lass ihn in Ruhe, Henry!«, sagte sie eindringlich. »Ich kann eure Streitereien nicht mehr ertragen!« Und an Garth gewandt meinte sie: »Komm, wir gehen nach draußen.«
»Ich hab aber meinen Whisky noch nicht ausgetrunken«, widersprach er.
»Trink ihn später«, sagte sie freundlich, aber mit Nachdruck. »Hier ist es im Moment zu stickig.«
Sie verschwanden durch die Tür in den Nebenraum und spazierten auf die Veranda.
»Warum hast du nichts gesagt, Pa?«, fragte Henry seinen Vater. »Garth wird nie zur Familie gehören. Ohne ihn wäre Jill besser dran.«
»Setz dich hin!«, erwiderte Ruth McPherson anstelle ihres Mannes. Die alte Frau sah ihren ältesten Sohn scharf an. »Deine Schwester liebt ihn – warum auch immer. Sollte er zum Problem werden, ist es nicht deine Aufgabe, dich darum zu kümmern.«
Die achtundzwanzigjährige Lindsay McPherson nickte ihrer Mutter stumm zu. Dean griff währenddessen nach Garths Whiskyglas und stürzte den Inhalt in einem Zug herunter.
»Fängst du jetzt auch noch an?«, fragte Henry vorwurfsvoll.
»He«, entgegnete Dean, »das gute Zeug kann man doch nicht verdunsten lassen.«
Henry schüttelte kaum sichtbar den Kopf. »Du hängst mir eh zu viel mit dem Kerl rum.«
»Muss am Alter liegen«, meinte Dean heiter. »Außerdem glaube ich, dass Garth dich mit seinem Revolver locker wegputzt. Du weißt, was ich meine.«
Henry McPherson ballte die linke Hand zur Faust und betrachtete unauffällig seine Rechte. Einige Fingerglieder waren seit einer Schussverletzung steif und unbeweglich.
»Eine Hand wird für Garth reichen«, brummte er missmutig. Er nahm das Besteck zur Hand und wollte weiteressen, als das Geräusch einer heranrollenden Postkutsche sich näherte.
»Bleibt sitzen!«, sagte Henry. »Ich gehe nachsehen.«
Raschen Schrittes verließ er den Küchenraum.
Vor der Wechselstation der McPhersons kam ein Sechsspänner zum Stillstand, gerade als Henry auf den Hof trat.
»Die Gäule sind am Ende«, knurrte der Kutscher und kletterte vom Bock. »Für die Leittiere brauche ich unbedingt Ersatz.«
»Die anderen sehen auch nicht mehr frisch aus«, erwiderte Henry. »Aber so viele Pferde haben wir nicht da. Wenn Sie bis morgen warten, versorgen wir Sie mit einem neuen Gespann.«
»Das dauert mir zu lange.« Der Kutscher raunte es hinter vorgehaltener Hand und stellte sich neben Henry. »Mein Passagier ist ganz schön ungeduldig, weil wir so langsam vorangekommen sind.«
»Er kann bei uns übernachten«, erwiderte Henry McPherson. »Wir haben mehrere Gästezimmer.«
Der Kutscher brummte etwas Unverständliches, nickte und öffnete den Wagenschlag.
»Wir legen eine unplanmäßige Pause ein«, sprach er den Reisenden an. »Morgen Vormittag geht’s weiter.«
»Unerhört!«, klang es aus dem Innenraum nach draußen. »Ich habe Verpflichtungen, die keinen Aufschub dulden!«
»Ich
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