SHANNICE STARR (German Edition)
der Town herum. Und ich weiß nicht, was sie vorhaben.«
»Sie vermuten einen Zusammenhang mit dem Angriff auf uns beide?«
»Mehr als das.« Der Marshal fuhr sich mit der Handfläche durchs Gesicht. »Ich habe mit einer Dame gesprochen, die mich aufgesucht hat. Sie hat mir interessante Neuigkeiten geliefert. Neuigkeiten, die kein allzu gutes Licht auf den Mayor werfen. Die Frau heißt Clarissa Norrington und scheint gewisse –« Bligh zögerte. »– Beziehungen zu Etherwood zu unterhalten.«
»Sie ist seine Geliebte?«, schlussfolgerte Shannice. »In dem Fall wird sie einiges wissen, das uns weiterhelfen könnte.«
»Etherwood scheint sich mit Leuten abzugeben, die nicht seinem gewöhnlichen Umgang entsprechen«, fuhr Stephen Bligh fort. »Ich blicke noch nicht ganz durch bei der Sache, aber unter Umständen zieht die Angelegenheit mit den Gilliams weitere Kreise, als wir angenommen haben.«
Shannice wirkte wie elektrisiert. »Ich war auf dem Weg zum Mayor, um ihm einige Fragen zu stellen. Aber durch die Aussage dieser Miss Norrington hat sich das wohl erledigt. Irgendwelche Geständnisse werde ich aus dem Mann wohl nicht herausbekommen. Dennoch glaube ich, dass wir handeln müssen. Ich fürchte, die Ereignisse werden sich schon bald überschlagen.«
»Das tun sie bereits«, sagte der Marshal überzeugt. »Vor nicht ganz zwei Stunden ist eine Meute Berittener aus der Stadt gestürmt. Sie haben sich in dem alten Boardinghouse am Ende der Town aufgehalten.«
»Vielleicht die Männer, die neulich mit dem Treck zur Mine der Gilliams gefahren sind …?«
»Die Richtung kommt hin. Allerdings ist der Besitz der Gilliams weitläufig.«
»Ich habe genug gehört«, schloss Shannice das Thema ab. »Die Farmerfamilie könnte in unmittelbarer Gefahr schweben. Ich muss etwas unternehmen.« Zweifelnd blickte sie den Marshal an. »Werden Sie mir helfen?«
Stephen Bligh wich ihren brennenden Augen aus. »Man braucht mich in der Stadt. Und ohne handfeste Verdachtsmomente kann ich nichts unternehmen.«
»Natürlich …«, murmelte Shannice. »Ihnen sind die Hände gebunden.« Grußlos verließ sie das Office. Vor der Tür schaute sie aus zusammengekniffenen Lidern die Main Street entlang. Der Himmel hatte sich vollständig zugezogen. Die Kälte war klirrend.
Shannice saß auf und streifte mit der flachen Hand über den Scabbard mit der Winchester.
Ein Colt allein würde nicht genügen, alle Bastarde zur Hölle zu schicken …
6
Showdown am Dead Man’s Peak
Das Boardinghouse wirkte wie ausgestorben. Noch war Donald Lumley unschlüssig, was er als Nächstes unternehmen sollte, doch die Ermordung von Shannice Starr stand ganz oben auf seiner Liste. Er hatte sie beobachtet, wusste, wo sie zu finden war, und schlenderte gelassen die Main Street entlang bis zu dem Saloon, in dem die Halbindianerin ein Zimmer gefunden hatte. Ihr Rappen stand angeleint vor dem Gebäude. Unruhe erfasste das Tier, als der Killer sich näherte, es interessiert umrundete und plötzlich wie elektrisiert vor dessen rechter Hinterflanke stehenblieb.
Aus brennenden Augen starrte Lumley auf das winzige Mal im Fell.
Dieses Brandzeichen, jagten sich seine Gedanken. Es kann nicht sein …!
Die Fingerkuppen des Mannes strichen über die Haut des schwarzen Hengstes, der nervös zur Seite tänzelte.
Lumleys Vorhaben, Shannice Starr kaltblütig umzubringen, geriet in Vergessenheit. Er musste mehr über diese Frau herausfinden. Vielleicht war sie gefährlicher, als er annahm. Und vielleicht konnte sie ihm sogar auf eine Weise nützlich sein, an die er zuvor niemals gedacht hatte.
Kurz sah er sich um, stellte fest, dass er allein auf der Straße war, und setzte seinen Weg in die entgegengesetzte Richtung fort.
Es gab da noch einen kleinen Gefallen, den er Etherwood schuldig war …
Eine blutige, bleihaltige Konfrontation ließ sich nicht mehr vermeiden. Shannice Starr erkannte dies mit derselben Klarheit, mit der sie wusste, dass die Sonne morgens aufging und am Abend wieder versank. Die Frage war nur, wie sie dabei abschneiden würde. Sie stand allein gegen eine Meute skrupelloser Mörder. Auf Marshal Stephen Bligh würde sie zwar unter Umständen zurückgreifen können, doch als wirkliche Hilfe schätzte sie ihn nicht ein.
Mit Kämpfermiene trat Shannice auf den Sidewalk vor dem Saloon. Sie streichelte über den Hals ihres Rappen und spürte intuitiv die Anspannung des Tieres, die sie sich allerdings nicht erklären
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