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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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Teile, werden sie sein wie wild. Wartest du hier!«
    Er sprintete davon und kehrte nach wenigen Minuten mit zwei roten Fußballshorts zurück.
    »Hier, Lin«, keuchte er. »Bist du eine so große Kerl, hoffe ich sehr, dass sie haben guter Sitz. Sind die hier von Fat Satish. Ist der so fett, dass ich glaube, sie können prima passen für dich. Hab ich ihn erzählt eine Geschichte, und dann hat er gegeben mir diese zwei hier für dich. Hab ich ihn erzählt, dass du hattest die dünne Stuhlgang auf der Reise und hast gemacht so ein Schmutz in deine Über-Unterhosen, dass wir mussten wegwerfen diese.«
    »Du hast ihm erzählt«, sagte ich, »dass ich mir in die Hose geschissen habe?«
    »Oh ja, Lin! Konnte ich ihn wirklich gar nicht sagen, dass du hast gar keine Über-Unterhosen!«
    »Nein, das geht ja wirklich nicht.«
    »Meine ich doch, was hätte er gedacht über dich?«
    »Schönen Dank, Prabu«, knurrte ich. Wäre mein Tonfall noch trockener gewesen, hätte ich gar kein Handtuch mehr gebraucht.
    »Ist das doch kein Ursache, Lin. Bin ich dein sehr gute Freund. Bitte, versprichst du mir, dass du nicht nackt sein wirst in Indien. Vor allem nicht ohne die Kleider.«
    »Ich verspreche es.«
    »Bin ich so froh, dass du gibst dies Versprechen für mich, Lin. Bist du auch mein sehr gute Freund, richtig? Dusche ich jetzt auch, wie wenn du wärst mein Bruder, und zeige ich dir indische Art.«
    Und so duschten wir gemeinsam im Waschbereich seines Elternhauses. Ich beobachtete ihn genau und machte alles wie er: Zuerst übergoss ich mich mit zwei Kannen Wasser aus einem der großen Töpfe und seifte mich dann langsam bis zu den entsprechenden Stellen unter den Shorts ein – ohne die Über-Unterhosen auszuziehen. Nachdem ich mich abgespült und flüchtig mit dem Handtuch abgetrocknet hatte, zeigte Prabu mir, wie man sich ein Lungi um die nassen Shorts bindet. Der Lungi ist ein sarongartiges rechteckiges Baumwolltuch, das um die Taille geschlungen und hinten geknotet wird und dann bis zu den Knöcheln reicht. So verhüllt, entledigte ich mich meiner nassen Shorts und schlüpfte in das andere, trockene Paar Unter-Unterhosen. Mithilfe dieser Technik könne ich ohne weiteres im Freien duschen, ohne die Nachbarn zu brüskieren, versicherte mir Prabaker.
    Nach der Dusche und einer köstlichen Mahlzeit aus Dhal, Reis und selbstgebackenen Fladen sahen Prabaker und ich zu, wie seine Eltern und seine beiden Schwestern ihre Geschenke auspackten. Dann tranken wir Tee und beantworteten zwei Stunden lang Fragen über mich, meine Heimat und meine Familie. Ich versuchte, wahrheitsgemäß zu antworten – und ließ nur die entscheidende Tatsache aus, dass ich als Gejagter im Exil nicht damit rechnete, meine Heimat und meine Familie jemals wiederzusehen. Schließlich verkündete Prabaker, dass er zu müde sei, um weiter zu übersetzen, und ordnete an, dass man auch mich ausruhen lassen solle.
    Darauf stellten sie im Freien vor Kishans Haus ein Bett für mich auf, dessen Rahmen aus Kokosholz gemacht war und in den ein Kokosfaser-Geflecht eingespannt war. Es war Kishans eigene Liegestatt. Prabaker sagte mir, dass es gut und gerne zwei Tage dauern könnte, bis man ein neues, den Ansprüchen seines Vaters genügendes Bett angefertigt habe. Solange werde Kishan neben seinem Sohn auf dem Boden im Haus schlafen, ich solle ruhig sein Bett nehmen. Ich wollte das auf keinen Fall, doch mein Protest wurde von ihrer sanften, keinerlei Widerspruch duldenden Beharrlichkeit erstickt. Und so legte ich mich auf das Bett des armen Bauern, und mein erster Abend in meinem ersten indischen Dorf endete, wie er begonnen hatte: indem ich klein beigab und mich auf die Situation einließ.
    Prabaker erzählte mir, seine Familie und seine Nachbarn hätten Sorge, dass ich mich ohne meine Familie in der Fremde einsam fühlen würde. Daher hätten sie beschlossen, an diesem ersten Abend an meinem Bett zu sitzen und im Dunkeln zu wachen, bis ich tief und fest schliefe. Schließlich würden die Leute in meinem Land, in meinem Dorf doch das Gleiche für ihn tun, wenn er dort hinreiste und sich einsam fühlte, merkte mein kleiner Reiseführer an, oder etwa nicht?
    Und so saßen sie dann um mein niedriges Bett herum auf dem Boden: Prabaker, seine Eltern und die Nachbarn. Sie bildeten einen schützenden Ring um mich und leisteten mir Gesellschaft in der warmen, dunklen, nach Zimt duftenden Nacht. Zuerst dachte ich, dass ich unter dem Blick von Zuschauern niemals einschlafen könne,

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