SHANNICE STARR (German Edition)
Sie?«
»Ich möchte Ihren Mann sprechen«, sagte Shannice leise. Sie war sich sicher, es mit Frank Gilliams Frau zu tun zu haben.
»Wir verkaufen nicht!«, antwortete die Frau barsch. »Schlagen Sie sich das aus dem Kopf! Was wollen Sie uns denn noch alles antun …?«
Verhalten schüttelte Shannice den Kopf. »Sie verstehen das falsch. Ich bin keine von denen, die Ihnen Ihren Besitz wegnehmen wollen. Bitte lassen Sie mich mit Ihrem Mann sprechen.« Shannice merkte, dass der Blick der Frau auf ihrem Colt haften blieb, der durch den geöffneten Mantel sichtbar war.
»Wollen Sie Ihr Vorhaben notfalls mit Gewalt durchsetzen?«, entgegnete Gwen bitter.
»Ich brauche meine Waffe einzig zur Verteidigung. Gegen dieselben Leute, die Sie vertreiben wollen. Gegen jene, die auch Ihren Sohn auf dem Gewissen haben …«
In den Augen von Gwen Gilliam erkannte Shannice ein Flackern, dann füllten sie sich mit Tränen.
»Verschwinden Sie!«, sagte die Hausherrin mit brüchiger Stimme, wurde jedoch von einem anderen Organ übertönt, das aus einem Hinterzimmer herüberschallte.
»Mit wem sprichst du, Schatz?«
Gilliam!, schoss es Shannice durch den Kopf. Na endlich!
Der Farmer trat an die Tür, zog sie vollends auf und schob sich schützend vor seine Frau.
»Für Sie gibt es hier nichts mehr zu holen!«, fuhr er Shannice an. »Ich habe die Farm bereits an den Mayor verkauft!« Es war eine reine Kurzschlussreaktion, die ihn zu dieser Äußerung veranlasste, und er bemerkte seinen Fehler, als er den fassungslosen Blick seiner Frau registrierte.
»Du hast was getan?«, brachte sie stockend vor. »Das ist nicht dein Ernst, Frank!«
»Es ist wahr«, gab er kleinlaut zu. »Es tut mir leid, dich belogen zu haben. Aber ich habe nur unser Bestes gewollt. Außerdem können wir das Geld gebrauchen, wenn wir uns anderswo niederlassen und ganz von vorne anfangen.«
»Sie werden nie sicher sein«, mischte sich Shannice ein. »Niemand trennt sich von einem Haufen Geld, wenn er das, was er haben will, auch ohne bekommen kann.«
»Ich habe es hier!«, begehrte Frank Gilliam auf. »Der Mayor hat mir zehntausend Dollar für unser Land gegeben!«
»Zehntausend Dollar«, flüsterte Gwen. »Dafür hast du uns also verkauft …«
»Verstehst du denn nicht?«, rechtfertigte sich der Farmer weiter. »Jeremy ist tot. Aber wir leben. Auch ohne ihn. So wird es uns leichter fallen, die Vergangenheit hinter uns zu lassen.«
»Sie sollten sich in Acht nehmen«, meinte Shannice düster. »Wer Geld hat, ist auch skrupellos. Nicht anders gelingt es den Reichen, immer mehr Dollars anzuhäufen. Der Bürgermeister macht da keine Ausnahme. Er wird die richtigen Leute kennen, die seine Interessen durchsetzen. Notfalls mit purem Terror.«
Frank Gilliam sah zuerst Shannice an, dann seine Frau. Er wollte Gwen in den Arm nehmen, doch sie stieß ihn beiseite.
»Ich gehe nicht fort!«, fauchte sie. Ihre Tränen der Trauer verwandelten sich in Tränen der Verachtung.
»Jetzt sagen Sie doch schon, was Sie wollen!«, rief Frank zu Shannice herüber, um von der Hilflosigkeit, mit der er seiner Frau begegnete, abzulenken.
Shannice Starr verengte die Lider.
»Packen Sie eine Petroleumlampe ein«, sagte sie, »Es ist besser, wenn ich es Ihnen zeige …«
Der Ritt dauerte mehr als eine Stunde. Während Shannice auf ihrem Rappen vorauseilte, folgte Frank Gilliam ihr in geringem Abstand auf einem Schecken. Als er erkannte, wohin ihre Reise führte, schloss er zu Shannice auf und rief ihr durch das leichte Schneegestöber zu: »Das ist die alte Mine. Warum reiten wir hierher?«
»Warten Sie es ab«, raunte die Cheyenne ihm zu.
Mit ungutem Gefühl ritt Gilliam weiter und betrachtete aus zusammengekniffenen Augen den Wagen, der abseits des Minenschachtes stand. Stellkreuze mit Stacheldrahtrollen waren darum verteilt, aber nicht die Spur eines Menschen war zu sehen. Frank Gilliam glitt aus dem Sattel und führte seinen Schecken die letzten Meter zum Mineneingang. Auch Shannice saß ab.
»Sie werden überrascht sein, was wir im Innern finden«, meinte sie.
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass es hier etwas von Wert gibt«, gab Frank zu bedenken. »Ich war bereits öfter an diesem Ort und habe nichts gefunden. Wenn es jemals etwas zu entdecken gab, so haben dies bereits andere vor uns getan.«
»Kommen Sie mit.« Shannice winkte dem Farmer, ihr zu folgen. Dieser holte die Petroleumlampe aus der Satteltasche, und gemeinsam traten sie in den Schacht.
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