SHANNICE STARR (German Edition)
überlegte angestrengt und schusterte sich in aller Eile eine neue Strategie zusammen. Jede Sekunde aber, die er zögerte, kam den Heckenschützen zugute. Sie würden sich neu formieren und von anderer Seite angreifen, eventuell sogar von oben. Dieser Umstand machte die Situation unkalkulierbar. Ein einzelner Mann konnte sich nicht in alle Richtungen absichern.
Das Geräusch schneegedämpfter Schritte ließ den Gunman herumfahren. Shannice Starrs Konturen zeichneten sich scharf gegen das weiße Mondlicht ab.
»Legst grad ’ne Pause ein, was?« Shannice schluckte ihren Zynismus herunter und wurde ernst. Sie kniete sich neben Dread und sah sich dabei nach allen Seiten um.
»Ich habe die Explosionen gehört«, murmelte Dread. »Was ist passiert?«
Sie erzählte es ihm mit wenigen Worten. Als sie geendet hatte, nickte er. »Sie sind da vor uns. Obwohl ich einige erledigt habe, sind sie immer noch zu fünft. Sie verteilen sich, um uns in die Mangel zu nehmen.« Er wartete einige Momente, bevor er weitersprach.
»Du hättest fliehen können«, meinte Dread trocken. »Trotzdem bist du noch da.«
»Ich habe keine Waffe«, erklärte Shannice, auch wenn es nur die halbe Wahrheit war. Josh Dread ahnte die unterschwellige Lüge, verzichtete aber auf eine entsprechende Erwiderung. »Wir können nicht hierbleiben«, sagte er stattdessen. »Sind wir erst umzingelt, sitzen wir in der Falle.«
»Dann sollten wir etwas dagegen unternehmen.«
Er musterte die Shannice Starr eindringlich. »Führe das Pferd und halte dich möglichst aus der Schusslinie. Ich gehe voraus. Uns bleibt nur die Flucht nach vorn.«
Der wird ja noch richtig redselig, staunte Shannice. Sie nahm die Zügel des Rappen ganz kurz und hielt sich dabei schräg hinter dem Pferdeleib, um ein schlechtes Ziel abzugeben.
Zielstrebig, aber mit gebührendem Respekt, ging Josh Dread dem schmalen Durchlass zwischen den hoch aufragenden Felstürmen entgegen. Der Bergpfad verengte sich auf eine Breite von höchstens fünf Schritten. In der Rechten hielt der Gunman den 45er Revolver, in der linken Armbeuge führte er die Winchester. Wenn alle Stricke rissen, konnte er sie mit nur einer Hand repetieren.
Er trat zwischen die Felswände. Dicht hinter sich wusste er Shannice und sein Pferd.
Plötzlich war es, als schütte jemand einen gewaltigen Eimer Pech über das Land aus. Die glitzernde Helligkeit wurde förmlich aufgesogen und verschwand schließlich unter dem erdrückenden Mantel der Nacht. Der ganze Vorgang hatte nur wenige Lidschläge gedauert.
Mit gemischten Gefühlen beobachtete Dread die tiefdunklen Wolken, die sich wieder einmal vor das Antlitz des Erdtrabanten schoben. Lange würde es allerdings nicht finster bleiben. Undeutlich ließ sich erkennen, dass das Gelände hinter der Klamm flach abfiel. Der Trail führte weiter in den dichten Wald. Es galt lediglich, etwa hundert Fuß freies Gelände hinter sich zu bringen.
»Steig aufs Pferd und reite los!«, rief Dread der Halbindianerin zu.
Ein Schuss bellte auf, verfehlte den Headhunter jedoch um mehrere Ellen. Der Schütze hatte einfach nach Gehör anvisiert. Dread hingegen schaute in den Mündungsblitz und feuerte fast gleichzeitig mit dem Einschlag der feindlichen Kugel seinen Colt ab. Er wartete nicht ab, ob er getroffen hatte, sondern wirbelte um seine eigene Achse und schoss nahezu blindlings ins Nichts, um Shannice Feuerschutz zu geben, als sie wie vom Teufel gehetzt an ihm vorbeiritt.
Im Dunkel flammten mehrere Lichtpunkte auf. Josh Dread hatte sich längst zu Boden geworfen, ehe das Donnern der Schüsse seine Ohren erreichte. Die Kugeln schlugen in den Schnee. Eine auf Stein. Der Querschläger jaulte leiser werdend in den Himmel, während das kurze Pfeifen der übrigen Geschosse vom Erdboden verschluckt wurde.
Wenige Yards nur noch benötigte Shannice Starr, um den Schutz der mächtigen Bäume zu erreichen. Ein nervöser Seitenblick des Kopfgeldjägers zeigte ihm, dass die Halbindianerin gleich in Sicherheit war. In einem Atemzug lud er das Gewehr allein mit der Linken durch. Den Kolben hatte er zwischen Körper und Oberarm eingeklemmt, sodass er nur den Repetierbügel betätigen musste. Dabei hatte er seinen Revolver zweimal in Richtung der Mündungsfeuer abgeschossen. Er vernahm unterdrücktes Stöhnen, das in der Stille der Nacht unüberhörbar herüberhallte.
Noch war jedoch nichts gewonnen! Jede Sekunde würde der Mond wieder hinter den Wolken hervortreten und die Ebene in silberfarbenes
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