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Shantaram

Shantaram

Titel: Shantaram Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory David Roberts
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Ellbogenstoß von oben, für den Straßenkampf die besten Schläge, saßen. Neben mir ging Prabaker zu Boden, kam wieder hoch und fing sich einen üblen Schwinger ein, der ihn hinstreckte. Ich versuchte, mich vor ihn zu stellen und ihn mit den Beinen zu schützen, kam aber ins Stolpern und stürzte neben ihn. Ein Hagel von Schlägen ging auf mich nieder, und ich versuchte meinen Kopf zu schützen, während in meinem Inneren eine Stimme raunte: Nichts Neues. Kenne ich alles …
    Die Männer hielten mich fest, und einer durchsuchte mit professioneller Gründlichkeit meine Taschen. Betrunken und verletzt wie ich war, nahm ich die dunklen Gestalten über mir nur schemenhaft wahr. Dann hörte ich eine andere Stimme, Prabakers Stimme, und einige seiner Verwünschungen verstand ich. Sie machten ihrem Land und ihrem Volk Schande, beschimpfte er die Männer, indem sie einen Ausländer zusammenschlugen und beraubten, einen Gast, der ihnen nichts getan habe. Es war eine flammende Rede, in der er sie Feiglinge hieß und Mahatma Gandhi, Buddha, Krishna, Mutter Teresa und den Bollywood-Filmstar Amitab Bachchan in einem Atemzug anrief. Die Wirkung blieb nicht aus. Der Anführer der Bande kniete sich neben mich. Betrunken und benommen versuchte ich aufzustehen und weiterzukämpfen, doch die anderen hielten mich auf dem Boden. Nichts Neues. Kenne ich alles …
    Der Mann beugte sich vor und sah mir in die Augen. Sein Gesicht war hart, gleichgültig und meinem sehr ähnlich. Er öffnete mein zerrissenes Hemd und schob etwas hinein. Es waren mein Pass und meine Uhr.
    Die Typen erhoben sich, warfen Prabaker einen hasserfüllten Blick zu und stiegen ins Auto. Staub und Schotter spritzten uns ins Gesicht, als der Wagen davonraste.
    Nachdem Prabaker sich vergewissert hatte, dass ich nicht ernsthaft verletzt war, begann er zu heulen und zu jammern. Er war am Boden zerstört. Lautstark beschimpfte er sich selbst, weil er uns zu der entlegenen Bar geschleppt und zugelassen hatte, dass wir zu viel tranken, und versicherte mir überzeugend, dass er liebend gerne an meiner statt verletzt wäre. Sein Selbstwertgefühl als Bombays bester Fremdenführer sei eine geschändete Flagge, klagte er, und seine leidenschaftliche, bedingungslose Liebe zu seinem Land, zu Bharat Mataji, Mutter Indien, sei bis ins Mark erschüttert.
    »Gibt es zu tun nur ein Gutes jetzt, Lin«, verkündete er, als ich mir schließlich im Handwaschbecken des riesigen, weiß gekachelten Badezimmers im Hotel das Gesicht wusch. »Wenn wir sind wieder in Bombay, musst du schicken ein Telegramm an dein Familie und dein Freunde. Musst du fragen nach neues Geld, und musst du gehen zu die neuseeländischer Botschaft. Musst du machen ein Notfallbeschwerde.«
    Ich trocknete mir das Gesicht ab und lehnte mich ans Waschbecken, um mich im Spiegel zu betrachten. Meine Verletzungen waren nicht schlimm. Das eine Auge lief gerade blau an. Meine Nase war geschwollen, aber nicht gebrochen. Beide Lippen waren aufgeplatzt und dick, auf Kinn und Wangen hatte ich ein paar Schürfwunden von den Fußtritten. Es hätte weit schlimmer kommen können, das wusste ich nur zu gut. Ich war in einem üblen Arbeiterviertel aufgewachsen, wo Gangs sich bekriegten und mit Einzelgängern wie mir, die nicht mitmachen wollten, kein Erbarmen hatten. Und dann das Gefängnis. Ich bin nirgends und von niemandem so brutal verprügelt worden wie von den Uniformierten, die dafür bezahlt wurden, für Ruhe und Ordnung zu sorgen: von den Gefängniswärtern. Das hatte die Stimme, meine innere Stimme, gemeint: Nichts Neues. Kenne ich alles … Ich erinnerte mich, wie mich drei oder vier Beamte im Straftrakt auf dem Boden festhielten, während mich zwei oder drei andere mit Fäusten, Schlagstöcken und Tritten traktierten. Von diesen Männern verprügelt zu werden ist besonders übel, weil sie eigentlich die Guten sein sollten. Wenn man von den Bösen fertig gemacht wird, leuchtet das ein. Aber wenn man von den Guten mit Handschellen an die Wand gekettet und abwechselnd getreten wird, ist es das ganze System, die ganze Welt, die einem die Knochen brechen. Und dann diese Schreie. Die anderen Männer, die anderen Gefangenen, immer schrie irgendwer. Jede Nacht.
    Ich sah meinem Spiegelbild in die Augen und dachte über Prabakers Vorschlag nach. An die neuseeländische Botschaft konnte ich mich ebenso wenig wenden wie an jede andere Botschaft. Meine Familie oder meine Freunde konnte ich nicht kontaktieren, denn sie wurden bestimmt von

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