SHANNICE STARR (German Edition)
Fensterkreuz. Krachend landete sie auf dem Sidewalk, gehüllt in einen Scherbenregen und wirbelnde Splitter geborstenen Holzes. Irgendetwas bohrte sich in die Schulter, auf der sie sich abrollte. Der Schmerz raste wie ein Steppenbrand durch ihren Arm, die Finger wurden taub; der Remington entglitt dem kraftlosen Griff ihrer Hand.
Wieder dieses Klacken! Zu deutlich, um von Shannice ignoriert zu werden. Nur wusste sie diesmal, dass der Trommelverschluss des Gegners zugeschnappt hatte! Dann rastete der Revolverhahn ein, während sie immer noch wie betäubt auf dem Rücken lag, unfähig zur Gegenwehr. Unfähig auch, die feuchten Schleier in ihrem Blick fortzuwischen, die das hässliche Brennen und Pochen der lädierten Schulter mit sich brachten.
Als das Zündhütchen unter dem Aufschlag des Revolverhahns explodierte und das tödliche Blei aus dem Lauf des unbekannten Angreifers jagte, weiteten sich Shannices Augen in beginnender Panik!
5
Geschäft mit der Angst
Shannice zuckte zusammen! Nicht vor Schmerz, nein, nur in Erwartung der Kugel, die ihr die Stirn, die Brust oder den Bauch durchlöchern mochte. Ihr Blut kochte, die Sehnen waren bis zum Zerreißen gespannt, doch auch die schnellste Reaktion würde sie nicht mehr retten.
Dann ein unterdrückter Aufschrei!
Anfangs war Shannice nicht klar, ob sie selbst ihn ausgestoßen hatte.
Langsam nur lichteten sich die Rauch- und Tränenschleier vor ihren Augen. Krampfhaft versuchte sie, ihr näheres Umfeld klar wahrzunehmen. Wieder die Stiche im Arm, die Taubheit in der Hand und den Fingern, die länger und länger werden wollten, um den Griff ihres Revolvers zu packen.
Hastige Schritte, die allmählich verklangen, wilde Flüche, die vom Abendwind verweht wurden.
»Alles in Ordnung?« Eine kleine Pause, in der Shannice dem Klang der vertrauten Stimme nachlauschte. »Können Sie aufstehen …?« Der Pulverdampf stach Shannice in die Nase, als sie den Kopf hob und in das besorgte Gesicht des Marshals blickte.
»Ging mir schon besser«, flüsterte sie mit brüchiger Stimme. »Konnten Sie den Gunman erkennen?«
»Nein.« Bligh zuckte mit den Schultern. »Er ist abgehauen. Ich habe nur einen Umriss gesehen.«
»Haben Sie ihn in die Flucht geschlagen?« Shannice wirkte ungläubig, wollte diese Möglichkeit jedoch nicht von vorneherein ausschließen.
»Ich denke nicht«, seufzte der Marshal. »Wahrscheinlich hat der Kerl gedacht, er hätte uns erledigt.«
»Oder er hatte nicht erwartet, auf Widerstand zu stoßen«, gab Shannice zu bedenken. »Da er uns beide nicht mit seiner ersten Attacke erwischt hat, wird er auf eine neue Chance lauern.«
»Weshalb sollte es jemand auf Sie und mich abgesehen haben?«, fragte Stephen Bligh und runzelte die Stirn.
»Nicht auf Sie«, griff Shannice die Äußerung des Sternträgers auf. »Nur auf mich.«
»Diese Bastarde werden bald schon den starken Arm des Gesetzes kennenlernen.« Blighs Stirnrunzeln verstärkte sich. »Sie bringen eine Menge Ärger in die Town, Ma’am …«
»Der Ärger war schon da«, erwiderte das Halbblut. »Ich habe ihn bloß ein bisschen aufgewirbelt.«
Der Marshal schürzte die Lippen und wollte Shannice hochhelfen. Diese wehrte die gereichte Hand ab, was Bligh mit mürrischer Miene zur Kenntnis nahm.
»Was haben Sie jetzt vor?«, fragte er.
Shannice steckte den Revolver ins Holster. Ihre Augen verengten sich. »Ich statte einem gemeinsamen Bekannten einen Besuch ab«, gab sie zur Antwort. »Und was haben Sie vor, Mister Marshal?«
Stephen Bligh überging den provokanten Unterton. »Ich knöpfe mir diejenigen vor, die mein Office in eine Schießbude verwandelt haben.«
Die Mundwinkel der Cheyenne verzogen sich zu einem feinen, spöttischen Lächeln. »Wo wollen Sie anfangen? Sie haben keine Spur, keinen Verdächtigen. Sie würden im Dunkeln stochern. Und wie Sie selbst sagten, entspricht das ja nun gar nicht Ihrer Arbeitsauffassung …«
In der Miene des Marshals zuckte es. »Lassen Sie das meine Sorge sein …«
»Wie Sie meinen«, sagte Shannice. »Ich hoffe, ich kann auf Sie zählen, wenn es hart auf hart kommt.«
Bligh nickte schwach. Dann fragte er: »Wer ist dieser gemeinsame Bekannte, den Sie aufsuchen wollen?«
»Jemand«, antwortete die junge Frau, »der vielleicht nicht mehr lange zu leben hat …«
Marie-Elizabeth Etherwood saß mit ihrem Mann beim Frühstück. Schweigend saßen sie sich gegenüber und aßen lustlos, bis die Frau die Stille brach.
»Du
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