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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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getragen hatte, würde für immer geschlossen bleiben. Khader war gerächt. Abdul Ghanis mörderischer Verrat war Geschichte. Und Abdullahs Feinde, die iranischen Spione, existierten auch nicht mehr; sie waren nun so stumm wie dieses blutbefleckte stille Haus, in dem Abdullah … arbeitete. Chuhas Bande war vernichtet. Der Revierkrieg war beendet. Er war vorbei. Das Rad hatte sich einmal gedreht, und nichts war wie zuvor. Sie hatten gesiegt, doch sie weinten alle. Jeder einzelne Mann weinte.
    Ich lehnte den Kopf an den Rücksitz. Die Nacht, jener Tunnel, in dem sich Verheißung dem Gebet vermählt, flog an den Fenstern vorüber. Langsam und untröstlich öffnete sich die Faust unserer Taten, und die Nägel krallten sich ins Fleisch, als wir merkten, was wir nun waren. Die Wut räumte der Trauer das Feld, wie es immer ist, wie es sein muss. Und nichts von allem, was wir noch eine Stunde zuvor gewünscht hatten, war so voller Hoffnung oder Bedeutung wie eine einzige vergossene Träne.
    »Was?«, raunte Mahmud neben mir. »Was hast du gesagt?«
    »Hoffentlich ist dieser Bär entkommen«, murmelte ich mühsam mit meinen blutigen geschwollenen Lippen, als der kummervolle Geist aus meinem verletzten Körper wich und der Schlaf durch meine schmerzende Seele wehte wie Nebelschwaden durch die Wälder des frühen Morgens. »Hoffentlich ist dieser Bär entkommen.«

Z WEIUNDVIERZIGSTES K APITEL
     

    S onnenstrahlen zersprangen auf dem Wasser, streuten kristallklare Splitter auf die Wellen, die schwellend auf das breite Band der Bucht zurollten. Schwärme von Feuervögeln drehten und wendeten sich im nahenden Sonnenuntergang wie flatternde Seidenfahnen. Von dem mit niedrigen Mauern umgebenen Innenhof auf der weißen Marmorinsel der Haji-Ali-Moschee sah ich zu, wie Pilger und Gläubige den Schrein verließen und auf dem Steinpfad zur Küste zurückkehrten. Die Flut würde den Pfad überschwemmen, das wussten sie, und nur Boote konnten sie dann nach Hause bringen. Die Trauernden und die Reuevollen hatten Girlanden ins weichende Wasser geworfen, wie auch alle Tage zuvor, und auf den Wellen trieben sie nun zurück, jene orangeroten und verwaschen grauweißen Blumen, und schmückten den Pfad selbst mit all der Liebe, Trauer und Sehnsucht, die an jedem wogenden Tag von Tausenden gebrochener Herzen über das Wasser gebetet wurde.
    Und wir, Männer der Bruderschaft, waren zum Schrein gekommen, um für die Seele unseres Freundes Salman Mustaan zu beten und ihm die letzte Ehre zu erweisen, wie es heißt. Zum ersten Mal seit jenem Abend, als er getötet wurde, hatten wir uns alle versammelt. Nach dem Kampf mit Chuha und seiner Gang hatte jeder von uns sich wochenlang alleine versteckt gehalten und seine Wunden gepflegt. Es hatte natürlich einen Aufschrei in der Presse gegeben, und die Wörter Blutbad und Massaker wurden auf die Titelseiten der Bombayer Tageszeitungen geklatscht wie die Butter auf das Zuckerbrötchen eines Gefängniswärters. Rufe nach einer starken Justiz und nach gnadenloser Bestrafung wurden laut. Und zweifellos hätte die Bombayer Polizei Verhaftungen vornehmen können. Ihr war sehr wohl bekannt, welcher Klan für die Leichenberge in Chuhas Haus verantwortlich zu machen war. Doch es gab vier gute Gründe, nichts zu unternehmen: Gründe, die für die Polizei überzeugender waren als das Geifern der Presse.
    Erstens würde sich niemand aus ganz Bombay bereit erklären, gegen uns auszusagen, nicht einmal verdeckt. Zweitens hatte der Bandenkrieg den letzten Sapna-Killern den Garaus gemacht, was die Polizei liebend gerne selbst übernommen hätte. Drittens hatte der Walidlalla-Klan unter Chuhas Führung einige Monate zuvor einen Polizisten getötet, der an der Flora Fountain einem größeren Drogendeal auf der Spur gewesen war. Der Fall war offiziell ungelöst geblieben, weil die Polizei keinerlei Beweise an der Hand hatte. Doch man wusste genau, dass Chuhas Leute den Polizisten ermordet hatten. Das Blutbad in Chuhas Haus kam dem sehr nahe, was die Polizei selbst gerne mit der Ratte und seinen Gefolgsleuten angestellt hätte – früher oder später vermutlich auch erfolgreich, wäre Salman ihnen nicht zuvorgekommen. Und viertens hatte eine Crore Rupien aus Chuhas Operationen, die man in großzügigen Portionen in die Hände diverser Gerichtsmediziner verteilt hatte, bei den entsprechenden Polizisten hilfloses Achselzucken bewirkt.
    Unter der Hand teilten die Cops Sanjay, dem neuen Anführer des Khader-Khan-Klans, mit,

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