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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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Cigar waren solche Könige und besaßen diese Macht.
    Entnervt und angstvoll presste ich das Ohr an die Tür und horchte. Ich hörte nichts von Abdullah und den anderen. Die Angst, die mich peinigte, war nicht die Angst vor dem Tod. Ich fürchtete mich nicht davor, zu sterben. Ich fürchtete mich davor, so verletzt zu werden, dass ich nicht mehr laufen oder sehen oder davonlaufen konnte. Davor fürchtete ich mich am meisten – gefangen genommen und wieder eingesperrt zu werden. Als ich das Ohr an die Tür presste, betete ich, dass keine Wunde mich schwächen würde. Lass es hier passieren, betete ich. Lass mich das unbeschadet überstehen, oder lass mich hier sterben …
    Ich weiß nicht, wo sie herkamen. Ich spürte die Hände, bevor ich ein einziges Geräusch wahrnahm. Zwei Männer packten mich, rissen mich herum und drückten mich gegen die Tür. Instinktiv fuhr meine rechte Hand vor.
    »Chaku! Chaku!«, schrie einer der beiden. Messer! Messer!
    Ich konnte nicht schnell genug mit dem Messer hantieren, um sie aufzuhalten. Einer der beiden drückte mich am Hals gegen die Tür. Er war schwer und stark. Der andere versuchte mit beiden Händen, mir das Messer zu entwinden. Er war weniger stark, und es gelang ihm nicht. Doch dann sprang ein dritter Mann die Stufen herunter und packte mit an, bis ich das Messer schließlich fallen lassen musste.
    »Gora kaun hai?«, fragte der Neue. Wer ist der weiße Typ?
    »Bahinchudh! Malum nahi«, antwortete der Starke. Der Schwesternschänder! Ich weiß nicht.
    Er starrte mich an, sichtlich verwirrt darüber, weil er einen Ausländer mit einem Messer in der Hand beim Lauschen an der Tür ertappt hatte.
    »Kaun hai tum?«, fragte er mich in beinahe freundlichem Tonfall. Wer bist du?
    Ich antwortete nicht. Ich dachte nur daran, dass ich Abdullah irgendwie warnen musste. Es war mir unbegreiflich, weshalb ich nichts gehört hatte. Die Gartentür musste sich geräuschlos geöffnet haben. Ihre Schuhe oder Chappals mussten weiche Gummisohlen haben. Wie auch immer. Ich war überrumpelt worden, und ich musste Abdullah warnen.
    Ich wehrte mich nach Kräften, als wolle ich mich befreien, was den gewünschten Effekt hatte. Die Männer brüllten mich an und schleuderten mich zu dritt krachend gegen die Tür. Einer fixierte meinen linken Arm, der andere den rechten. Während des Gerangels gelang es mir, dreimal gegen die Tür zu treten. Das muss Abdullah gehört haben, dachte ich. Alles okay … ich habe ihn gewarnt … er weiß jetzt, dass etwas schiefläuft …
    »Kaun hai tum?«, fragte der Massige wieder. Er löste eine Hand von meinem Hals und hielt mir drohend die geballte Faust vors Gesicht. Wer bist du?
    Ich starrte ihn an, ohne zu antworten. Die Hände, die mich festhielten, fühlten sich so hart wie Handschellen an.
    Er donnerte mir die Faust ins Gesicht. Es gelang mir, ein wenig den Kopf wegzudrehen, aber der Hieb traf mich dennoch an Kinn und Wange. Er musste einen Schlagring oder Ringe an den Fingern tragen, denn ich spürte, wie Metall auf Knochen traf.
    »Was machst du hier?«, fragte er jetzt auf Englisch. »Wer bist du?«
    Ich blieb stumm, und er schlug dreimal zu. Ich kenne das … dachte ich. Ich kenne das … Plötzlich war ich wieder im Gefängnis in Australien, in der Strafzelle – die Fäuste, die Stiefel, die Schlagstöcke … Ich kenne das …
    Er wartete ab, ob ich sprechen würde. Die beiden kleineren Männer grinsten. Aur, sagte einer. Mehr. Schlag ihn noch mal. Der Große holte aus und begann mir überall harte professionelle Hiebe zu versetzen. Ich spürte, wie mir die Luft wegblieb, und es fühlte sich an, als würde alles Leben aus mir weichen. Er arbeitete sich zum Brustkorb, zum Hals, zum Gesicht hoch, und ich merkte, wie ich langsam in dieses schwarze Wasser watete, in das Boxer stürzen, wenn sie k.o. sind. Ich war fertig. Ich war erledigt.
    Ich war nicht wütend auf diese Männer. Ich trug selbst Schuld an meiner Lage. Ich hatte nicht gemerkt, wie sie sich näherten – vielleicht waren sie nicht einmal geschlichen. Ich hatte mich hier auf einen Kampf eingelassen und hätte achtsam sein müssen. Mein Fehler. Irgendwie hatte ich die Typen nicht bemerkt und hatte alles vermasselt, und es war meine eigene Schuld. Doch ich wollte unbedingt Abdullah warnen. Ich trat noch einmal schwächlich gegen die Tür, in der Hoffnung, dass er das Geräusch hören und flüchten würde, flüchten, flüchten …
    Ich stürzte durch absolute Dunkelheit, und die Welt stürzte mit

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