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SHANNICE STARR (German Edition)

SHANNICE STARR (German Edition)

Titel: SHANNICE STARR (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Cane
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sagte er lapidar. Hart hieb er seine Faust gegen eine Holztür. »Taylor! Mach auf! Ich hab einen Notfall!«
    Von der anderen Seite kam ein dumpfes Brummen, dann schlurfende Schritte. Ein Schlüssel drehte sich knirschend in einem Schloss, das einen kräftigen Guss aus einer Ölkanne hätte vertragen können.
    »Schnell! Lass uns rein!«
    Ein rotgesichtiger Sechziger, mindestens einen Kopf kleiner als der Marshal, der Shannice gerade so bis zur Stirn reichte, erschien im Eingang. Sein schütteres Haar war zerzaust, ebenso seine Kleidung; das dunkelgrüne Baumwollhemd quoll teilweise aus dem Hosenbund hervor. In der Rechten hielt der Oldtimer eine Whiskyflasche.
    »Was, bei allen Heiligen, ist los, Steve? Ich wollte mir gerade einen schönen Abend mit meinem Freund machen.« Er schwenkte die Flasche in der Hand.
    »Das musst du verschieben!« Bligh drängte mit Shannice an seiner Seite ins Haus. »Hol deinen Koffer und sieh dir die Verletzungen dieser Frau an. Sie hat bereits viel Blut verloren.«
    Jessup wurde schlagartig nüchtern. Dabei war nicht einmal klar, ob der Doc schon etwas getrunken hatte. Möglicherweise sah er immer aus, als wenn er im Delirium läge.
    »Kommt mit in die Praxis«, sagte er todernst und stellte den Whisky in einem Regal ab. »Und saut mir nicht den ganzen Boden ein.«
    Die ›Praxis‹ – fast hätte Shannice gelacht, unterdrückte den Drang jedoch, um keine weiteren Schmerzen zu provozieren – glich einem Lagerraum, in dem alles kunterbunt durcheinander stand. Eine Ordnung, sofern es diese tatsächlich gab, war nicht zu erkennen. Ein Patient mochte in diesem vier mal vier Meter großen Raum mit seinen hoch geschichteten Regalen voll von wild zusammengewürfelten Gegenständen und beladenen Tischen und Stühlen nur wie ein ausrangiertes Requisit wirken, dem kaum Beachtung zuteil werden würde.
    »Wohin mit der Patientin?« Es war der Marshal, der diese Frage stellte.
    »Da rüber! Auf die Bahre!«
    Vor Shannices Augen verschwamm alles. Sie spürte, wie sie weitergezerrt wurde, während flinke Hände ihr den Mantel über die Schultern zogen. Dann lag sie auf dem Rücken. Das Letzte, was sie sah, war Taylor Jessups Gesicht, das sich über sie beugte. Seine Lippen formten irgendwelche Worte, die aber nicht mehr bis zu Shannice durchdrangen. Sie gab sich vollends den Schmerzen und der körperlichen Erschöpfung hin und versank in tiefer Ohnmacht …
     
     
    »Na, gehts denn wieder?« Die Stimme drang von irgendwoher durch das Flimmern ihrer zuckenden Augenlider an Shannices Ohren. Sie schüttelte die Benommenheit ab, so weit ihr dies möglich war, und stützte sich auf die Unterarme, verkniff sich den Schmerz, der oberhalb ihrer Hüfte tobte und wusste schlagartig wieder, wo sie sich befand.
    »Jessup! Was haben Sie mit mir gemacht?«
    »Bleiben Sie liegen, und ruhen Sie sich aus. Wir wollen doch nicht, dass Ihre Schusswunde noch mal aufbricht.«
    Der überväterliche Ton in den Worten des Quacksalbers reizte Shannice. Sie war kein Greenhorn, das sich den Finger geritzt hatte und vor Schreck zusammengeklappt war.
    »Hören Sie auf, Scheiße zu erzählen, Doc! Ich habe keine Lust und schon gar keine Zeit, auf Ihrer Bahre zu verfaulen.«
    Entgegen ihrer Erwartung klopfte der Oldtimer Shannice auf die Schulter. »Das ist die richtige Einstellung, Ma’am. Ein Steckschuss oberhalb der Leber haut doch keine echte Rothaut vom Hocker.« Er grinste Shannice erwartungsvoll an. Sein Gesicht wirkte aufgedunsen und noch roter als vorher. Offensichtlich hatte er sich während ihrer geistigen Abwesenheit noch ordentlich am Whisky bedient.
    Die junge Frau setzte sich vollends auf, ignorierte die Anspielung auf ihre indianische Abstammung und sprang auf die Füße. Dabei torkelte sie anfänglich, bekam aber sehr schnell festen Halt.
    »Ich habe die Kugel entfernt, das hübsche Loch desinfiziert, eine Wundsalbe aufgekleistert und einen Verband angelegt.« Taylor Jessup machte eine künstlerische Pause, in der er wohl auf Standing Ovations lauerte. Als Shannice nicht reagierte, fuhr er fort: »Sie müssen einen Schutzheiligen bei sich gehabt haben. Einen Fingerbreit tiefer, und die Kugel hätte Sie ins Jenseits befördert. Ihr Blut hätte sich schwarz verfärbt, und in weniger als einer halben Stunde  –«
    »So genau wollte ich’s gar nicht wissen«, unterbrach Shannice den Redeschwall des Sechzigjährigen. »Sie haben gute Arbeit geleistet. Dafür bin ich Ihnen dankbar. Aber jetzt werden Sie

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