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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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Straßenkampf: immer noch etwas in petto halten. Meine letzte Kraft entlud sich in einem Stoß mit dem einen Arm. Ich stieß ihn zwischen unseren Körpern hindurch nach unten, packte seine Eier und drehte sie, so fest ich konnte. Mit einem gurgelnden Schrei riss er Mund und Augen auf und versuchte, sich links von mir abzurollen. Ich rollte mit. Er presste die Beine zusammen und zog die Knie an, doch der Quetschgriff meiner Rechten lockerte sich nicht. Ich grub die Finger meiner anderen Hand in die weiche Haut über seinem Schlüsselbein, benutzte es quasi als Handgriff, um die Hebelkraft zu nutzen, und rammte ihm etwa zehnmal die Stirn ins Gesicht. Ich spürte, wie seine Zähne mir die Stirn aufrissen, spürte, wie seine Nase brach, spürte, wie mit seinem Blut auch seine Kraft entwich, spürte, wie sich sein Schlüsselbein in der Gelenkpfanne verdrehte und heraussprang. Ich stieß immer wieder mit dem Kopf zu. Wir waren beide blutverschmiert, und sein Widerstand ließ nach, doch er hielt immer noch nicht still. Ich stieß weiter zu.
    Womöglich hätte ich ihn mit der stumpfen Waffe meines Kopfes getötet, wenn mich die Aufseher nicht von ihm heruntergezerrt und wieder zum Gittertor geschleift hätten. Abermals schlossen sich die Ketten um meine Handgelenke, doch diesmal änderten sie ihre Taktik und ketteten mich bäuchlings auf dem Steinboden liegend an. Raue Hände rissen mir das dünne Hemd vom Rücken, und die Bambusstöcke sausten mit frischer Wucht auf mich nieder. Die Aufseher hatten den Angriff des Kerls arrangiert – es war eine abgekartete Sache gewesen, das gaben sie offen zu, in einer der Pausen, als sie ihre Arme ausruhten. Der Mann hatte mich umbringen, wenigstens aber bewusstlos prügeln sollen. Schließlich hatte er ein perfektes Motiv. Sie hatten ihn in unseren Gefängnisbereich eingelassen und seine Racheattacke unterstützt. Doch ihre Rechnung war nicht aufgegangen. Ich hatte ihren Mann besiegt. Sie waren fuchsteufelswild, weil ihr Plan schiefgelaufen war, und prügelten mich wieder stundenlang. Zigaretten-, Tee- und Imbisspausen sowie Privatvorführungen meines blutigen Körpers für ausgesuchte Gäste aus anderen Bereichen des Gefängnisses inklusive.
    Schließlich und endlich banden sie mich los. Ich hörte mit blutgefüllten Ohren, wie sie darüber diskutierten, was sie mit mir anstellen sollten. Die Prügel, die sie mir verabreicht hatten, waren so brutal und blutig gewesen, dass die Aufseher sich plötzlich Sorgen machten. Sie waren zu weit gegangen, und das wussten sie auch. Einem Vorgesetzten konnten sie die Sache nicht melden, nicht einmal andeutungsweise. Daher beschlossen sie, das Ganze geheim zu halten, und befahlen einem ihrer Lakaien, meinen aufgeschlitzten und zerrissenen Körper mit Seifenlauge zu waschen. Verständlicherweise beklagte sich der Mann über diese abscheuliche Aufgabe. Durch einen Hagel von Schlägen ermuntert, widmete er sich seiner Tätigkeit dann aber doch mit einiger Gründlichkeit. Ihm und befremdlicherweise auch dem Mann, der versucht hatte, mich umzubringen, verdanke ich mein Leben. Ohne den Überfall und die grausame Folter danach hätten die Aufseher mir keine Wäsche mit warmem Wasser und Seife zugestanden – es war die erste und letzte, die mir im Gefängnis je zuteil wurde. Und diese Seifenwäsche rettete mir das Leben, dessen bin ich mir sicher, denn die vielen Wunden und Verletzungen waren mittlerweile so stark entzündet, dass ich ständig Fieber hatte, und das Gift in meinem Körper brachte mich langsam um. Ich war zu schwach, um mich zu rühren. Der Mann, der mich wusch – ich weiß bis heute nicht, wie er hieß –, verschaffte meinen Wunden und Abszessen mit der Seifenlauge und dem weichen Waschlappen solch wohltuende Linderung, dass mir Tränen der Erleichterung über die Wangen rannen, die sich mit dem Blut auf dem Boden vermischten.
    Das Fieber sank und wich einem leichten Frösteln, doch der Hunger quälte mich immer noch, und ich wurde von Tag zu Tag magerer. Und jeden Tag taten sich die Aufseher auf ihrer Saalseite an drei üppigen Mahlzeiten gütlich. Ein Dutzend Männer vollführten Lakaiendienste für sie. Sie wuschen ihre Kleider und Decken, schrubbten den Boden, bereiteten ihre Tafel vor, kümmerten sich nach den Mahlzeiten um das schmutzige Geschirr und gaben den Aufsehern, wann immer diesen danach war, Fuß-, Rücken- oder Nackenmassagen. Zur Belohnung bekamen sie weniger Schläge als wir anderen und ein paar Beedies und Essensreste

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