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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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kauft Leute, gut, ja, ist das klar. Aber hab ich gesagt, bist du nicht eine von diese Touristenburschen. Habe ich gesagt, dass du hast gelernt das Marathi. Glaubt er mir aber nicht, und ist das unser einzig Problem. Glaubt er nicht, dass ein Ausländer will sprechen das Marathi. Deshalb musst du sprechen für ihn ein bisschen Marathi. Lässt er uns dann rein.«
    »Ich kann doch gerade mal zwanzig Wörter Marathi, Prabu.«
    »Kein Problem – sind sie alle prima, diese deine zwanzig Wörter, Baba. Fängst du einfach an und wirst du sehen. Sagst du ihn dein gute Name.«
    »Meinen Namen?«
    »Ja, wie ich hab es gelernt mit dir. Sagst du es nicht auf Hindi, sondern auf Marathi. Okay, also, fängst du an …«
    »Äh… äh, maza nao Lin ahey«, murmelte ich unsicher. Ich heiße Lin.
    »Baapree!«, japste der Hüne und riss verblüfft die Augen auf. Großer Gott!
    Ermutigt probierte ich einige weitere Sätze aus, die Prabaker mir in den letzten Wochen beigebracht hatte.
    »Maza Desh Neuseeland ahey. Ata me Colabala rahella ahey.« Mein Heimatland ist Neuseeland. Zurzeit wohne ich in Colaba.
    »Kai garam mad’chud«, dröhnte er und lächelte dabei zum ersten Mal. Wörtlich bedeutet diese Wendung: Was für ein verdammter Scheißkerl!; allerdings wird sie in Unterhaltungen so häufig und fantasievoll eingesetzt, dass man sie grob mit »Hol mich der Teufel!« übersetzen könnte.
    Der Riese packte meine Schulter und quetschte sie mit aufrichtiger Herzlichkeit.
    Ich trug alle meine Marathi-Sätze vor – von den allerersten Worten, die ich mir von Prabaker hatte beibringen lassen, wie Ihr Land gefällt mir sehr, bis hin zu der Bitte, zu deren Äußerung ich mich in Restaurants oft genötigt sah, die hier jedoch außerordentlich deplatziert war: Bitte stellen Sie den Ventilator ab, während ich meine Suppe esse …
    »Jetzt genug, Baba«, gluckste Prabaker mit breitem Grinsen. Kaum war ich verstummt, brach der Mann in einen Wortschwall aus. Prabaker übersetzte für mich, heftig nickend und gestikulierend. »Sagt er, dass er ist Bombay-Polizist und heißt er Vinod.«
    »Er ist Bulle?«
    »Oh ja, Lin. Ein Polizei-Bulle.«
    »Betreiben die Bullen diesen Laden?«
    »Oh nein. Ist das hier nur Teilzeitarbeit. Sagt er, dass er ist sehr, sehr, sehr prima froh, dass er kennen lernt dein gute Selbst …«
    »Sagt er, bist du der erster Gora in sein Leben, der kann sprechen Marathi …«
    »Sagt er, sprechen manche Ausländer das Hindi, aber spricht niemals niemand das Marathi …«
    »Sagt er, Marathi ist es seine Sprache. Kommt er aus Pune …«
    »Sagt er, sprechen sie in Pune sehr viel prima perfekt Marathi, die Leute – musst du hinfahren und es hören unbedingt …«
    »Sagt er, freut er sich prima viel sehr. Bist du wie ein Sohn für ihn.«
    »Sagt er, dass du sollst nach Hause kommen zu ihn und essen und sollst du kennen lernen sein Familie …«
    »Sagt er, macht das hundert Rupien.«
    »Was?«
    »Bakschisch, Lin. Zum Reingehen. Einhundert Rupien. Bezahlst du ihm jetzt das.«
    »Ach so, klar.« Ich fischte ein paar Scheine aus der Tasche, zählte hundert Rupien ab und reichte sie ihm. Polizisten haben eine ganz eigene Fingerfertigkeit, stellte ich fest: Sie können Geldscheine mit einer derartigen Geschicklichkeit entgegennehmen und verschwinden lassen, dass selbst erfahrene Falschspieler neidisch werden. Der Hüne packte mit beiden Händen meine Hand und schüttelte sie herzlich; dabei griff er nach den Scheinen, wischte dann einen imaginären Krümel von der Hemdbrust und kratzte sich schließlich mit geübter Unschuld die Nase. Das Geld war verschwunden. Er deutete in den langen Korridor. Wir durften eintreten.
    Wir bogen um zwei Ecken und gelangten in eine Art Hof. Mehrere Männer saßen auf unbehauenen Holzbänken oder standen zu zweit oder zu dritt zusammen, ins Gespräch vertieft. Einige von ihnen waren Araber, wie sich an ihren weiten Baumwollgewändern und den Kufijats erkennen ließ. Ein indischer Junge ging zwischen ihnen herum und servierte schwarzen Tee in hohen Gläsern. Einige Männer musterten Prabaker und mich neugierig, aber stirnrunzelnd. Als Prabaker sie breit anlächelte und zum Gruß winkte, wandten sie sich wieder ihrer Unterhaltung zu. Gelegentlich blickte der eine oder andere auf, um eine Gruppe von Kindern zu begutachten, die auf einer langen Holzbank unter einer zerlumpten Segeltuchmarkise saß.
    Es war dunkler hier als in dem hellen Vorraum. Ein über den Hof gespannter Flickenteppich aus

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