SHANNICE STARR (German Edition)
heiser: »Reite nur los. Tu, was du tun musst. Ich werde für dich beten …«
Gilliam zog sein Pferd herum, gab ihm die Sporen und galoppierte davon.
»Es geht los!«
Donald Lumley stand in dramatischer Pose vor seinen Männern, einer Horde von Schießern und Meuchelmördern. Sie hatten sich in einem leer stehenden Boardinghaus am Ortsausgang von Pilgrim’s End versammelt.
»Wir holen uns das Gold?«, kam es aus den Reihen. Eine stoppelbärtige, abgerissene Gestalt in verwahrloster Kleidung hatte die Worte ausgestoßen.
»Es ist das Gold des Mayors«, berichtigte Lumley in energischem Tonfall und fügte grinsend hinzu: »Was nicht heißt, dass nicht jeder seinen kleinen Anteil bekommt.«
»Ist ’ne ordentliche Plackerei«, meinte ein anderer. »Wir sind keine Schürfer, verdammt! Wo sind die verfluchten Chinesen, die die Drecksarbeit machen sollen?«
»Vergiss das gelbe Pack!, blaffte der Anführer. »Ihr Kahn ist irgendwo aufgelaufen und mit Mann und Maus abgesoffen. Denkt lieber an den Zaster! Einfacher habt ihr euch noch nie die Taschen gefüllt!«
»Wenn ich Schwielen an den Händen habe, ziehe ich die Knarre wie ein altersschwacher Greis!«
»Yeah!«, stimmte ein Dritter ein. »Mein Werkzeug ist der Colt, nicht die Spitzhacke!«
Donald Lumley brauste auf. »Ihr macht, wofür ihr bezahlt werdet! Ich garantiere euch, dass eure Schießeisen nicht zu kurz kommen.«
»Das will ich hoffen.« Der Stoppelbärtige setzte ein dümmliches Lächeln auf. »Hätte nicht übel Lust, mich um die Schlampe zu kümmern, die uns an der Mine aufgelauert hat.«
»Um das Weibsstück kümmere ich mich persönlich. Für dich habe ich eine andere Aufgabe. Such dir zwei Männer aus und reite zur Farm der Gilliams. Sorg dafür, dass das Gesindel keine Scherereien mehr macht.«
»Ist genau mein Ding. Die Gilliamstute werde ich mir besonders vornehmen …«
Lumley nickte knapp. »Dann ist so weit alles klar. Sattelt auf und reitet zur Mine. Falls es Ärger gibt, blast alles um, was sich euch in den Weg stellt.«
»Geht klar, Boss.«
»Ach, Brad«, sagte Lumley. »Eine Kleinigkeit noch. Der Mayor hasst Unannehmlichkeiten. Also wäre es gut, wenn von den Gilliams in dieser Richtung nichts mehr zu erwarten wäre. Endgültig.«
»Was meinst du?« Der Gesichtsausdruck des Mannes wurde noch eine Spur dümmlicher.
»Leg alle um, du Hinterwäldler!«, schnauzte Donald Lumley. »Den Mann. Die Frau. Das Kind. – Alle!«
Dunkle Wolken zogen am Himmel auf, als eine Schar düsterer Gestalten das Boardinghouse am Ende der Main Street verließ. Kurz darauf jagten ihre Pferde mit donnernden Hufen aus der Stadt hinaus.
Lumley blieb zurück und setzte sich an einen Tisch des verwaisten Gasthauses. Nachdenklich zog er seinen Revolver aus dem Holster, legte ihn vor sich auf die Ablage und nahm ihn mit gekonnten Griffen auseinander. Mit Bürste und Öltuch reinigte er die Waffe von Verkrustungen und Pulverresten.
Wenn er sie das nächste Mal einsetzte, musste sie tadellos funktionieren …
Wie der Teufel kam Shannice durch Pilgrim’s End geritten. Sie hatte eine finstere Vorahnung und glaubte, nicht mehr viel Zeit zu haben, bis etwas Fürchterliches geschah. Die Cheyenne konnte ihre Besorgnis nicht deuten, aber auf ihren sechsten Sinn hatte sie sich stets blind können.
Als sie zielstrebig auf das Office des Mayors zuhielt, wurde sie unvermutet von Marshal Stephen Bligh aufgehalten, der auf die Straße sprang und sich dem Rappen mitten in den Weg stellte. Das Pferd wich zur Seite aus, als Shannice mit einer brüsken Bewegung den rechten Zügel anzog. Einige Meter hinter Bligh kamen sie zum Stehen.
»Sind Sie lebensmüde?«, zischte Shannice giftig. »Ich hätte Sie beinahe über den Haufen geritten!«
»Lassen Sie mich erklären!«, keuchte der Marshal. »Dann werden Sie verstehen!«
Missmutig steuerte Shannice den schwarzen Hengst zum Boardwalk und leinte ihn an.
»Folgen Sie mir ins Office«, forderte Stephen Bligh die junge Frau auf.
»Machen Sie’s kurz, Marshal. Ich habe noch einiges zu erledigen.«
Sie gingen ins Innere des Gebäudes. Bligh schloss die Tür hinter sich und bedeutete Shannice, an einem kleinen Tisch Platz zu nehmen.
»Rücken Sie endlich raus mit der Sprache!«, forderte sie aufs Neue.
»In Pilgrim’s End tun sich eigenartige Dinge«, erzählte der Marshal und setzte sich. Er sah zu Shannice hoch, die es vorzog stehen zu bleiben. »Eine Menge übelster Halsabschneider treiben sich in
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