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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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ziemlich erfolgreich seien, aber Ulla wirkte verängstigt und unglücklich. Und dann hatte Didier noch etwas gesagt – dass es gefährlich war, was die beiden trieben. Ich versuchte mich zu erinnern, wie er sich ausgedrückt hatte. Wie war der Wortlaut gewesen? Ausgesprochen riskant … fürchterliches Blutvergießen …
    Ich war immer noch damit beschäftigt, diese Gedanken zu sortieren, als ich feststellte, dass ich mich in Karlas Straße befand und an ihrer Parterrewohnung vorbeigegangen war. Die Glastür zur Straße stand offen. Ein verirrter Windstoß ließ die Gardinen aufwallen, und ich sah ein warmes gelbes Licht dahinter, eine Kerze.
    Der Regen wurde heftiger, doch eine Ruhelosigkeit, die ich weder verstehen noch abwehren konnte, zwang mich weiterzugehen. Vinods Liebeslied, das mich unter der Kuppel des Gateway of India so berührt hatte, hallte endlos in meinem Kopf wider, und meine Gedanken schweiften zurück zu dem Boot auf dem unwirklichen See, in den der Monsun die Straße verwandelt hatte. Und jener Ausdruck in Karlas Augen, Befehl und Bitte zugleich, steigerte die Unruhe meines Herzens zu einer Art Raserei. Ab und zu musste ich im Regen stehen bleiben und tief Luft holen, weil es mir vorkam, als ersticke ich vor Liebe und Verlangen, vor Wut und Schmerz. Ich ballte die Fäuste, und die Muskeln an meinen Armen, Brust und Rücken waren angespannt. Ich dachte an das italienische Pärchen, die Fixer in Anands Hotel, dachte an den Tod und ans Sterben. Schließlich brach der schwarze, lastende Himmel auf. Blitze zuckten ins Arabische Meer, und der Donner spendete ohrenbetäubenden Applaus.
    Ich lief los. Die Bäume wirkten so schwarz wie Wolken, und aus den nass glänzenden Blättern regneten heftige Schauer herab. Die Straßen waren menschenleer. Ich rannte durch Wasserlachen, in denen sich der Himmel spiegelte, zerfetzt von Blitzen. All meine Einsamkeit und meine Liebe flossen in mir zusammen, bis mein Herz vor Liebe für sie fast zu bersten schien, wie über mir die schweren Wolken. Ich rannte. Und rannte. Und fand mich unversehens vor ihrem Haus wieder. Dort blieb ich stehen, von Blitzen umzuckt, und meine Brust hob und senkte sich so heftig, als laufe mein Verlangen weiter, während mein Körper doch schon lange stillstand.
    Sie trat in die offene Tür, in einem dünnen ärmellosen weißen Nachthemd, und blickte zum Himmel auf. Dann bemerkte sie mich, und unsere Blicke trafen aufeinander, umfingen sich. Sie kam heraus, trat zu mir. Donner krachte, und Blitze leuchteten in ihren Augen. Und sie kam in meine Arme.
    Wir küssten uns. Unsere Lippen erzeugten Gedanken ohne Worte, jene Gedanken, die den Gefühlen innewohnen. Unsere Zungen umschlangen sich, glitten in lustvolle Höhlen, verkündeten, wer wir waren: Menschen. Liebende. Lippen huschten über den Kuss. Und ich überflutete sie mit Liebe und ließ mich selbst davontragen von Liebe.
    Ich nahm Karla auf die Arme und trug sie ins Haus, in das Zimmer, das ihren Duft in sich trug. Unsere Kleider sanken auf die Fliesen, und sie geleitete mich zu ihrem Bett. Wir lagen nahe beisammen, doch wir berührten uns nicht. Im weißen Licht der Blitze glitzerten Schweiß und Regentropfen wie Sterne auf ihrem Arm, und ihre Haut war so dunkel wie der Himmel der Nacht.
    Ich berührte den Himmel mit den Lippen und trank die Sterne. Sie nahm meinen Körper in sich auf, und jede Bewegung wurde zur Beschwörung. In unserem Atem sang die Welt inbrünstige Gebete. Unser Schweiß foss in Schluchten der Lust, und unsere Haut verströmte seidige Kaskaden. Im samtigen Umhang der Zärtlichkeit erbebten unsere Körper in der Hitze, drängten die Muskeln, zu vollenden, was der Geist beginnt und der Körper vervollkommnet. Ich war sie, und sie war ich. Mein Körper war ihr Gefährt, und sie flog damit der Sonne entgegen. Ihr Körper war mein Strom, und ich wurde Ozean. Und das klagende Stöhnen, das unsere Lippen schließlich vereinte, war jene Welt der Hoffnung und des Kummers, den die Ekstase den Liebenden abringt, wenn sie Glückseligkeit in ihre Seelen fluten lässt.
    In dem stillen sanften Atem, in dem wir danach trieben, gab es kein Verlangen, keine Gier, keinen Hunger und keinen Schmerz mehr, nur die reine erlesene Kostbarkeit der Liebe.
    »Oh Scheiße !«
    »Was denn?«
    »Oh Gott, ich bin schon viel zu spät dran!«
    »Was? Was ist denn?«
    »Ich muss weg«, sagte ich, sprang aus dem Bett und griff nach meinen nassen Kleidern. »Ich bin mit jemandem verabredet, beim

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