Shantaram
beinahe friedlich fühlte, ließen Nasir und seine Getreuen Krishna, Villu und die Hausangestellten frei – die offenbar mit Ghanis Verrat nichts zu tun hatten – und machten sich auf die Suche nach den anderen Mitgliedern von Ghanis Truppe, die sie allesamt töten wollten.
»Ghani machte schon ziemlich lange Stress, yaar«, sagte Sanjay Kumar, der mir Nasirs Erklärungen aus dem Urdu übersetzte. »Er dachte, Khader sei verrückt geworden. Er dachte, Khader sei – besessen – weißt du? Er glaubte, Khader würde das Geschäft ruinieren und das Geld und die Macht verlieren. Er fand, dass Khader zu viel Zeit mit Afghanistan, dem Krieg und alldem verbrachte. Und er wusste, dass Khader diese ganzen anderen Missionen geplant hatte, in Sri Lanka, Nigeria und so. Als er Khader das alles nicht ausreden konnte, verfiel er auf diese Sapna-Geschichte. Das war Ghanis Sache, von Anfang an.«
»Bis ins Detail?«, fragte ich.
»Ja«, antwortete Sanjay. »Khader und Ghani haben das zusammen aufgezogen. Aber Ghani hatte das Sagen. Sie haben Sapna eingesetzt, um von der Polizei und der Regierung das zu kriegen, was sie brauchten.«
»Wie?«
»Ghani hatte die Idee, alle mit einem gemeinsamen Feind das Fürchten zu lehren – Polizei, Politiker und die anderen Mafia-Klans. Als die Sapna-Typen überall Leute in Stücke hackten und von Revolution die Rede war und Sapna als der König der Diebe galt und so, bekamen alle Angst. Niemand wusste, wer sich hinter Sapna verbarg. Deshalb haben sie mit uns zusammengearbeitet, und wir sollten ihnen helfen, den Kerl für sie zu schnappen. Aber Ghani hatte sich dabei erhofft, Khader selbst aus dem Weg zu schaffen.«
»Ich bin nicht sicher, ob er das von Anfang an wollte«, widersprach Salman Mustaan seinem Freund kopfschüttelnd. »Ich glaube eher, dass er Khader anfänglich stützen wollte, wie immer. Aber dieses Sapna-Ding – das war eine üble Scheiße, Mann, und ich schätze, darüber hat er den Kopf verloren.«
»So oder so«, fuhr Sanjay mit einem Achselzucken fort, »das Ergebnis bleibt doch gleich. Ghani hatte seine Truppe – die Sapna-Typen –, die nur auf ihn gehört haben. Und er hat überall irgendwelche Typen ermorden lassen. Die Meisten wollte er sowieso aus geschäftlichen Gründen abservieren, da hab ich kein Problem mit. Alles ist bestens gelaufen, yaar. Die ganze Scheißstadt hat diesen Sapna-Killer gesucht, und Khaders Feinde haben sich überschlagen, um ihm beim Schmuggel von Waffen und Sprengstoff und anderem heftigen Zeug zu helfen, weil er ihnen beistehen sollte, diesen Sapna zu finden und kaltzumachen. Ordentlich durchgeknallter Plan, yaar, aber er hat funktioniert. Und dann ist eines Tages dieser Cop bei ihm aufgetaucht. Patil – du kennst den, Lin –, dieser Subinspektor Suresh Patil. War in Colaba im Einsatz. Eine echte Muschi, der Typ.«
»Aber ‘ne schlaue«, murmelte Salman mit einer gewissen Hochachtung.
»Ja, stimmt, schlau ist er. Echt schlaue Muschi. Der erzählt jedenfalls Ghani, dass die Sapna-Killer bei ihrem letzten Mord Spuren hinterlassen haben, die zum Khader-Klan führen. Und jetzt flippt Ghani aus. Er sieht die ganze Scheiße, die er angerichtet hat, wieder auf seiner Schwelle landen. Deshalb beschließt er, dass er ein Opfer braucht. Jemand aus dem Khader-Klan selbst, einen aus der Mitte, den die Sapnas zerlegen sollen, um die Bullen abzuschütteln. Er dachte sich, wenn die Bullen einen von unseren eigenen Leuten zerhackt auffinden, halten sie Sapna für unseren Feind.«
»Und er hat sich Madjid ausgeguckt«, setzte Salman die Erzählung fort. »Was auch hingehauen hat. Patil leitete die Ermittlungen in dem Fall, und er war dabei, als sie Madjids Einzelteile in Leichensäcke gesteckt haben. Er wusste, wie nahe Madjid Khaderbhai stand. Patils Dad – und das war ein beinharter Cop, yaar – hatte eine eigene Geschichte mit Khaderbhai. Er hat ihn mal hinter Gitter gebracht.«
»Khaderbhai war im Knast?«, fragte ich und bereute es, den Khan nie selbst danach gefragt zu haben; wir hatten oft genug darüber gesprochen.
»Na klar«, antwortete Salman lachend. »Er ist sogar aus dem Knast in der Arthur Road abgehauen.«
»Das kann nicht wahr sein!«
»Wusstest du das nicht, Lin?«
»Nein.«
»Ist eine super Story, yaar«, sagte Salman und wiegte begeistert den Kopf. »Solltest du dir mal von Nasir erzählen lassen. Er hat Khader Khan bei der Flucht geholfen. Waren echt scheißwilde Kerle damals, Nasir und Khaderbhai.«
Sanjay schlug
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